Volker Kriegel – With A Little Help From My Friends

Volker Kriegel – With A Little Help From My Friends
Mig / art of groove (1968 / 2013)
(14 Stücke, 77:27 Minuten Spielzeit)

Das Jahr 1968 brachte einige Alben hervor, deren Bands sich in der Folgezeit in der Rockszene als absolute Größen etablierten. Ihre Veröffentlichungen sorgten in dieser Zeit für Richtungsweisende Stile. So brachten Deep Purple mit „Shades Of Deep Purple“ und Jethro Tull mit „This Was“ ihre Debütalben heraus, Jimi Hendrix gab mit seinem herausragenden Album „Electric Ladyland“ neue Wege vor, The Rolling Stones legten mit „Beggars Banquet“ ebenfalls ihr Referenzwerk ab, David Gilmour ersetzt 1968 den durch seinen Drogenkonsum ins Abseits gestellten Syd Barret bei Pink Floyd, was für eine Richtungsänderung sorgte und Yes gründeten sich im gleichen Jahr in London.


Das Musical „Hair“ verzeichnete große Erfolge und die Hippie-Bewegung bewegte sich zu diesem Zeitpunkt auf ihrem Höhepunkt. In dieser Zeit sorgte auch die Fusion von Jazz und Rock, die unter anderem maßgeblich von Miles Davis geprägt wurde (1969 sollte sein Klassiker „Bitches Brew“ erscheinen), für Aufsehen.

Volker Kriegel brachte in diesem entscheidenden Jahr 1968 „With a little Help from My Friends“ heraus, sein erstes Album unter eigenem Namen, und sorgte mit seinem Gespür für die Tendenz der Zeit nicht nur in der Szene für Furore - Der Vibraphonist Dave Pike formte im selbem Jahr mit dem Gitarristen aus Darmstadt mit späterem Wohnsitz in Frankfurt und Wiesbaden das höchst erfolgreiche Dave Pike Set, das nur drei Jahre später das renommierte Newport-Jazz-Festival eröffnete und Kriegel in die erste Reihe der europäischen Jazzmusiker katapultierte, die auch in Amerika respektiert wurden. Auch die deutsche Öffentlichkeit, nicht gerade für ihr ausuferndes Interesse am Jazz bekannt, nahm sich des neuen Phänomens an. Der Spiegel wunderte sich über diese „Mischung aus Blues, Bossa Nova, Beduinenklängen und Beat“ und ließ Volker Kriegel ausgiebig darüber räsonieren, warum man den Begriff Jazz am liebsten gar nicht mehr verwenden möchte: „Er engt unsere Musik viel zu sehr ein. Die Jazz-Apologeten werden sich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass ihre Schublade klemmt.“

Was für ein sanfter Gigant er schon mit fünfundzwanzig Jahren gewesen ist, macht nichts so bewusst wie sein Opus Eins „With a Little Help for My Friends“, mit dem er 1968 seine Visitenkarte abgegeben hat und in der sich all die von ihm so sehr geschätzten Gitarristen - nicht als Kopie, aber als Referenzen - wiederfinden. Kriegel besaß ein untrügliches Gespür für Phrasierung, für Steigerungsmomente, für langen Atem. Er konnte die Motivsplitter des Free Jazz und die satten Bluesharmonien dramaturgisch perfekt in sein lineares Spiel einbeziehen, das selbst in den ekstatischen Momenten immer kontrolliert wirkte. So einige Auszüge aus dem Pressetext bzw. der Linernotes von Wolfgang Sander.

Der deutsche Jazzmusiker Klaus Doldinger schreibt in dem Booklet einige Grußworte in denen er unter anderem sagt: „Es ist wundervoll, dass die Wiederveröffentlichung eines Tonträgers von einem Künstler wie Volker Kriegel fähig ist, ein weiteres Mal eine bleibende Erinnerung zu schaffen. ... Es fühlt sich fast so an, als wäre diese Musik gerade erst aufgenommen worden. Volker Kriegel war und wird immer einer der ganz Großen unserer Jazz-Szene sein.

Die CD besteht aus Eigenkompositionen sowie aus Interpretationen von Stücken anderer Künstler. Sie beginnt beispielsweise mit einer Instrumentalversion des Beatlesklassikers „With A Little Help From My Friends“, das auch titelgebend für das Album war. Was zunächst noch wie eine sehr nah am Original gehaltene Version klingt, driftet jedoch nach einigen Momenten in eine Jazzvariante ab, in der Grundmotive erhalten bleiben und doch das Stück völlig verändert vorgetragen wird. Ähnlich geht Kriegel mit dem Beatles-Klassiker „Norwegian Wood“ um. Allerdings kommen noch einige Perkussion-Elemente hinzu, die dem Stück neben Jazz auch eine Note von Weltmusik verleihen. Diese beiden Beispiele zeigen deutlich, wie Volker Kriegel die unterschiedlichen Stilarten miteinander zu kombinieren in der Lage war. Auch wenn man nicht so auf Jazz steht, kann man sich dieser Atmosphäre doch nicht entziehen.

In den Eigenkompositionen hat der Jazz aber ganz klar die Oberhand wie zum Beipsiel in „Traffic Jam“. Mediterrane Folklore gemischt mit Slowjazz kommt dann beispielsweise in „Morandi“ auf.

Die remasterte CD enthält neben den sieben Originaltiteln noch weitere sieben Bonusstücke. Das achtseitige Booklet im Digipack bietet einige in englischer Sprache gehaltene Linernotes sowie Angaben zu den Bonustiteln. Auf der Bookletrückseite befindet sich dann noch der auf dem Originalcover abgedruckte deutsche Text, der einige Infos zu Volker Kriegel parat hält.

Mit der Wiederveröffentlichung von Volker Kriegels Debütalbum aus dem Jahr 1968 hat mig wieder einen kleinen Schatz gehoben der nicht nur den Jazzfreunden munden wird.

Stephan Schelle, Mai 2013

   

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