Poor Genetic Material – Here Now
QuiXote-Music (2020)
(6 Stücke, 45:13 Minuten Spielzeit)

Zwar hat es vier Jahre gedauert bis die deutsche Band Poor Genetic Material auf ihr 2016’er Werk „Absence“ mit „Here Now“ einen Nachfolger veröffentlicht hat, doch das Warten hat sich gelohnt. Das LineUp ist in diesem Zeitraum konstant geblieben, was dem Sound sichtlich gut tut, denn die Band hat einen eigenen Stil entwickelt, der sich kaum mit einem anderen Act vergleichen lässt. 


Philip Griffiths (Gesang), Martin Griffiths (Gesang), Stefan Glomb (Gitarren), Philipp Jaehne (Keyboards), Pia Darmstaedter (Flöte), Dennis Sturm (Bass) und Dominik Steinbacher (Schlagzeug, Backgroundgesang) haben mit „Here Now“ erneut ein eindrucksvolles Album eingespielt.

Das Album erscheint als CD in einem vierseitigen Papersleeve und enthält nur spärliche Informationen. Daneben wird es auch noch eine digitale Version sowie eine limitierte Auflage auf Vinyl geben. Sechs Songs enthält das Album von denen „The Garden“ mit seiner Spielzeit von 13:15 Minuten das Kernstück des Albums ist. Die restlichen Stücke bringen es dann auf Laufzeiten zwischen 3:45 und 9:34 Minuten.

Textlich beleuchten „Absence“ und „Here Now“ zwei - nur auf den ersten Blick widersprüchliche - Seiten derselben Medaille: Während sich „Absence“ auf die Erfahrung von Vergänglichkeit und Verlust konzentrierte, betont „Here Now“ das immer Präsente eines jeden Augenblicks. So sind wir zwangsläufig verhaftet im Hier und Jetzt.

Poor Genetic Material beginnen gleich mit dem 4:48minütigen Titelstück recht rockig. Gitarre und Keyboards legen einen sehr harmonischen Melodieteppich, der von Dominik und Dennis vorangetrieben wird. Ein toller Opener mit frischen Sounds und markantem Bass. In die gleiche druckvolle Kerbe schlägt auch das 3:34minütige „Serendipity“, das sehr flott aus den Boxen schallt.

Die beiden Siebenminüter „The Waiting Game“ und „Note From My Younger Self“ beginnen zunächst sanft, verträumt und teilweise mit elektronischen Retrosounds. Nach etwas mehr als einer Minute entwickeln sich daraus aber eingängige, fesselnde Rocksongs mit herrlichen Instrumentalpassagen.

Das in fünf Parts unterteilte „The Garden“ (die fünf Teile lassen sich allerdings nicht einzeln anwählen) ist nicht nur Kernstück des Album, bei dem ex-Beggars Opera-Sänger Martin Griffith den Leadgesang übernimmt (was hat dieser Mann noch für eine unglaubliche Stimme!!!), sondern auch ein hammermäßiger Longtrack, der zeitweise für Gänsehaut sorgt. Vor allem in den Instrumentalpassagen und dem Part ab Minute 4:10, wenn die Keyboards eine unwiderstehliche Grundlage bieten (erinnern mich im Songverlauf ein ums andere Mal an Sounds von Kraftwerk), auf denen dann Gesang und Schlagzeug magische Momente erzeugen, gehen einem Ohr und Herz auf. Aber auch der Rest des Songs fesselt von der ersten bis zur letzten Minute.

Recht orchestral beginnt der 9:34minütige Abschlusssong, bei dem Pia Darmstaedter mit ihrem Flötenspiel so manche Gänsehaut erzeugt. Nach einem recht ruhigen Beginn verwandelt die Band dann nach etwas mehr als einer Minute den Song in einen druckvollen, atmosphärischen Track. Während das Schlagzeug den Song kraftvoll untermauert, erzeugen Philip, Martin und Dominik mit ihrem Satzgesang ein ziemliches Volumen. Keyboard und Flöte sorgen dann wiederum für die ruhigen, melancholischen Momente.

Mit dem neuesten Output „Here Now“ beweisen Poor Genetic Material eindrucksvoll, dass sie zur Elite der deutschen Art- und Progrockbands gehören. Ein tolles Album, das nur so vor Melodien und frischen Sounds sprüht. Und auch stimmlich können Vater und Sohn Griffiths auf ganzer Linie überzeugen.

Stephan Schelle, September 2020

   

CD-Kritiken-Menue