RPWL - Wanted

RPWL - Wanted
Gentle Art Of Music / Soulfood Music (2014)
(10 Stücke, 61:53 Minuten Spielzeit)

Die aus München stammende Artrockband RPWL hatte im Jahr 2012 mit „Beyond Man And Time“ ein sehr ambitioniertes und intellektuelles Konzeptalbum auf den Markt gebracht, das sowohl Kritiker wie Fans auf ganzer Linie überzeugte. Das Jahr 2013 war dann von der Liveumsetzung dieses Werkes bestimmt, die ebenfalls - vor allem auch durch die visuelle Umsetzung - auf großes Interesse stieß. Wie macht man nach solch einem Erfolg also weiter? Man denkt sich ein neues Konzept aus, wirft die Gedanken an das letzte Projekt über Bord und legt mit frischer Energie los.


So jedenfalls muss es gewesen sein, denn das neueste Studioalbum der deutschen Artrockspeerspitze setzt noch mal einen drauf. Allerdings macht das Cover des neuen Albums, das den Titel „Wanted“ trägt, nicht gerade den Eindruck zu neuen Ufern aufbrechen zu wollen. Da blicken einen die fünf Musiker wie von Verbrecherfotos aus an. Das könnten in der Tat Fahndungsfotos sein. Aber der Schein trügt, denn im Innern verbirgt sich wieder ein musikalischer Hochgenuss.

Thematisch beschreibt der Pressetext das neue Album, bei dem es um die totale Befreiung des Geistes geht, so: RPWL erzählen vom Held zweier Welten, Giuseppe Garibaldi, der als großer Bewunderer der griechischen Antike auf eine Schriftrolle Platons aufmerksam wurde, in der sich selbiger mit den Arbeiten des Hippokrates auseinandersetzt. Aus den Tagebüchern Garibaldis geht hervor: Hippokrates hatte tatsächlich die Rezeptur für eine Medizin gefunden, die den Geist in eine reale absolute Welt führt, frei von allen Illusionen und unsichtbaren Geisterwelten. Die Frage die sich dabei jedoch unweigerlich stellt; ist die Menschheit für dieses, wie Platon es formulierte, „Geschenk der absoluten Freiheit“ bereit?

Die Handlung von „Wanted“ beginnt dann einige Tage vor dem großen Tag: Platon’s Day. Die Angst der Gegner wächst zunehmen, schließlich weiß niemand, wann die Trugbilder und Illusionen für immer aus den Köpfen der Menschen getilgt sein werden. Mit den zehn Songs auf „Wanted“ konstruieren RPWL sodann atemberaubende Klangwelten und erzählen eine fesselnde Geschichte von Courage, Zweifel, Mut, dem unbedingten Willen, sich nie zu beugen und letztendlich dem Glauben an das Richtige.

Diese Geschichte haben sie in Musik gegossen, die wieder vom ersten Moment an fasziniert. So beginnt die CD mit dem instrumentalen Opener „Revelation“, der zunächst nicht gerade typische RPWL-Klänge aufweist. Pulsierende elektronische Sounds die den Hörer elektrisieren, haben etwas Marsch artiges in die dann harte Gitarren und ein trockenes Schlagzeug einsetzen. Voluminöse und hymnische Keyboardsounds vervollständigen dann das Bild und Geräuschsamples von betenden und sich aufbäumenden Menschen machen sich breit. Dann ziehen RPWL, getrieben von Werner’s Bass, die Dynamik an. Das klingt eine Spur nach Bands der Marke Porcupine Tree. Nach gut zweieinhalb Minuten gehen Akustikgitarre und Mellotronsounds eine Liaison ein und danach dröhnt fetter Rock mit 70’er Jahre-Einschlag, der in typische RPWL-Melodien übergeht, aus den Boxen. Wow, was für ein intensiver Anfang!

Eine fette Basslinie zu marschierenden Personen weist in den ersten Song „Swords And Guns“ ein. Hier singt Yogi zunächst noch recht düster und dunkel. Doch sobald er seine normale Gesangsstimme annimmt breitet sich dieses unwiderstehliche RPWL-Gefühl über den Hörer aus. Sofort hat die Band den Hörer im Griff und lässt ihn nicht mehr los. Klasse ist hier auch der fette Bassrhythmus, den Werner Taus spielt, der sehr gut abgemischt ist und so dem Stück den nötigen Druck und eine gewisse Bedrohlichkeit verleiht.

Von ihrer atmosphärischen Seite zeigt sich die Band dann im instrumentalen Zwischenspiel „A Clear Cut Line“. Dieses geht dann nahtlos in das hinreißende Titelstück über. Dass ist mal wieder ein Stück, das sich in die Köpfe der Musikfreunde brennen wird. Die herrliche Melodie und der sich festsetzende Refrain werden diesen Song zu einem Klassiker der Band machen.

Die weiteren Stücke halten die hohe Qualität des Albums aufrecht und enthalten an der ein oder anderen Stelle auch wieder Verweise auf die Vorbilder der Münchener wie zum Beispiel in „Misguided Thought“, bei dem im Instrumentalteil eine gehörige Portion Pink Floyd durch den Raum schwebt. Und auch der Song „Perfect Day“ hat das Zeug zum Evergreen der Band zu werden.

Das Album wird es als Doppel-Vinyl, als normale CD-Ausgabe sowie als Limited Edition mit zusätzlichem Silberling im 5.1 Surround-Sound geben.

Mit „Wanted“ haben RPWL nicht nur die schwere Aufgabe gemeistert, nach ihrem viel beachteten Konzeptwerk einen würdigen Nachfolger zu schaffen, nein sie haben eines ihrer besten Alben aus der Taufe gehoben. „Wanted“ ist ein Muss für alle Freunde des Art- und Progrssive Rock. Es wird nach diesem Album schwer sein die Band von ihrem Thron zu stoßen. Im April 2014 werden RPWL dann das Werk auch auf die Bühne hieven und unter Beweis stellen, dass die Songs auch live abgehen. Hohe Empfehlungsstufe!

Stephan Schelle, Januar 2014

   

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