Retrospective – Latent Avidity
Progressive Promotion Records (2019)

(8 Stücke, 48:53 Minuten Spielzeit)

Die aus Polen stammende Band Retrospective hat sich mittlerweile in der Progressive/Artrock-Szene fest etabliert. Davon zeugen ihre bisherigen drei Alben. Album Nummer 4 ist am 27.09.2019 erschienen und trägt den Titel „Latent Avidity“. Aus dem Sextett ist nun ein Quintett geworden, denn bis auf Gitarrist Alan Szczepaniak sind noch alle an Bord.  


Die Band besteht derzeit aus Jakub Roszak (Gesang), Beata Łagoda (Keyboards, Gesang), Maciej Klimek (Gitarren), Łukasz Marszałek (Bass) und Robert Kusik (Schlagzeug). Mit ihrem neuesten Werk haben Retrospective noch mal einen drauf gesetzt, denn ihr Sound und die Melodien auf den sieben Songs (der erste Track ist lediglich eine Overtuere von knapp einer Minute) sind sehr eingängig und setzten sich schnell im Ohr fest.

Die CD beginnt mit „Time“, das von atmosphärischen Sounds und einem Uhrenticken bestimmt wird. Richtig los geht es dann im zweiten Stück „Still There“, das mit druckvollen Rhythmen beginnt. Schon in diesem ersten Song wird deutlich, dass sich Retrospective treu geblieben sind und ihren Progsound mit eingängigen Gesangsharmonien, tollen Melodien und teils weitläufigen Gitarrenriffs verziert haben. Zwischendurch erhöhen sie auch mal den Härtegrad sowohl vom Sound als auch vom Gesang, ohne aber die Eingängigkeit zu unterdrücken.

AOR-mäßig geht es dann im nächsten Song „Loneliness“ weiter, bei dem auch einige Sounds klingen als hätte sie Frank Borneman (Eloy) komponiert. Eine Prise Hardrock wird dem Song „The Seed Has Been Sown“ spendiert, was recht gut ins Gesamtbild passt, denn die tollen Riffs sorgen für harmonisches Progfeeling. Dem folgt dann mit „Stop For A While“ eine sanfte Ballade.

Fast schon Poprockartige Rhythmen finden sich in „In The Middle Of The Forest“, das sich aber immer noch im Prog bewegt. Für Freunde der melodischen Progvariante ist das genau der richtige Stoff. Richtig gut ab geht dann „Programmed Fear“, das vom Rhythmus nach vorn getrieben wird und eine unwiderstehliche Melodie besitzt.

Als Abschluss haben sich Retrospective mit „What Will Be Next?“ einen 10:41minütigen Longtrack ans Ende der CD gesetzt. Hier kommen u. a. Pink Floyd artige Sounds auf. Das ist bester Prog mit ausufernden Soli und wechselnder Struktur.

Mit „Latent Avidity“ ist der polnischen Band Retrospective wieder ein sehr schönes Album gelungen, das nur so vor Melodien strotzt. Wer allerdings auf vertrackte Rhythmik und Strukturen setzt, der liegt hier falsch. Retrospectives neuestes Werk hält erneut den qualitativen Standard und zeigt, das die Band zur Speerspitze des polnischen Art-/Progressive Rock zu zählen ist.

Stephan Schelle, Oktober 2019

   

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