The Tangent – Down And Out In Paris And London
 

The Tangent – Down And Out In Paris And London
InsideOut / EMI (2009)
(6 Stücke, 57:47 Minuten Spielzeit)

Multiinstrumentalist Andy Tillison veröffentlicht Mitte November 2009, nach etwas mehr als anderthalb Jahren, mit dem The Tangent-Album „Down And Out In Paris And London“ das mittlerweile fünfte Studioalbum seines Progressive Rock-Projektes. Während das LineUp der bisherigen Veröffentlichungen international war (hier wirkten u. a. auch Roine Stoldt Jonas Reingold und Jaime Jalazar mit), hat er bei der neuen CD ausschließlich britische Musiker um sich geschart. Als Neuzugänge sind Schlagzeuger Paul Burgess, der schon mit 10cc, Camel und Jethro Tull gearbeitet hat und Jonathan Barrett am Bass zu vermelden.


Andy hatte mit seiner Truppe zuletzt ein eher multimediales Werk mit einer umfangreichen Science Fiction-Story auf den Markt gebracht. Bei „Down And Out In Paris And London“ geht es ihm vornehmlich wieder mehr um ein musikalisches Projekt im Stile seines Debüts. Der Titel des Albums hat nichts mit der gleichnamigen Novelle von George Orwell zu tun, auch ist es kein Konzeptalbum. „Dies ist kein Konzeptalbum, auch wenn wie immer einige Themen gelegentlich wieder auftauchen. Es gibt einen Song namens ‚Paroxetine – 20mg’, der das Leben durch die Augen von jemandem betrachtet, der unter verschreibungspflichtigen Arzneimitteln steht und sich ziemlich leer fühlt. Es gibt ‚Where Are They Now’, der eine Verbindung zu Charakteren früherer Songs herstellt, und es gibt ‚Ethanol Hat Nail’, der die Frage aufwirft, ob wir die heutige Möglichkeit, auf unendlich viel Musik direkt zugreifen zu können, überhaupt so sehr zu schätzen wissen wie früher? Es gibt zwei Songs über Armut, einer davon spielt in Paris, der andere in London. Unser Gebrauch des Titels (von Orwell) ist wohl schlicht und einfach ein Wortspiel.“

Und ähnlich wie beim Debüt „The Music That Died Alone“ beginnt auch das neue Album mit einem 19minütigen Opener, der den Titel „Where Are They Now?“ trägt. Wie schon beim Debüt brilliert dieses Stück durch eine ausladende und stilistisch weit reichende Komposition. Ein Song der jedem gefallen dürfte, der auch die bisherigen Longtracks von The Tangent mag.

Fast wie mit einem Phil Collins Elektronikschlagzeug beginnt „Paroxetine – 20mg“. Dieser Song hat einen gewissen funkigen, jazzigen Touch, der in seiner proggigen Art aber auch ein wenig an Pink Floyd erinnert und ebenfalls im Canterbury-Stil verankert ist. Eine sehr schöne Nummer mit eingängiger Melodie. „Perdu Dans Paris“ ist ein Tangent-Stück, das man vom Stil sofort der Band zuordnet. Es enthält aber auch Passagen, die ein wenig an die Zusammenarbeit mit Roine Stoldt und Jonas Reingold erinnern.

In „The Company Car“, einer recht bluesigen Downtemponummer hat Andy Einflüsse von Joni Mitchell, die zu Andys Lieblingskünstlern gehört, eingebaut. Das ist zwar ungewohnt, klingt aber immer noch nach Tillisons Band. Und die Soli im weiteren Verlauf klingen wie eine Mischung aus ELP und Yes. Das der nächste fast 13minütige Track „Ethanol Hat Nail“ den Zusatz „(Canterbury Sequnece Vol. 2)“ enthält, kommt nicht von ungefähr, ist dieses Stück doch genau in dieser Stilrichtung angesiedelt. Sehr abwechslungsreich gestaltet sich dieser Longtrack, was bei The Tangent auch keine Besonderheit darstellt. Mit diesem Stück endet die normale Edition. Eine Sonderedition wird noch den weiteren Track „Everyone’s Forgotten Monday“ enthalten, der das Album dann um weitere sechseinhalb Minuten ausweitet.

Auch das neue Album von The Tangent hält wieder das, was man von ihm erwartet. Das ist Prog-Rock mit vielen Zutaten aus unterschiedlichsten Musikrichtungen, bei dem neben Keyboard auch die Gitarre eine wichtige Rolle spielt. Wer die bisherigen Veröffentlichungen von The Tangent kennt und mag, der liegt auch bei Studioalbum Nummer 5 genau richtig.

Stephan Schelle, November 2009

   

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