The Perc Meets The Hidden Gentlemen – Telegram From The Meantime

The Perc Meets The Hidden Gentleman – Telegram From The Meantime
Sireena / Fenn Music (2008)
(18 Stücke, 76:06 Minuten Spielzeit)

The Perc Meets The Hidden Gentleman ist das Projekt, hinter dem sich die beiden Musiker Tom Redecker (er ist auch u. a. mit The Electric Family und Taras Bulba unterwegs) und Emilio Winschetti verstecken. Bereits seit 1988 gehen die beiden gemeinsame musikalische Wege, die sich auf mittlerweile sechs Alben widerspiegeln. Am 13 Juni 2008 ist die Zeit reif, für eine Werkschau, die einen Einblick in das Schaffen der beiden gibt. Das Ergebnis daraus heißt „Telegram From The Meantime“.


Auf dem Cover des Albums „The Fruits Of Sin & Labor“, das im Jahr 1990 erschien, waren die beiden mit geschlossenen Augen und bedeckt von Spinnweben zu sehen. „Telegram From The Meantime“ nimmt dieses Motiv erneut auf und zeigt die beiden gereifter, mit geöffneten Augen, aber trotzdem mit Spinnweben überzogen. Die Aufmachung der CD ist sehr liebevoll gestaltet. Das zwölfseitige Booklet ist als Faltposter gestaltet, in dem viele Bilder, Coverablichtungen und Informationstexte zu finden sind. Die CD ist im sehr schönen Vinylart gestaltet.

Von den insgesamt 18 Stücken sind 16 bereits auf vorangegangenen Alben erschienen, zwei gar bisher unveröffentlicht. Los geht es mit „Niteride“, das aus dem Jahr 1988 stammt und hier in der remixten Version aus 1992 vorliegt. Neben „The Fleece (Yomano Mix)“ ist dies einer der bisher unveröffentlichten Stücke. Mit seiner eingängigen Melodie (fast schon poppig) und dem gut strukturiertem Rhythmus gehört das Stück zu meinen Favoriten des Albums. Tom’s markanter Gesangsstil prägt sofort den Titel, obwohl er hier sehr gut ins Gesamtbild passt, ohne zu dominant zu wirken.

Es folgen weitere Titel aus der Geschichte des Projektes. Fast elektronischen Pop der 80’er im Downtempobereich bietet „Respect & Devotion Part One“, während „Viveca“ durch Akustikgitarre und Geige eine amerikanische Cajun-Atmosphäre herbeiführt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Hier wird Tom’s Gesang schon eindringlicher. Das klingt so amerikanisch, wie es nur sein könnte. Einen Europäer bzw. deutschen würde man hinter dem Song nie vermuten.

Auch „Melkweg Baby“ geht aufgrund des etwas rockigen Rhythmus und der eingängigen Melodie sofort ins Ohr. Und „Body Language“ ist ein Song, der anfangs etwas von Gazebo’s „I Like Chopin“ hat (hoffentlich werde ich für diesen Vergleich jetzt nicht erschlagen), ohne in dessen Belanglosigkeit abzudriften. Es wird auch schnell dieses Fahrwasser verlassen und ein zwar eingängiger aber manchmal auch schräger Song entwickelt sich.

„The Fleece“ wurde von Volker Kahrs aka Yomano remixt. Wer die Solostücke von Yomano kennt, der erwartet nun ein sehr elektronisches, meditatives Stück, doch dem ist nicht so. Zwar finden sich einige elektronische Instrumente in dem Stück wieder, doch klingt es eher wie das Ergebnis einer Band, als nach einem elektronischen Remix.

„Respect & Devotion Part Two“ bietet am Anfang einen elektronischen Beat, der stark an Trio’s „Da, da, da“ erinnert. Auch hier wird, wie schon im Part One elektronischer Beat im Stile des Electropop bzw. Wave der 80’er geboten (eine Mixtur aus The Cure und New Order etc.).

Die Musik und der Gesang auf dem Album wandern zwischen amerikanischem Singer/Songwriter und Wave der 80’er. Wobei der Wave nur angedeutet ist und eine dezente Note in den Stücken verbreitet. Das sind aber nur einige der Zutaten, die sie in ihrer Musik verarbeiten. Die Musik ist so speziell und einzigartig, dass man sie eigentlich keiner Sparte zuordnen kann. Allerdings hat sie aber einen sehr hohen Wiedererkennungswert.

Neben Tom und Emilio haben weitere Musiker aus solch bekannten Bands wie Philip Boa’s Voodoo Club, Kastrierte Philosophen, Donna Regina oder Grobschnitt (bei letzterer Band war Volker Kahrs aka Yomano lange Jahre an den Tasten tätig) an so manchem Instrument ausgeholfen. Vielleicht liegt es daran, dass die einzelnen Stücke sehr kompakt wirken und nach einer Band und nicht nach einem Studioprojekt klingen.

„Telegram From The Meantime“ gibt einen guten Überblick über die aus sechs Alben bestehende Zusammenarbeit von Tom Redecker und Emilio Winschetti. Ein Album, das aufgrund seines außergewöhnlichen Sounds eine hohe Ausstrahlungskraft besitzt.

Stephan Schelle, Juni 2008

   

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