Ritual - The Hemulic Voluntary Band

Ritual – The Hemulic Voluntary Band
insideout/spv (2007)
(6 Stücke, 53:04 Minuten Spielzeit)

Das schwedische Art-/Progrockquartett Ritual veröffentlicht am 31.08.2007 mit der CD „The Hemulic Voluntary Band“ ihr mittlerweile viertes Studioalbum. Das Cover zieren vier etwas schräge Vögel mit ihren Instrumenten. Und genau hier liegt der Bezug zu dem ungewöhnlichen Albumtitel, denn die Figuren stammen aus den Kinderbüchern von Tove Jansson über die Mummins (kenne ich aus meiner Kindheit noch aus dem Fernsehen als Zeichentrickfilm). In einem dieser Bücher kam auch eine Band vor, die sich The Hemulic Voluntary Brass Band nannte. Dieser Name gefiel der Band so gut, dass sie ihn für die neue CD verwandten.


Die Musik der vier Schweden Patrik Lundström (Gesang, Gitarren), der auch Mitglied der schwedischen Band Kaipa ist, Jon Gamble (Keyboards, Harmonium, Harmonika, Gesang), Fredrik Lindqvist (Bass, Busuki, Mandoline, Flöten) und Johan Nordgren (Schlagzeug Perkussion) zu beschreiben, ist nicht leicht, denn sie lässt sich kaum in eine Schublade stecken. Gleich der Titeltrack, mit der die CD beginnt klingt ein wenig schräg mit einer Mixtur aus Yes, King Crimson und gehörigen Folkeinflüssen. Das ist so schräg, dass es eine ungeheure Anziehungskraft entwickelt. Man höre sich nur den ungewöhnlichen, nach mittelalterlicher Trommel klingenden Schlagzeugeinsatz an. Die von Patrik gespielte Gitarre kommt darüber hinaus einem Steve Howe sehr nahe.

„In The Wild“ ist mit seiner eingängigen Melodie und seinem treibenden Rhythmus für Prog-Fans ein Schmankerl. Auch die Pianolinie im Refrain ist nicht von schlechten Eltern denn, sie schmeichelt sich, nach den ersten vertrackten Tönen, sehr schön ins Gehör ein.

Etwas beatlesk kommt die Ballade „Late In November“ daher. Durch Flöte und Geigenähnliche Klänge wird das Stück auch noch mit einer großen Portion Folk gewürzt. Ein sehr verträumter Track und gleichzeitig Ruhepunkt nach den ersten beiden recht vertrackten Songs. Bei „The Groke“ finden sich so viele Anleihen und Einflüsse, dass ich sie nicht beschreiben kann. Vieles kommt mir bekannt vor, wird aber zu einer Gesamtheit vermengt, die daraus etwas ganz spezielles macht.

„Waiting By The Bridge“ ist ein Stück, dass mit einer funkigen Gitarre gewürzt ist und bei dem ich an manchen Stellen an eine Mixtiur aus Musical und ausgeklügeltem Yes-Format denken muss. Das Kernstück der CD ist der letzte, mit über 26 Minuten Spielzeit längste Titel „A Dangerous Journey“. Auf ihm zeigt die Band ihre ganze Bandbreite. Mit Gitarren, die mich an die frühen Genesis (Anthony Phillips oder Steve Hackett) erinnern startet der Longtrack. Wie für einen guten progressiven Longtrack üblich, finden sich auch bei diesem Stück alle Elemente wie Tempo- und Melodiewechsel sowie vertrackt angelegte Passagen wieder. „A Dangerous Journey“ hat alles, was ein Progsong braucht, dazu hält es auch noch reichlich Folkelemente bereit.

Ritual ist mit ihrem neuen Werk eine ganz außergewöhnliche Mischung von Rock, Folk, Weltmusik mit einigen jazzigen Elementen gelungen, die durch ihren ungewohnten Sound das Hirn freischaufelt. Rituals Musik will nicht mal eben nebenbei gehört werden, dafür ist sie viel zu filigran und vielschichtig. Man muss sich auf diesen Rausch an Tönen einlassen, dann wird man seine rechte Freude daran finden. „The Hemulic Voluntary Band“ ist ein wirklich tolles Album geworden, dass reichlich Ecken und Kanten besitzt und an der ein oder anderen Stelle auch ein wenig schräg daherkommt. Aber genau das macht den Reiz dieses Albums aus.

Stephan Schelle, Juli 2007

   

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