Traumhaus - In
Oculis Meis Die deutsche Formation Traumhaus um ihren Mastermind Alexander Weyland (Gesang, Keyboards, Percussion, Programmierung) hat sich satte sieben Jahre Zeit gelassen um dem tollen Album „Das Geheimnis“ aus dem Jahr 2013 mit „In Oculis Meis“ einen Nachfolger folgen zu lassen. Erneut hat es einen Wechsel an Bass und Schlagzeug gegeben, während Gitarrist Tobias Hampl noch immer mit an Bord ist. Die neuen Namen sind Till Ottinger (Bass) und Ray Gattner (Schlagzeug). |
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„In
Oculis Meis“, das so viel bedeutet wie „Halte die Augen offen“,
erschien am 24.04.2020. Den Songtexten geht im Booklet eine kurze Erklärung
des jeweiligen Songs voraus. Zum eröffnende „Das Erwachen / The
Awakening“ steht dort: „Gesellschaftliche Umbrüche können einen
manchmal in trübe Gedanken stürzen. Sollen Hiobsbotschaften wirklich
unser täglicher Ratgeber sein?“ Damit sind Traumhaus in
Corona-Zeiten leider sehr aktuell unterwegs. Musikalisch zeigt sich dieses
erste, etwas mehr als zweiminütige Stück von seiner proggigen Seite, die
man bisher von Traumhaus gewohnt war. Nachdem mit einer Pianomelodie
gestartet wird und sich beatlesker Satzgesang hinzugesellt, wird es
neo-proggig, sobald Alexander’s Gesang und Keyboardspiel einsetzen. Aber
auch hier kommen schon erste härtere Riffs und Rhythmen auf, die den Weg
des Albums vorzeichnen. Stärkstes Erkennungszeichen ist aber vor allem
Alexnder’s Gesang, der einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. Dem
folgt das 8:22minütige „Bewahren & Verstehen / Preserve &
Understanding“ mit der Erläuterung: „Wir benötigen Raum für den
Blick für das Wesentliche, für die Rückbesinnung auf die eigentlichen
Tugenden und Werte unserer Gesellschaft.“ Zarte Harmonien wehen in
den ersten gut 30 Sekunden durch den Raum und man fühlt sich im Wohlklang
wieder, bis plötzlich harte Riffs diese Atmosphäre durchbrechen und der
Longtrack sich wandelt. Hier sind dann auch teilweise Ähnlichkeiten zu
Bands wie Spock’s Beard herauszuhören. Alexander trägt dann sehr
leidenschaftlich den Text vor, der einen herrlichen, eingängigen Refrain
besitzt. Hier wechseln sich harte Passagen mit tollen melodiösen
proggigen ab. Im Instrumentalteil haben Alexander und Tobias sehr schöne
Keyboard- und Gitarrensoli eingebaut, während Till und Ray für den
perfekten rhythmischen Unterbau sorgen. Weiter
geht es mit „Der Vorsprung / Walk On Yourself“, das es auf gut sechs
Minuten Spielzeit bringt. In diesem Song geht es um: „Die Kunst ist
es, Abstand von dem was kommt zu behalten, einen Schritt weiter voraus zu
sein.“ In diesem Song zeigt sich das erste Mal, dass Alexander’s
Stimme sich auch in Peter Gabriel’s Stimmumfang sichtlich wohlfühlt.
Kein Wunder, ist Alexander doch auch Sänger in der Peter
Gabriel-Coverband Secret World. Auch dieser Song besticht durch seinen
sehr eingängigen Refrain. „Ist
die Angst ein perfekter Ratgeber? Die lautesten Stimmen machen manchmal
nur noch mehr Angst. Sollte man dem entfliehen?“ So lautet die Erläuterung zum
5:22minütigen Song „Entfliehen / Escape“. Dieser beginnt mit einigen
ethnischen Klängen, die wiederum an Peter Gabriel erinnern (vor allem die
ersten gesanglichen Töne von Alexander – ohne Text), sich aber im
weiteren Verlauf zu einem starken, kraftvollen Neo-Prog-Titel wandelt. Härter
zeigt sich der Beginn des 4:45minütigen „Viele Wege / So Many Ways“,
bei dem es darum geht, welchen der vielen Wege wir einschlagen. Nach den
zu Beginn mit harten Metalriffs startenden Tracks präsentiert die Band
nun durchgängig atmosphärische Passagen, die in einem traumhaften,
melodischen Refrain gipfeln. „Reale
Gegebenheiten in einem fremden Land können sehr ambivalente Gefühle
hervorrufen.“
Das thematisiert das siebeneinhalbminütige Stück „Der neue Morgen /
The New Morning“. Dieser Song ist im Gesamtkontext einer der härtesten
des Albums. Mit
„Verstehen & Bewahren / Understanding & Preserve“ ist dann ein
treibendes fünfeinhalbminütiges Instrumental auf dem Album.
„Thematisch geht es darum: „Vor dem Bewahren von Werten ist das
Verstehen – das Verständnis für die Hintergründe – eine notwendige
Voraussetzung.“ Den
Abschluss des Albums bildet dann der neunminütige Longtrack „Die
Dunkelheit durchleuchten / X-Ray The Darkness“. „Die Dunkelheit ist
ein fortwährender Prozess …“ Dieser beginnt mit sehr schönen,
atmosphärischen Gitarrenriffs. Nach einer halben Minute werden diese dann
von kraftvollen Metalriffs abgelöst, die zunächst von Keyboardharmonien
unterlegt werden und in eingängige Melodielinien übergehen. Alexander lässt
streckenweise seine Stimme metallisch verfremden, was dem Song eine
besondere Note verleiht. Auch kommen wieder einige Gesangselemente auf,
die an Peter Gabriel erinnern. Ein toller Abschluss dieses hervorragenden
Albums. Ein
Novum für Traumhaus ist, dass das Album als DoppelCD erscheint, bei dem
auf der ersten CD die Songs in deutscher und sie auf dem zweiten
Silberling in englischer Sprache platziert wurden. Dem sechsseitigen
Digipack wurde ein zwölfseitiges Booklet spendiert, in dem die Texte in
beiden Sprachen abgedruckt sind. Außerdem ist „In Oculis Meis“ das
erste Traumhaus-Album, das auf Vinyl erscheint. Es gibt dabei zwei
Versionen (eine deutsche und eine englische), die jeweils auf eine Stückzahl
von 250 limitiert sind. Schade,
dass wir sieben Jahre auf den neuesten Output von Traumhaus warten
mussten. Das Endergebnis aber überzeugt auf ganzer Linie. Auch zeigt die
Band eine Weiterentwicklung, die dem Sound gut zu Gesicht steht. Es ist zu
hoffen, dass bis zum Nachfolger von „In Oculis Meis“ nicht wieder
sieben Jahre ins Land gehen. Stephan Schelle, Mai 2020 |
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