The Electric Family – Terra Circus
Sireena Records / Broken Silence (2017)

(7 Stücke, 44:24 Minuten Spielzeit)

The Electric Family ist das Projekt von Tom „The Perc” Redecker. Das 1996 gegründete Musiker-Kollektiv wurde ständiger Veränderung unterworfen und beheimatete im Laufe der Jahre unterschiedliche Musiker aus Bands wie Amon Düül II, Embryo, Grobschnitt, Ramblers, Die Ärzte, Falco, Mojo Club, Pachinko Fate, Witt, Fehlfarben, Thirsty Moon, Lok Kreuzberg, Philip Boa’s Voodoo Club, Agitation Free, und Pankow, um nur einige zu nennen.


Nach 10 Jahren erscheint das sechste Album innerhalb der 20jährigen Bandgeschichte. Neben dem Kopf Tom Redecker (Gesang, Gitarre) waren noch Harry Payuta (Gesang, Sitar, Bass), Rolf Kirschbaum (Gesang, Gitarre), Hanno Janssen (Schlagzeug) – diese vier sind auch Mitglieder der ersten Stunde - Anders Becker (Keyboard) und Steff Ulrich (Schlagzeug) am Album beteiligt. Fünf Eigenkompositionen sowie zwei Coverversionen haben die sechs Musiker in nur zweieinhalb Tagen eingespielt.

Ein paar geplante Gigs mit Agitation Free, die nicht stattfanden, waren die Initialzündung für das neue Album, denn es war mal wieder Zeit in Studio zu gehen. „Wir hatten Lust darauf, die Titel des nächsten Albums live einzuspielen, ohne Overdubs. Direkt und spontan. Hat ordentlich Spaß gemacht”, erinnert sich Tom Redecker. „Auf die Setlist kamen nur Titel, die wir auch live spielen wollten.” Und das hört man dem Album auch an, denn die sechs rocken darauf richtig ab. Man kann die Energie, die im Studio herrschte, direkt spüren.

Tom Redecker (einen Song), Rolf Kirschbaum (einen Song) und Harry Payuta (zwei Songs) zeichnen für vier der fünf Eigenkompositionen verantwortlich. Die Musik der dreigeteilten Improvisation „The Dreamboat” beruht auf Grundlagen von Tom Redecker selbst. Ein Pluspunkt des Albums ist neben der Leistung der jeweiligen Musiker, dass sich Kirschbaum, Payuta und Redecker am Mikro abwechseln. Das verleiht der Musik einen noch größeren Spannungsbogen.

Mit „Movin” einer Rocknummer aus der Feder von Rolf Kirschbaum (Pachinko Fake, ex-Witt, ex-Fehlfarben) wird das Album kraftvoll und doch im typischen Electric Family-Stil eröffnet. Im Mittelteil glänzt der Track durch ein Keyboardsolo, in dem Anders sein Instrument flirren und zischen lässt, während die danach einsetzende E-Gitarre eher rocklastig zu Werke geht. Als zweites kommt dann eine herrliche Version des Sisters Of Mercy-Songs „Lucrecia, My Reflection“, bei dem Tom mit seiner tiefen Stimme die richtige Tonlage trifft. Das Sitar-Solo von Harry Payuta steht dem Stück erstaunlich gut und verleiht ihm eine besondere Note. In dieses stimmt dann nach einigen Momenten die ganze Band ein.

„When Dizziness Comes Around” stammt aus der Feder von Harry Payuta und bietet einen Boogie-Rhythmus mit leichtem Rock’N’Roll und Glamfeeling. Ein Song, bei dem die Band richtig abgeht. „Mary, Mary So Contrary” vom Album „Monster Movie” der deutschen Band Can wird von der Electric Family in einer ganz eigenen Version gespielt. Weicher und psychedelischer (letzteres vor allem in der zweiten Hälfte, in der sie einen langen Instrumentalteil eingeflochten haben) stellt sich der Song in der neuen Version dar.

„Landmark Vision II” ist ein typischer Electric Family-Song, den Tom Redecker zur Verfügung gestellt hat. In dem Song lässt Tom seine Gitarre über weite Strecken förmlich singen und stellt sie in Kontrast zu seiner dunklen Stimme. „Santuario” ist eine Sitarorgie von Harry Payuta und sticht damit aus dem Album hervor. Mantra mäßig hat er diesen Track auf sein asiatisches Instrument ausgelegt. Den Abschluss bildet dann die fast achtminütige Improvisation „The Dreamboat”, auf dem sich alle nochmal austoben.

Die CD ist in einem Umweltverträglichen sechsseitigen Papersleeve verpackt, was allerdings dazu führt, dass die CD sich schlecht aus der Hülle hohlen lässt. Im Innenteil sind einige Fotos der Musiker und Infos zu den Songs enthalten.

Dass sich die Electric Family seit Jahren in den unterschiedlichen Genres bewegt, das hat sich auch auf dem neuesten Output nicht geändert. Jeder der Mitglieder hat sich hier eingebracht und für den abwechslungsreichen Sound beigetragen. Damit haben sie wieder ein schönes Album zusammengestellt, dem man die Liveatmosphäre anhört.

Stephan Schelle, April 2017

   

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