Different Colours

Strange Inside - Different Colours
Eigenvertrieb (1994)

Wir schreiben zwar schon das Jahr 2002, doch ich muss hier einfach eine Perle der Musik beschreiben die schon acht Jahre auf dem Buckel hat, denn sie hat eine Menge Aufmerksamkeit verdient.

Hinter der Bezeichnung Strange Inside verbirgt sich der Kölner Gerd Lubos, der sich seit 1980 mit der elektronischen Musik beschäftigt und seine instrumentalen Fähigkeiten (Keyboard und Gitarre) als Autodidakt erworben hat. Wer seine Veröffentlichungen einmal gehört hat, wird es kaum für möglich halten, dass er sich das alles selbst beigebracht hat.
 

Mit der Kassette "E-Rock special Vol. 1" veröffentlichte er - damals auch schon als Strange Inside - 1989 seine ersten Stücke. Es folgte 1993 die Kassette "6 from 10". Die letztgenannte Kassette enthielt dann auch schon, wie es der Titel sagt, 6 von 10 Stücken, die 1994 auf seinem CD-Debüt "Different Colours" erschienen sind.

Diese Debüt-CD soll nun hier vorgestellt werden. Nun, was erwartet den Hörer dieses Silberlings? Um es vorwegzunehmen, diese 63minütige CD enthält 10 Instrumentalstücke mit einer Laufzeit zwischen 2:25 und 9:22 Minuten, die einen Mix aus elektronischer sowie Rock- und Pop-Musik aufweisen. Das Ganze ist perfekt aufgenommen, was den glasklaren Sound ausmacht.

Die CD beginnt mit dem Stück "Passing Memories", das am Anfang wie ein typischer Titel der elektronischen Musik beginnt. Auch die ersten Klänge der E-Gitarre ändern da noch nichts dran. Doch sobald sich die Drums mit in den Song einmischen, geht er richtig ab. Die Gitarrensounds, die Gerd schon in diesem ersten Stück zaubert, sind richtig fett. Das Er gerade mal fünf Jahre zuvor mit dem Gitarrespielen angefangen hat, ist wirklich kaum zu glauben. Man meint einen Profigitarristen an den Saiten zu hören. Die Klänge, die Gerd in diesem Titel zusammengestellt hat, passen perfekt zusammen. Der Song ist gut strukturiert und weist herrliche Melodielinien auf.

Als nächstes Stück wartet "Mindwalk" zu beginn mit poppig klingenden Synthie-Loops auf. Der Titel beginnt im Stile seines Freundes Uwe Saher, der unter der Bezeichnung Brainwork schon einige CDs herausgebracht hat und mit dem er bereits mehrfach in den 90‘ern live aufgetreten ist. Dieser Song ist flott und macht richtig Spaß. Er ist einer der wenigen, bei denen die Gitarre im Schrank bleibt.

Bei "Spectral Sequence" springen anfangs förmlich die Sequenzen, zu denen sich dann Flächen und Gitarre hinzugesellen. Der Titel hat, wenn man Vergleiche anstellen will, Stilelemente von Brainwork und Ron Boots. Gerd spielt dazu wieder eine sehr straighte Gitarre.

Das Gerd auch gut Klavier spielen bzw. mit den Tasten fingerfertig umgehen kann, beweist er in dem (Love?)Song "September Theme". Mit schönen Flächen und seinem Klaviersound zaubert er einen sehr romantischen und verträumten Titel.

Als nächstes kommt der längste Titel des Albums. "Taslahn" stellt zugleich meinen absoluten Favoriten der CD dar. Für mich gehört er zu den besten Titeln, die 1994 herausgekommen sind. Er beginnt erst mit undefinierbaren Klängen, die dann in eine Art metallische Glockenschläge wechseln. Dann setzt Gerd’s Gitarrenspiel ein, das Gary Moore nicht besser hätte spielen können. Wow!!! Doch damit nicht genug, nach dem ausladenden Gitarrenintro folgen tolle Synthiemelodien. "Taslahn" ist ein hinreißendes Stück mit Gänsehautgarantie. Selbst anno 2002 komme ich beim Hören schon wieder ins Schwärmen, weil der Titel nichts von seinem Zauber verloren hat.

Als nächstes steht "Dark Breath" auf dem Programm, der mit einer Art Atemgeräusch à la Darth Vader beginnt. Dann kommen dunkle, basslastige Synthieklänge, zu denen sich flirrende Synthies gesellen und dann geht der Rhythmus ab. Tolle Sounds begleiten diesen gar nicht düsteren Titel, der etwas von Jean Michel Jarre hat, aber trotz allem einen eigenen Charme entwickelt.

"Invisible Silence" bietet wieder schöne Melodien, die durch rhythmische Sequenzen vorangetrieben werden. Auch hier glänzt Gerd wieder mit einer Gary Moore-mäßigen Gitarre. Man kann sich zu diesem Song gut vorstellen, dass er für eine Filmsequenz der Serie Miami Vice benutzt werden könnte. Wenn man die Augen schließt kann man Crocket und Tubbs im Schnellboot über das Wasser oder im Auto durchs nächtliche Miami rasen sehen.

Track 8, "Song For Kaya" ist wieder ein romatischer Song, bei dem wieder die Keyboards im Vordergrund stehen. Süße, aber nicht kitschige Klänge schmeicheln dem Ohr.

"Taslahn - The Return" nimmt noch mal das Thema des Tracks 5 auf. Hier allerdings in einer knapp 4minütigen Version, die sich - vor allem durch den etwas anderen und wesentlich ausgeprägteren Gitarreneinsatz - von dem ersten Track unterscheidet. So kann man meines Erachtens dieses Stück als Fortsetzung von "Taslahn" bezeichnen. Ich kann einfach nicht genug davon bekommen.

Der letzte Titel "White Star" kommt etwas melancholisch, ja sogar wehmütig daher. Laut den Credits der CD ist er jemandem aus Gerd’s Umfeld gewidmet. In diesem Stück kommt neben den Synthies vor allem die Akustikgitarre zum Einsatz.

Tja, nun sind wir schon am Ende der CD angelangt. Wie schnell doch so eine Stunde vergehen kann.

Auch wenn einige Passagen Ähnlichkeiten zu anderen Musikern aufweisen, so muss Gerd doch bescheinigt werden, dass er schon auf seinem Erstling seinen eigenen Stil gefunden hat. Erwähnenswert ist hierbei auch, dass er das ganze Album im Alleingang eingespielt hat. Die CD gehört für mich zu den besten Instrumentalplatten der 90‘er Jahre. Sie hat meines Erachtens mehr Aufmerksamkeit verdient, als es bisher der Fall gewesen ist.

Durch den Einsatz der E-Gitarre spricht sie nicht nur für Fans der elektronischen Musik, sondern auch all die an, die auf gute Rockmusik stehen. Die CD ist bei CUE herausgekommen und kann noch über www.cue-records.de bestellt werden.

Stephan Schelle, Juli 2002

   

CD-Kritiken-Menue