Sylvan – Force Of Gravity

Sylvan – Force Of Gravity
Eigenvertrieb / www.sylvan.de (2009)
(11 Stücke, 69:32 Minuten Spielzeit)

Die Kraft bzw. Gewalt der Gravitation machen Sylvan auf ihrem neuen, mittlerweile siebten Studioalbum „Force Of Gravity“ zum Thema. Grafisch wurde das Ganze in dem 24seitigen Booklet sehr schön durch Detailaufnahmen einer Achterbahn umgesetzt. Vom Sound und Songwriting sind die fünf Hanseaten mit einer Mischung aus ruhigen und kraftvollen, teils sehr metallastigen Passagen an das Thema herangegangen, bei denen aber immer die Melodie im Vordergrund steht. Herausgekommen ist ein Album das sowohl vertraute Stücke wie auch umwerfende neue Kompositionen enthält.


Ähnlich einer Achterbahnfahrt, die zunächst noch etwas ruhiger beginnt, dann aber in einem Geschwindigkeitsrausch ihren Höhepunkt findet, so ist auch das Album aufgebaut. Mit dem Titelstück, dass zwar zunächst einen druckvollen Eingangsriff zeigt, geht es im typischen Sylvan-Stil eher etwas beschaulich und balladesk zu, bei dem Marcos Gesang in weiten Strecken nur von Piano und sanften Gitarren begleitet wird. Marco agiert dabei in einer recht melancholischen, gequält wirkenden Art. Zum Glück ist das aber der einzige Song, bei dem Marco’s Gesang etwas zu penetrant rüber kommt. Das folgende „Follow Me“ ist ein typisch rockiger Sylvan-Track, bestückt mit kräftigen metallastigen Gitarren. Ein echter Headbanger, der stilistisch dem Refrain von „Forgotten Virtue“ vom „Posthumous Silence“-Album gleicht.

Sehr sphärische Keyboardsounds eröffnen das dritte Stück „Isle In Me“, die in eine zarte, wunderbar von Volker gespielte Pianolinie übergeht. Dazu kommen hier erstmals auf diesem Werk die Streicher zu Wort. Maike Madler (Violine), Joachim Kelber (Viola) und Ann-Katrin Eisold (Cello) machen aus diesem sanften und im Refrain sehr druckvollen Stück ein erstes Highlight des Albums. Auch die Perkussion und das hinreißende Gitarrensolo von Jan Petersen (er ist für Kay Söhl in die Band gekommen und erstmals auf einem Studioalbum dabei), die im zweiten Teil des Songs zu hören sind, werten das Stück noch mal auf. „Embedded“ besticht vor durch seine eingängige Melodie, während „Turn Of The Tide“ eine zarte Ballade ist, bei der die Streicherfraktion wieder zum Einsatz kommt und die an einigen Stellen durch härtere Riffs konterkariert wird. Volkers Keyboardspiel wirkt darüber hinaus stellenweise recht klassisch.

Mit für Sylvan recht ungewöhnlichem Sound startet „From The Silence“, um dann in einen typischen Sylvan-Song überzugehen. Bei diesem Stück dominieren Volker mit abwechslungsreichen Keyboardsounds und Matthias mit seinem akzentuiert gespielten Schlagzeug. Die Melodie geht richtig gut ins Ohr. Das ist wieder ein Stück, das - wie auch „Embedded“ - Radioqualität hat. Mit dem Song „Midnight Sun“ kommt für mich der erste Hammer des Albums, denn was Marco und Miriam Schell hier für ein gesangliches Duett liefern, das ist unglaublich. Das liegt aber vor allem an Miriam’s Stimme, die stark an Kate Bush erinnert. Sylvan sollten sich überlegen sie öfter einzusetzen, denn sie verleiht dem Stück eine unglaubliche Tiefe. Mit dieser Gänsehaut treibenden Stimme avanciert es zu meinem Lieblingssong des Albums.

Harte Gitarren und Schlagzeug im Stile von Metal eröffnen „King Porn“, das neben diesen kraftvollen Einlagen auch sanfte Melodien in sich vereint. Das ist wieder Stoff, den wir von Sylvan kennen. Aber nicht nur Metallastig lässt Jan seine Gitarre sprechen, im zweiten Abschnitt klingt er auch recht bluesig sowie proggig und Volker drückt seine Tasten auch mal im recht jazzigen Stil.

In „Episode 609“ kommt Sebastians Bass deutlicher als in den anderen Songs zur Geltung. Hier zaubern Sylvan eine melodische Midtemponummer aus dem Hut, deren Melodie recht schnell ins Ohr geht. Fast im Stile der Red Hot Chili Peppers geht es im vorletzten Stück „God Of Rubbish“ zu. Zumindest klingt Marco’s Gesang, anfangs nur begleitet durch Akustikgitarre, ähnlich der von Anthony Kiedis. Der treibende Beat der nach gut 40 Sekunden einsetzt, ist in der Form mal etwas Neues für Sylvan und der Refrain geht mächtig ins Hirn, so dass sich das Stück schnell festsetzt.

Den krönenden Abschluss bildet der zweite Hammersong „Vapour Trail“, das mit 14:30 Minuten längste Stück der CD. Auch hier kommen die Streicher wieder zum Einsatz. Das Stück enthält alles, was man sich von Sylvan erwartet. Neben sanften, zarten Melodiebögen finden sich kraftvolle teils metallastige Rockpassagen, jazzige Momente, herrliche Soli, Rhythmus- und Melodiewechsel, also alles, was man an einem Longtrack schätzt. 

Sylvan ist mit „Force Of Gravity“ ein guter Nachfolger zu ihrem letzten Werk „Presets“ gelungen. Das Album erscheint offiziell am 25.09.2009, doch kann es bereits jetzt über die Internetseite der Band bestellt werden. Die Auslieferung ist bereits in der ersten Augusthälfte angelaufen. Das Album enthält mehrere tolle Songs wie zum Beispiel „Embedded“, „Midnight Sun“ oder „Vapour Trail“ die einfach nur mitreißen. Aufgrund der Hammersongs kann ich das Album wärmstens empfehlen.

Ab Oktober werden Sylvan live zu sehen sein, dort wird sich zeigen, dass die neuen Stücke auch live voll überzeugen können.

Stephan Schelle, August 2009

   

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