Schizofrantik – The Knight On The Shark

Schizofrantik – The Knight On The Shark
Gentle Art Of Music / Soulfood Music (2013)
(7 Stücke, 49:02 Minuten Spielzeit)

Nach dem 2011’er Werk „Oddities“ erscheint am 08.11.2013 das zweite Studiowerk der Münchner Formation Schizofrantik unter dem Titel „The Knight On The Shark“. Was für ein seltsamer Titel für eine CD, der sich grafisch auch noch auf dem Cover widerspiegelt. Da sieht man einen Ritter auf einem Hai reiten. Während der Hintergrund gemalt ist, ist der Hai aus einem Bild entnommen und der Ritter stellt eine Spielfigur dar. Diesen Kontrast in den verschiedenen Bildelementen findet man dann auch in der Musik von Schizofrantik wieder.


Aus dem Quartett ist ein Trio geworden. Markus Jehle, der auch bei RPWL in die Tasten greift, gehört nicht mehr zur Formation. Geblieben sind Martin Mayerhofer (Gesang, Gitarre, Keyboards), Peter Braun (Bass) und Andy Lind (Schlagzeug). Daneben wirken noch als Gastmusiker Helmut Sinz (Akkordeon) und Joschi Joachimsthaler (Gitarren) mit.

Zur Musik ist im Pressetext zu lesen: Hier ist der Bandname Programm: „wild“, „ängstlich“, „überglücklich“, „rasend“, „fieberhaft“. Dies sind alles Worte, mit denen „frantic“ aus dem Englischen übersetzt werden kann und es liegt in der künstlerischen Schizophrenie der Münchner, dass ihr neues Meisterwerk zu jedem Zeitpunkt allen fünf Adjektiven gerecht wird.

Und in der Tat sind die sieben enthaltenen Stücke wieder äußerst speziell ausgefallen, denn musikalisch wird wieder allerlei Avantgardistisches geboten. Das beginnt gleich mit dem zehnminütigen Opener „The Knight On The Shark Beside The Ship Wich Is Not Sunken Yet“ (was für ein Titel für ein Musikstück!). Da finden sich stilistische Elemente aus Rock, Progressive, Jazz und Metal und Schizofrantik bilden daraus recht experimentelle Musik, die aber erstaunlicherweise gefangen nimmt. Ich weiß auch nicht was sie ihrer Mixtur da untergemischt haben, aber dieses scheinbare Chaos geht doch recht gut ins Ohr und ist alles andere als abschreckend. Ganz im Gegenteil, die Kombination aus teils heftigen, durcheinander wirbelnden Klangkaskaden und dann wiederum sehr sanften und melodischen Passagen verbreitet eine ausgesprochen angenehme Atmosphäre. Da ist es dann auch nicht verwunderlich, dass die Gitarren an einigen Stellen plötzlich funky klingen.

Dazu passt ganz gut ein weiteres Zitat aus dem Pressetext, in dem es heißt: Im Geiste Zappas ist „The Knight On The Shark“ von einer neugierigen Freigeistigkeit geprägt, die es Mayerhofer dann auch erlaubt, in seinen Songs etwa über Cyborg-Hunde, den Zusammenhang zwischen Nazis und LSD, Waisenkinder in der Metzgerei oder eben Ritter auf Haien zu schreiben. Dank den erklärenden Stories im Booklet, wird aus einem überwältigenden Stück Musik ein Gesamtkunstwerk, das sich dem Zuhörer Track für Track öffnet, in bisher ungekannte Dimensionen der Komplexität vorstößt und am Ende eben sehr viel mehr ist als nur die Summe seiner Teile.

Das Titelstück steht für die Gesamtheit des Albums, denn in dieser scheinbaren Zerrissenheit, die in der Musik liegt, geht es auf dem kompletten Album weiter. So kommen zu Beginn von „Marching Through The Meadow“ sehr proggige Sounds aus den Boxen, zu denen sich recht folkige bzw. ethnische Elemente hinzufügen. Dieser Track wirkt nicht so zerrissen wie vieles andere auf dem Album, sondern zeigt sich von einer eher homogeneren Seite. Auch „The Human Slaughter Tango“ wirkt strukturiert, während dann beim folgenden „Nazis On LSD“ wieder alles durcheinander zu laufen scheint.

Wie schon „Oddities“, so zeigt sich auch „The Knight On The Shark“ von seiner gewöhnungsbedürftigen Seite und will erst erobert werden. Allerdings versprüht das Werk schon beim ersten Hördurchgang einen ganz eigenwilligen Reiz, dem man sich kaum entziehen kann. Diese Musik ist in der Tat progressiv.

Stephan Schelle, Oktober 2013

   

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