RPWL – The Gentle Art Of Music

RPWL – The Gentle Art Of Music
Gentle Art Of Music / Soulfood Music (2010)
(22 Stücke, 132:56 Minuten Spielzeit)

Die Art- und Progressive-Rockband RPWL, die für mich zum Besten gehört, was wir in Deutschland musikalisch am Start haben, feiert ihr mittlerweile zehnjähriges Bestehen. Und das sie nicht nur für mich zu den deustchen Topacts zählen, zeigen die guten Verkäufe ihrer bisherigen Alben und die Tatsache, dass sich mittlerweile weltweit eine Fangemeinde zusammengefunden hat. Grund genug für die Freisinger dieses Jubiläum gebührend zu feiern. Und wie macht man das? Na klar, man feiert mit den Fans auf einer Tour.


Doch die verbliebenen Gründungsmitglieder Yogi Lang (Gesang, Keyboards), Kalle Wallner (Gitarren) und Chris Postl (Bass) sowie Markus Jehle (Keyboards, Piano) und Marc Turiaux (Schlagzeug) legen darüber hinaus noch ein neues Album vor, das zwar hauptsächlich altes Material enthält aber teilweise in unglaublichen Versionen präsentiert.

Am 26.03.2010 erscheint mit „The Gentle Art Of Music“ nicht nur das Jubiläumsalbum als DoppelCD, es ist auch gleichzeitig das neunte Werk unter dem Namen RPWL. Zuvor waren sie als Pink Floyd-Coverband gestartet und hatten unter Violet District das Album „Terminal Breath“ veröffentlicht. Darüber hinaus haben die Jungs auch gleich ein eigenes Label mit dem Namen Gentle Art Of Music gegründet, mit dem sie nun die Geschicke in ihrer eigenen Hand halten. Was zunächst auffällt ist der Titel der CD, der doch stark an ihren Song „The Gentle Art Of Swimming“ erinnert. Und auch das Cover kommt den Kennern der Band nicht unbekannt vor, hatte doch das RPWL-Debüt „God Has Failed“ im Innenteil ein Foto, dass die damals vierköpfige Band in einem Kinosaal, ähnlich dem Titel der neuen CD zeigte.

Und auch wenn man sich die Titel der Stücke anschaut, die auf dem Doppelalbum enthalten sind, so findet man einige gute alte Bekannte. Doch RPWL wollen ihr Jubiläumsalbum nicht als reinen Rückblick betrachtet wissen, sondern vielmehr auch eine Vorschau auf die zukünftige Arbeit von RPWL legen. Dies tun sie vor allem durch zwei brandneue Stücke.

CD 1 ist als „Compilation“ betitelt und enthält insgesamt elf Stücke aus den bisherigen Studioalben in chronologischer Reihenfolge. Dadurch kann die Entwicklung der Süddeutschen Band recht gut nachvollzogen werden. Los geht es mit dem unwiderstehlichen, floydigen „Hole In The Sky“ (ein absoluter Klassiker der Band), über das fast schon kommerzielle „Roses“, bei dem als Gastsänger Ray Wilson agiert, bis hin zum treibend, rockigen „Choose What You Want To Look At“, das mit den floydigen Anfängen nicht mehr viel gemein hat.

Für Freunde und Kenner der Band ist aber der zweite Silberling eine echte Schatzkiste, denn hier finden sich einige Stücke der Band in völlig neuem Gewand. Das liegt vor allem an der Instrumentierung, die mal durch indische Instrumente, dann durch Violine, Saz, Cello, oder Saxophon stark beeinflusst wird. Aber auch der weibliche Gesang, der für RPWL-Songs ungewöhnlich ist, trägt hier einiges zu dem gelungenen neuen Anstrich der Songs bei. Beim Hören von Stücken wie „Sleep“, „Start The Fire“ oder „Breathe In, Breathe Out“ habe ich das Gefühl, dass die Jungs sich auf den wesentlichen Kern der Stücke zurückgenommen haben und ihn stilistisch einmal komplett durch die Mangel gedreht haben. Das ist äußerst spannend (man höre nur den arabisch / asiatischen Touch in „Sleep“) und führt bei mir wie bei „World Through My Eyes“, das wie aus tausend und einer Nacht ins derzeit kalte Deutschland herübergeweht kommt, zu einer unerwarteten Gänsehaut. Neben neun Stücken aus dem bisherigen Repertoire, darunter der auf dem „Stock“-Album enthaltene Hiddentrack „Moonflower“ gibt es auch noch mit „Cake“ und „Watching The World“ komplett neues Material.

Ein einziges Stück aus diesen neu arrangierten Songs hervorzuheben fällt mir äußerst schwer. Alle haben eine hohe Qualitätsstufe, die zeigt, welches Potenzial in den einzelnen Stücken steckt. Knackige Rockmusik ist das zwar nur noch am Rande, dafür dominieren ethnische Weltmusikelemente, die es aber Faustdick hinter den Ohren haben. Wer beispielsweise „Start The Fire“ kennt, der wird erstaunt sein, mit welcher Melancholie dieser Song nun aus den Boxen strömt. Hier sorgen vor allem die klassischen Instrumente wie Violine und Viola für diese Atmosphäre. Auch hier ist Gänsehaut garantiert.

Das RPWL zur Speerspitze des deutschen Art- und Progressiverock gehören, zeigen sie auf dieser Werkschau ihres bisherigen Schaffens auf eindrucksvolle Weise. Für Neueinsteiger eignet sich das Album ganz hervorragend, bietet es doch Songs aus den bisherigen Veröffentlichungen. Und auch die Fans werden an diesem Doppelpack ihre Freude haben, dafür sorgt die zweite CD mit ihren umarrangierten Tracks. Wer die Musiker kennt, der wusste zwar immer schon, dass sie vielseitig sind, aber beim ersten Hören des zweiten Silberlings wird sich so mancher verwundert die Ohren reiben. Es ist RPWL aber gelungen ihre neuen Versionen auf einem äußerst hohen qualitativen Niveau zu präsentieren. Da zeigt sich deutlich, dass sie ihr Handwerk verstehen und ein Gespür für Sounds und Melodien haben. Und auch soundtechnisch hält das Werk den höchsten Ansprüchen stand, dafür hat wieder mal Yogi Lang gesorgt. Aus meiner Sicht liefern RPWL mit „The Gentle Art Of Music“ ein Pflichtwerk ab. Behalten sie den bisherigen Standard aufrecht, wird die Band problemlos das nächste runde Jubiläum feiern.

Stephan Schelle, März 2010

   

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