Steinwolke – Die frühen Jahre

Steinwolke – Die frühen Jahre
Sireena Records / Broken Silence Distribution (2010)
(19 Stücke, 78:20 Minuten Spielzeit)

Der Bandname Steinwolke wird vielleicht nicht mehr vielen Musikfreunden geläufig sein, allerdings hatte die deutsche Band während der Neuen Deutschen Welle (NDW) einen veritablen Hit mit dem Titel „Katherine, Katherine“. Dass Steinwolke weit mehr war als nur ein kurzes Aufflackern in der NDW waren, das zeigt die neue Veröffentlichung von Sireena Records, die sich mit den Anfangsjahren der Band beschäftigt. Zu hören ist das Ganze ab dem 01.03.2010 auf der CD „Die frühen Jahre“.


Kern des deutschen Quintetts war das Gebrüdertrio Andreas, Clemens und Konrad Haas, die bereits seit ihrer gemeinsamen Schulzeit Musik machten. In dem aus Uganda stammenden Perkussionisten Dominic Diaz fanden sie den richtigen Weggefährten für ihre Folk-orientierte Musik. Im Jahr 1977 vervollständigte dann Uli Schmidt die Band.

Lag der Fokus zunächst auf rein akustischen Instrumenten, so änderte sich der Stil durch den Einsatz elektrischer Instrumente, als Uli Schmidt zur Band stieß. In dieser Formation tourten sie durch ganz Deutschland und das angrenzende Ausland, was ihren Bekanntheitsgrad steigerte. Im Jahr 1979 zogen die fünf nach Hannover, wo sie gemeinsam in einem Haus wohnten. In dieser Zeit entstanden auch die Stücke ihres Debütalbums, das noch im gleichen Jahr unter dem Titel „Steinwolke“ erschien. Instrumentaltitel und Gesangsstücke waren auf dem Album zu finden. Stilistisch fügten die fünf Folk mit irischem, indianischem, arabischen und afrikanischen Flair in ihre Musik ein.

1980 folgte das Zweitwerk, mit dem Titel „Lionskweet“, das jenseits jeglicher Kategorien bleib und so nicht in eine Schublade gesteckt werden konnte. Die Vielfalt, die sich hier zeigte beschrieb die Band selbst mit den Attributen „Rock, Reggae, Folk, Jazz, Urwald, Blues, Zirkus, englisch, deutsch, lyrisch, fetzig, experimentell, Gesang, Rhythmik, Spontanes, Geräusche, Melodien, Tanz.“ Die Presse zeigte sich ob ihres vielfältigen Stils begeistert wie es die Spotlight beispielsweise mit den Worten „Wenn es schöne Musik gibt, die sich sowohl an Reggae als auch an Rock orientiert, dann ist dies die Musik von STEINWOLKE“ quittierte. Es folgte danach im Jahr 1981 noch das dritte Album „Steinwolke Live“, das einen Konzertmitschnitt bot, bevor für die Band die NDW begann.

Sireena Records hat insgesamt 19 Stücke auf der CD versammelt, die von den drei ersten Alben stammen und die von der Band selbst ausgesucht wurden. Bei der Auswahl der Stücke hat man darauf geachtet, dass es zwischen Studio- und Liveaufnahmen keine Überschneidungen gibt. Entstanden ist ein zeitloser Trip durch die ersten Jahre dieser deutschen Band, die sich am Anfang noch jenseits aller kommerziellen Pfade bewegte.

Das die Jungs ihre Instrumente beherrschten, zeigt sich schon im ersten Stück „Walda Lady“, das eine Kombination aus Jazz und Softpop, der fast musical- / hippiemäßig klingt, darstellt. Man merkt schon, wie schwer die Musik zu beschreiben ist, da sich kaum Attribute finden lassen. Mal gehen Steinwolke verträumt, wie in „Eagle’s Wings“ zur Sache, dann zaubern sie in „Pepe im Urwald“ ein aus Perkussion und Geräuschen bestehendes Stück, das zu einer Art Santana-Nummer mit Flötenspiel mutiert, um im nächsten Moment Folk mit mittelalterlichem Flair in „Kuckuck“ zu präsentieren.

„Revolution“ ist ein Reggae, der durch Flöte und Sound ungewöhnlich klingt. Rockpop wird in „Loosers Game“ geboten. Hier, wie auch in „Groggy“ und anderen Songs kommt durch den Einsatz der Querflöte Jethro Tull-Stimmung auf. „Humpty Dumpty“ scheint wie für eine irische Bar geschaffen und hält einige recht schräge Sounds bereit. Mit „Nige Nige“, einem Stück mit unwiderstehlichem afrikanischem Esprit, beginnt der Reigen der Liveaufnahmen. Der Klang ist etwas mehr mit Hall versehen, da hier Außenmikros zum Einsatz gekommen sein müssen, was die Zuschauerreaktion gut einfängt und somit Liveatmosphäre aus den Boxen kommt. Diese letzten fünf Stücke zeigen, mit welcher Power und Spielfreude man damals auf der Bühne agierte.

„Die frühen Jahre“ von Steinwolke ist eine gute Werkschau der Anfangsphase dieser deutschen Band. Sireena Records haben hier einen kleinen Schatz gehoben, der ansonsten in Vergessenheit geraten wäre. Wer sich an stilistischer Vielfalt laben kann, der sollte hier unbedingt reinhören, es lohnt sich.

Stephan Schelle, Februar 2010

   

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