Steve Brockmann + George Andrade – Airs – A Rock Opera

Steve Brockmann + George Andrade – Airs – A Rock Opera
Fencesound Music (2012)
(18 Stücke, 73:59 Minuten Spielzeit)

Der in Norddeutschland lebende Multiinstrumentlist Steve Brockmann hat mich mit seinem 2007’er Soloalbum „Expected Errors“ absolut überzeugt. Sehr stimmig war das von ihm eingespielte Werk. Anfang 2012 präsentiert er nun zusammen mit George Andrade den Nachfolger. In einem Internetforum der US-Rockband Spock’s Beard hat Steve den amerikanischen Schriftsteller George Andrade kennen gelernt. Nachdem George die Texte für ein paar Songs für Steve geschrieben hatte, nahmen beide das auf einer Geschichte von Andrade basierende „Aries“-Projekt in Angriff.


Ein Jahr lang konzipierten, komponierten und texteten sie, bevor im Juni 2009 die Aufnahmen beginnen konnten. Dafür konnten sie befreundete Sänger/innen und Musiker aus vier Nationen (Deutschland, den Niederlanden, USA und Kanada) gewinnen. Auch zwei Spock’s Beard Mitglieder, der Band, wegen der sich Brockmann und Andrade überhaupt erst trafen, haben auf dem Album Gastauftritte.

Brockmann und Andrade haben eine komplexe Geschichte um den Charakter des Owen Doane geschrieben. Owen kehrt mit der Fähre auf seine Heimatinsel zurück, nachdem er sechs Jahre in einem psychiatrischen Gefängnis verbracht hat, da er bei einem Unfall ein Fahrzeug abgedrängt hatte, das dann in einen Steinwall krachte. Das ganze ist unter dem Einfluss von Alkohol geschehen, denn er hatte zuvor in einer Bar etwas getrunken und gleichzeitig Antidepressiva genommen, die ihm kurz zuvor verschrieben worden waren. In dem anderen Fahrzeug saß eine Frau mit ihrer neunjährigen Tochter. Die Tochter wurde bei dem Unfall so schwer verletzt, dass sie fortan von der Hüfte gelähmt war und den Rest ihres Lebens an einen Rollstuhl gefesselt ist.

Die CD ist in fünf Kapitel unterteilt, die jeweils weitere Unterkapitel aufweisen. Insgesamt sieben Sänger konnten für die Produktion gewonnen werden, was auf eine gute Dramaturgie hoffen ließ. Leider gibt es zahlreiche Charaktere, die von ein und demselben Sänger vorgetragen werden bzw. sind die Stimmen unterschiedlicher Sänger auch sehr ähnlich. Das ist schade, denn so kommt die selbst ernannte Rockoper leider nicht wie ein komplexes Stück rüber. Die Band besteht laut Pressetext aus Steve Brockmann (Gitarren, Bass, Keyboards) und Jochen Ohl (Schlagzeug). Daneben wirken noch die Gastmusiker Christoph „Luppi“ Brockmann (Bass bei einem Stück), Phil Robertson (Schlagzeug bei einem Song) und natürlich die beiden Spock’s Beard Musiker Dave Meros (Bass bei zwei Stücken) und Alan Morse (Gitarre auf einem Stück) mit.

Zu Beginn des ersten Aktes „Now I Know“, dem Stück „Fateful Days“ erklingt Maschinengeräusch und eine Stimme kommt über einen Lautsprecher rüber. Dies zeigt Owen in einer Szene auf der Fähre, die ihn zu seiner Heimatinsel trägt und das von seinen Gedanken getragen wird. Dieser Teil ist balladesk angelegt und sehr schön instrumentiert. Der Titel wird von Paul Adrian Villarreal gesungen, der stimmlich voll überzeugen kann. Ein guter Opener der in das Album hineinleitet. Die meisten Stücke sind auch hervorragend von den andern Sängern/Sängerinnen vorgetragen, allerdings fehlt mir so ein bisschen die Dramaturgie der unterschiedlichen Charaktere. Musikalisch Zeigt sie aber keine Schwachpunkte.

Das Album ist in sich stimmig und bietet guten Rock, der mal orchestral, dann proggig und wieder nach Hardrock klingt. Steve Brockmann, der für den musikalischen Part verantwortlich ist, hat ganze Arbeit geleistet und streut auch zwischendurch einige Zitate von anderen großen Bands ein, bleibt sich aber stilistisch treu.

Die CD enthält ein 24seitiges Booklet, in dem alle Texte abgedruckt sind, was für eine Eigenproduktion schon sehr beachtlich ist. Musikalisch wird eine Rockoper geboten, die verschiedene musikalische Elemente in sich vereint, aber den roten Faden beibehält. Zusammengehalten werden die einzelnen Stücke und das Thema durch Geräusche, die Szenen der Geschichte darstellen sollen.

Steve Brockmann und George Andrade ist ein gutes Rockalbum gelungen, dem man Beachtung schenken sollte. Sowohl Hardrock, Progressiverock, Symphonicrock und Melodicrock finden sich in den einzelnen Stücken wieder. Brockmann braucht sich mit seinem Werk keineswegs hinter Acts wie Ayreon & Co. verstecken.

Stephan Schelle, Februar 2012

   

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