Sampler – Dancing, Food & Entertainment

Sampler – Dancing, Food & Entertainment
Sireena / Fenn Music (2008)
(15 Stücke, 62:01 Minuten Spielzeit)

Der neueste Sampler aus dem Hause Sireena / Fenn Music trägt den ungewöhnlichen Namen „Dancing, Food & Entertainment“. Ungewöhnlich deswegen, weil er nicht sofort auf den Inhalt schließen lässt. Sieht man sich aber das Cover an, so überkommt einen das Gefühl, es hier mit Flower Power oder Psychedelic zu tun zu haben. Und mit dieser Annahme liegt man dann auch schon nicht ganz so falsch.


Fragt man heute Musikkenner nach den prägenden Stilarten der 80’er in der deutschen Musik, so werden sicherlich die Neue Deutsche Welle, Electropop und New Wave genannt. Doch es gab auch ein Psychedelic Revival, das eine ganze Reihe an guten Bands und Veröffentlichungen hervorbrachte. Mit dem vorliegenden Sampler können wir in die Welt dieses Revivals eintauchen und neben 15 Songs von unterschiedlichen Gruppen auch im reichlich bebilderten 20seitigen Faltposter, das als Booklet dient, die Geschichte dieser musikalischen Strömung nachempfinden.

Einige Stücke scheinen direkt aus den 60’ern bzw. 70’ern zu stammen, doch der Sound ist wesentlich moderner und das Booklet verrät, das die Songs jünger sind und aus der Zeit von 1982 bis 1987 stammen. Der Opener „Point Of No Return“ von The Chud bietet einen sehr psychedelischen Rock mit viel Orgel, der aus Pink Floyds Anfangstagen stammen könnte. The Painless Dirties nehmen bei ihrem Stück „Jump Out“ diesen Stil auf, vermischen ihn aber mit einer Mischung aus Punk und Artrock der Marke Talking Heads, der das Stück auf eine andere Ebene hebt.

Fast völlig abgehoben mit einem sehr perkussivem Part gehen die Shiny Gnomes bei „Temple Balls“ ans Werk. Dazu bietet die Sitar einen indischen Touch. Ein faszinierendes Stück, das neben einer eingängigen Melodie ein Grundrauschen aus der rechten Box auf den Hörer loslässt, was zu einer gewissen Unruhe im Titel sorgt. Les Black Carnations gehen auf „Each Grey Day“ einen anderen Weg. Ihr Song ist sehr melodiös und geht sofort ins Ohr. Ein netter Song, der weniger psychedelisch, dafür aber aus den Charts der frühen 70’er stammen könnte. „Fat Freddie“ von den Dizzy Satellites macht seinem Namen alle Ehre, denn er wäre Ende der 60’er ein fetter Rocksong gewesen. The Yellow Sunshine Explosion bieten auf „Yellow Sunshine Explosion“ eine Midtemponummer die komplett dem 60’er Jahre Psych entsprungen ist. Eine faszinierende Nummer.

„The Cube“ stammt von den Multi Coloured Shades, die in den 80’ern recht bekannt waren. Mit einem Drehorgelsound beginnt das Stück, das sich dann zu einem Psychhammer mit einer mitreißender Melodie und fesselndem Sound wandelt. Während The Beauty Contest auf ihrem Song „Exactly Distorted Package“ recht experimentell und schwierig klingen, kommen bei „Oh, My Head!“ von The Beatitudes, wie sollte es bei dem Bandnamen auch anders sein, Beatklänge der frühen 60’er zum Vorschein. Ein Song im Stile der Beatles, der Spaß macht. Auch Rubbermind Revenge haben die Beatles in ihrem Song verarbeitet. Sie klingen allerdings mehr nach der Phase von Seargent Pepper. Gipsy Rover gehen stilistisch in ihrem Stück „Manson Was A Fool“ in eine völlig andere Richtung. Zwar kommen hier auch psychedelische Elemente zum Einsatz, das Ganze wirkt aber wie eine Nummer der australischen Band Flash And The Pan.

Mit Pseiko Lude & Die Astros kommt die einzige Band auf dem Sampler zu Wort, die Psychedelic Rock mit deutschen Texten präsentiert. Der Song „Ghaddafi Works“ von P.L.O. klingt dagegen wie elektronsicher Punk mit Psychedelic-Ansätzen. Düster wird es dann bei The Raymen und ihrem Stück „River Of Tears“. Unheimliche Gitarrenwände und ein düsterer Gesang bestimmen hier das Bild. „Dom“ von 39 Clocks beenden dann den Sampler mit ihrem etwas monotonen Singsang.

„Dancing, Food & Entertainment“ ist eine gute Werkschau der 80’er Psychedelic-Bewegung. Damit ist Sireena ein Zeitdokument gelungen. Zwar findet nicht jedes Lied Eingang in mein Gehör, aber die meisten Tracks sind gut gemacht und sorgen für eine Menge Abwechslung. Der Sampler stellt eine gute Ergänzung für diejenigen dar, die Psych mögen und die obigen Bands nicht kennen. Klanglich ist die Produktion hervorragend aufgearbeitet.

Stephan Schelle, November 2008

   

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