Parzivals Eye - Defragments
Gentle Art Of Music / Soulfood Music (2015)

(10 Stücke, 69:50 Minuten Spielzeit)

Chris Postl, Ex-Bassist der deutschen Artrockgröße RPWL, veröffentlichte im Jahr 2009 mit „Fragments“ sein Solodebüt. Mit diesem Debüt schlug er nahtlos in die Kerbe, die auch RPWL so erfolgreich und beliebt machte. Sechs Jahre hat es gedauert bis nun endlich der Nachfolger am 17.04.2015 unter dem Titel „Defragments“ erscheint. 


Dass er es sich zu einfach machen würde, kann man Chris Postl wahrlich nicht vorwerfen. Der Ex-RPWL-Bassist weiß sehr gut, was sein Publikum erwartet: „Prog-Fans beschäftigen sich sehr intensiv mit der Musik. Diesem Anspruch galt es gerecht zu werden.“ Er meißelt so lange an der Musik, bis sie seiner Vision entspricht. Der Multiinstrumentalist hat zwar die meisten Instrumente seiner beiden Alben selbst eingespielt, mitgewirkt haben zuletzt aber auch einige hochkarätige Gäste, darunter Star-Gitarrist Ian Bairnson (Alan Parsons, Kate Bush), Christina Booth (Magenta) oder Alan Reed (ex-Pallas), um nur einige zu nennen.

Neben acht Eigenkompositionen finden sich mit „Two Of Us“ vom 1975’er Supertramp-Album „Crisis? What Crisis?“ sowie „Long Distance“ (im Original „Long Distance Runaround“ vom 1972’er Yes-Album „Fragile“) zwei Coverversionen auf „Defragments“. Diese stellen quasi eine Verneigung vor den Originalen dar, denen Chris aber einen eigene Note verpasst.

Das Chris Gründungs- und langjähriges Mitglied von RPWL war, lässt sich schon im eröffnenden Longtrack „Reach The Sky“ erkennen. Dieser Song steht ganz in der Tradition der Münchner Prog-/Artrockband. Zahlreiche musikalische Zitate großer Bands finden sich darüber hinaus in diesem zwölfminütigen Song, der schon eine Offenbarung ist. Ein tolles abwechslungsreiches Stück, bei dem man sich als Prog-/Artrock-Freund sofort zu Hause fühlt.

Rockiger wird es dann im zweiten Stück „Liar“, das auch einige recht beatleske Phasen enthält, so wie man es auch schon bei RPWL gehört hat. „Out On The Streets“ ist ein herrlich verträumtes und sanftes Stück, bei dem einigen Tonfolgen an Alan Parsons „Eye In The Sky“ erinnern.

Christina Booth, Sängerin der Band Magenta hat eine ausdrucksstarke, unter die Haut gehende Stimme. Diese setzt Chris bei der Coverversion „Long Distance“ ein, das in dieser Fassung zu einer sanften Akustiknummer wird. Christina’s Stimme passt perfekt zur Neuinterpretation des Yes-Klassikers. Und auch Supertramp’s „Two Of Us“ macht Christina mit ihrer wunderbaren Stimme zu einem Gänsehautsong. Dabei legt sie so viel Sehnsucht in ihren Gesang, dass man ihr überall hinfolgen würde.

Das fast zehnminütige „Walls In My Mind“ hat Chris um einige Geräuschsamples bereichert, die aus dem Stück eine spannende Geschichte machen. Neben Folk finden sich Prog-, Artrock und Elektronik in diesem Stück wieder. Damit, und auch mit den anderen Stücken, liegt er nahe am Sound von RPWL, was sicherlich ein Qualitätsmerkmal ist.

Das lange Warten hat sich gelohnt, denn mit „Defragments“ legt der aus Süddeutschland stammende Multiinstrumentalist Chris Postl einen würdigen Nachfolger seines Debüts und ein tolles Zweitwerk vor. Auch hier gilt, wie schon beim Debüt, wer die Musik von RPWL & Co. mag, der wird dieses Album ebenfalls lieben.

Stephan Schelle, März 2015

   

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