Reflection Club
- Still Thick As A Brick Reflection Club nennt sich eine neue Band um den in Berlin wohnhaften Multiinstrumentalisten Lutz Meinert (Tasteninstrumente, E-Bass, Kontrabass, Glockenspiel, Vibrafon, Schlagzeug, Perkussion). Im Jahr 2014 veröffentlichte er mit seiner Band Margin das Album „Psychedelic Teatime“. Seit 2017 hat er sich dann zusammen mit dem deutschen E-Gitarristen Nils Conrad (Crystal Palace, For Your Pleasure), der amerikanischen Flötistin Ulla Harmuth und dem englischen Sänger, Akustikgitarristen und Flötisten Paul Forrest (Jethro Tull Experience, Dayglo Pirates) seinem ambitionierten Progressive-Rock-Projekt Reflection Club gewidmet. Ergebnis ist das Album „Still Thick As A Brick“. |
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Das
der Sound in vielen Passagen sehr nahe an den von Jethro Tull heranreicht,
ist u. a. auf Nils Conrad zurückzuführen, dessen Gitarrenspiel an das
von Martin Barre herankommt. Daneben sorgt Paul Forrest, der Mitglied der
Jethro Tull-Coverband Jethro Tull Experience ist, mit seinem Gesang, der
in unmittelbarer Nähe von Ian Andersons Stimme liegt, sowie seinem
Akustikgitarrenspiel für bestes Tull-Feeling. Das Einzige was zur
Illusion eines verloren gegangenen Jethro Tull-Albums fehlt ist das
markante Flötenspiel von Ian Anderson, der immer wieder in sein
Instrument hineinatmet und sein Spiel mit stimmlichen Tönen verziert.
Ulla Harmuth geht da einen etwas anderen Weg, denn ihr Spiel ist sehr
sauber. Der Unterschied fällt im Gesamtkontext aber nicht groß auf,
vielmehr fügt sich ihre Interpretation perfekt in die Stücke ein. Eine
kleine Anspielung machen Lutz & Co. dann auch gleich schon auf dem
Cover. Während bei Jethro Tulls „Thick As A Brick“ der Protagonist
der fiktive Gerald Bostock war, kommt bei Reflection Club’s Album ein
gewisser Finanzmogul George Boston vor. So
heißt es auf dem Cover im „Aufmacher“: Was
haben der verschollene legendäre Finanzmogul George Boston und der
bekannte Rellingtoner Prog-Musiker Lutz Meinert miteinander zu tun? Eine
Antwort könnte das am 3. März 2021 erscheinende Debütalbum „Still
Thick As A Brick“ vom neu gegründeten Reflection Club bieten. Was
dahinter steckt und warum das komplette Album dieser Ausgabe noch vor dem
offiziellen Veröffentlichungstermin kostenlos beiliegt, ist ausführlich
den folgenden Seiten zu entnehmen. Eins sei schon vorweggenommen, selten dürfte
ein Debüt so einen starken Wirbel entfacht haben. Und nicht umsonst ist
es unser Album des Monats geworden... Da sieht man gleich, das Lutz
Meinert, der das Album in Eigenregie erstellt (alles komponiert,
arrangiert, gemischt und produziert) und quasi vorfinanziert hat, von
seinem Werk überzeugt ist. Und gleich vorweg: das kann er auch sein, denn
ihm und seinen Mitmusikern ist ein wirklich hervorragendes Werk gelungen. Thematisch
geht es in dem Konzeptalbum um George Boston, der auf seine berufliche
Karriere im Haifischbecken der Finanzbranche zurückblickt. Dabei werden
die Gepflogenheiten von globalen Finanzplayern und ihrem skrupellosen
Streben nach Mehr dargestellt. Das lässt sich aber auch durchaus auf
viele andere große Firmen in unserer Marktwirtschaft übertragen, man
denke nur an die Automobilindustrie. Das
Album ist in elf Parts unterteilt, die aber alle nahtlos ineinander übergehen,
so dass ein nahezu 48minütiger Longtrack entstanden ist. Ich empfehle
auch das Album in einem durchzuhören, nur so entfaltet es seine ganze
Strahlkraft. Und die ist wirklich außergewöhnlich. Musikalisch
wird ein grandioser Stilmix aus Rock, Prog, Folk, Jazz, klassischer Musik
und ethnischen Elementen geboten. Beginnend mit dem instrumentalen
„Prelude“ bis zum letzten Part „Look Across The Sea“ ist man von
diesem Album gefesselt. Es finden sich keine frickeligen Passagen darin,
vielmehr sind alle Parts hoch melodisch und von tollen Soli durchzogen. Das
Album beginnt mit dem zweiminütigen „Prelude“, einer Ouvertüre mit
leicht klassischem Ansatz. Ein sehr schöner Einstieg, bei dem Streicher
und Orgelsounds zunächst für einen Retrotouch sorgen. Zum Ende hin geht
es dann mit einem richtigen Paukenschlag in den ersten Song „Time Out“
hinein. Schnell kommt Pauls Gesang auf, der sofort nach Ian Anderson
klingt und man ist sofort in diesem phantastischen Kosmos, den die Briten
auf ihrem 1972’er Prog-Klassiker erschaffen haben. Akustikgitarre und
Gesang sind wirklich unglaublich nah dran. Ein Song mit Ohrwurmcharakter,
der neben der Akustikgitarre vor allem durch die Querflöte seinen Reiz
besitzt. Recht proggig wird es dann mit einigen Breaks, die zwischen
ruhigen und druckvollen Passagen wechseln und von herrlichen Soli
durchzogen sind im 3:31minütigen, einem über weite Strecken
instrumentalen „Years On The Fast Track“. Einige
Stücke nehmen musikalische Motive aus vorangegangenen Stücken auf und führen
sie fort bzw. werden variiert – wie zum Beispiel in den beiden
aufeinander folgenden Stücken „The Foray Of The Sharks“ und
„Setimental Depreciation“ - sodass ein kompaktes Werk entsteht. Teils
werden auch jazzige Passagen eingebaut wie zum Beispiel im Song
„Neversoothers“. Das sollen nur einige Beispiele für das komplette
Album sein, das sich auf hohem Niveau bewegt. Das
Album kommt in einem Hardcoverbook mit einem 88seitigen Booklet daher. Die
ersten 16 Seiten füllen das Rellington Stone Magazin in einem
Hochglanzdruck, während die Inhalte ebenfalls in englischer Sprache noch
einmal auf 72 Seiten auf „normalem“ Papier und in größerer Schrift
gedruckt wurden. Darin sind auch zahlreiche Fotos, Infos zu den Musikern
und die Songtexte enthalten. Das Album liegt sowohl auf CD, als auch auf
DVD vor. Die DVD bietet dabei Versionen in PCM 96/24 Stereo, dts Digital
5.1 Surroundsound und AC3 Dolby Digital 5.1 Surroundsound. Klanglich ist
der Surroundsound ganz hervorragend gelungen. Das Besondere an der DVD ist
aber, dass sich Lutz Meinert so viel Mühe gemacht hat der Musik einen
Film, bestehend aus sehr ansprechenden und passenden Fotos beizufügen.
Mal sieht man die gerade gespielten Instrumente, dann wieder tolle Fotos
die vom Stil her an Bilder von Hipgnosis erinnern. So haben sie die Story
mit den Bildern perfekt visualisiert. Damit hebt sich das Produkt
erheblich von anderen ab, bei denen meist nur Standbilder oder eine sich
wiederholende Diashow mit wenigen Fotos geboten wird. Hut ab vor soviel
Perfektion. Jetzt wird es sicherlich Stimmen zum Album geben die es als reines Plagiat abstempeln, doch aus meiner Sicht ist dem Progressive-Rock-Projekt Reflection Club um Multiinstrumentalist Lutz Meinert mit dem Album „Still Thick As A Brick“ ein grandioses Werk gelungen. Er und seine Musiker/in sind mit viel Herzblut an die Sache herangegangen und haben ein Meisterwerk erschaffen, das die Strahlkraft des 1972’er Tull-Albums besitzt. Wer die Musik von Jethro Tull und vor allem das Album „Thick As A Brick“ mag, der wird dieses Album lieben - sofern er sich vom Gedanken des Plagiats befreit. Ein absolutes Highlight ohne jegliche Schwachpunkte. „Still Thick As A Brick“ gehört für mich schon jetzt in die Auswahl zum Album des Jahres. Das Album erscheint neben der CD-Version im Harcoverbook auch in einer auf 500 Exemplare limitierten Vinylausgabe. Sie enthält das Album auf blauem Vinyl sowie die CD und die DVD ebenfalls in Papphüllen. Darüber hinaus wurde der Ausgabe das Rellington Stonemagazin in einer hochformatigen Druckausgabe spendiert. Ein
umfangreiches Interview mit Lutz Meinert findet ihr hier. Stephan Schelle, Januar 2021 |
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