Rush – Moving Pictures (40th Anniversary)
Universal Music/ Mercury/Anthem (1981 / 2022)
(26 Stücke, 159:08 Minuten Spielzeit)

1981 veröffentlichten Rush mit „Moving Pictures“ ihr achtes Album, mit dem sie nicht nur die 80’er Jahre einläuteten, sondern auch ihren Stil aktualisierten und damit eines ihrer besten Alben ablieferten. Ein Jahr nach dem 40järigen Jubiläum erscheint am 15.04.2022 die 40th Anniversary-Edition, die in verschiedenen Formaten erhältlich sein wird. Mir lag zur Besprechung die Deluxe Edition vor, die 3CDs in einem achtseitigen Digipack mit 24seitgem Booklet enthält. Ins Auge fällt sofort das neue Artwork von Syme.


Fans können gleich aus sechs Konfigurationen von „Moving Pictures – 40th Anniversary“ auswählen. Folgende Varianten werden herauskommen: Super Deluxe Edition (drei CDs, eine Blu-ray Audio-Disc sowie fünf Heavyweight-LPs (schwarz, 180g)), 3CD Deluxe Edition, 5LP Deluxe Edition, 1LP Edition, Digital Deluxe Edition und eine zusätzliche Digital Edition in Dolby Atmos-Soundqualität.

Die Deluxe Edition von „Moving Pictures – 40th Anniversary“ vereint das neu gemasterte Originalalbum auf CD1 und das komplette, bislang unveröffentlichte Konzert von 1981 in Toronto auf den zwei Bonus-CDs. Zu den weiteren Extras gehören ein 24-seitiges Booklet mit unveröffentlichten Fotos und dem neu interpretierten Artwork von Syme sowie die Liner Notes (von Kim Thayil, Les Claypool, Taylor Hawkins, Bill Kelliher und Neil Sanderson). Zu jedem der Stücke befindet sich ein ansprechendes Bild im Booklet.

Die sieben Tracks des Albums zeigen eindrucksvoll, wie perfekt Rush auf „Moving Pictures“ den Balanceakt zwischen Prog-Wurzeln und radiofreundlichem Sound meisterten, nachdem ihnen das schon auf dem gefeierten Vorgänger „Permanent Waves“ so grandios gelungen war. Zugleich war „Moving Pictures“ das zweite von vielen Alben, das Rush im Le Studio in Morin-Heights (Quebec) einspielten – ein Ort, der nicht ohne Grund später auch als „das bandeigene Abbey Road von Rush“ bezeichnet wurde.

Einige der Stücke entwickelten sich zu unverzichtbaren Klassikern, die schnell in ihre Livesets Einzug hielten. Das eröffnende „Tom Sawyer“ entpuppte sich nicht nur als eine ihrer größten Radiosingles, es fehlte ab 1981 auch live auf so gut wie keinem ihrer Konzerte. Es folgen vertonte Abstecher in wilde Traumwelten („Red Barchetta“ - inspiriert von Richard S. Fosters Kurzgeschichte „A Nice Morning Drive“) und der Instrumentalmeilenstein „YYZ“ – benannt übrigens nach der Flughafenkennung des Pearson International Airports in Toronto. Das zeitlose „Limelight“ wirft quasi einen prophetischen Blick auf die Probleme introvertierter Künstler*innen und populärer Menschen, die sich lieber ihre Privatsphäre bewahren würden, als alles mit der Öffentlichkeit teilen zu müssen.

„The Camera Eye“ ist ein vielschichtiger, zehnminütiger Blick auf das Treiben in New York City – aus Vogelperspektive –, dem Rush zugleich die viel ältere Geschichte Londons gegenüberstellen. „Witch Hunt“ (samt bedrohlichem Untertitel „Part III of Fear“) widmet sich dem Themenkomplex Vorurteile und Mob-Mentalität. Das Album endet mit dem Song „Vital Signs“; ein druckvoll-treibender Schlusspunkt, der auch schon die experimentell-abenteuerlichen Aspekte jener Richtung(en) aufzeigt, die Rush im weiteren Verlauf der Achtziger verfolgten.

Als Bonus wurden der Deluxe Edition 2 CDs mit bislang unveröffentlichtem und ebenfalls ganz neu abgemischtem Live-Bonusmaterial, das von Terry Brown, dem angestammten Produzenten der Band, von den analogen Original-Livetapes übertragen wurde, spendiert. Die bislang unveröffentlichten Live-Aufnahmen basieren auf einem ungekürzten Konzertmitschnitt aus Toronto, wo Rush am 25. März 1981 in den Maple Leaf Gardens auftraten (hier passend zum Songtitel bezeichnet als „Live In YYZ 1981“).

Dieser Konzertmitschnitt ist allein den Kauf der Wiederveröffentlichung wert. Bei dem Konzert spielten Rush außer „Witch Hunt“ das komplette „Moving Pictures“-Album sowie zahlreiche weitere Stücke aus ihrem bisherigen Repertoire.

Die 2015 neu transparent gemasterte Fassung von „Moving Pictures“ liegt erstmals auf CD vor. Das Album gehört zum Tafelsilber der kanadischen Band und in jede gute Rocksammlung. Aufgrund des soundtechnisch guten (Geddy’s Stimme ist etwas in den Hintergrund gemischt), fast zweistündigen Livemitschnittes ist diese Version des Albums unverzichtbar.

Stephan Schelle, April 2022

   

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