No-Man – Schoolyards Ghosts
 

No-Man – Schoolyards Ghosts
Snapper / spv (2008)
(8 Stücke, 52:57 Minuten Spielzeit)

Das Duo Steve Wilson (Porcupine Tree-Mastermind) und Tim Bowness legen nach gut fünfjähriger Pause ihr sechstes, offizielles Studioalbum mit dem Titel „Schoolyards Ghosts“ vor (es erscheint am 23.05.2008). Während Steve fast alle Instrumente spielt, steuert Tim seine unglaubliche Stimme bei. Sicherlich ist die markante Stimme von Tim recht gewöhnungsbedürftig. So gefiel mir sein Gesangspart auf dem Album "((speak))" nicht so gut, was sicherlich auch an einigen experimentellen Klängen auf dem Album lag. Dafür bestach er auf der No-Man-CD „Flowermouth“, für mich das beste Album des Duos. Wenn man sich aber erst einmal an diese Stimme gewöhnt hat, dann bohrt sie sich regelrecht im Hirn fest.


Obwohl die meisten Instrumente von Steve selbst gespielt werden, haben er und Tim sich doch einige Gastmusiker für die Produktion ins Studio geholt. Darunter sind der Pedal-Steel-Gitarrist Bruce Kaphan, Schlagzeuger Pat Mastelotto (King Crimson, Tuner) Bassist Colin Edwin (Porcupine Tree), Schlagzeuger Gavin Harrison (Porcupine Tree, King Crimson) und das London Session Orchestra.

Auf diesem Album (und bei No-Man generell) lebt Steve seine weiche Seite aus, denn die Stücke zeigen wenig harte Riffs, stattdessen wird bei No-Man der Fokus auf wunderbare Melodien gesetzt. Und so ist es auch bei dem neuen Album, das damit nahtlos an den Vorgänger „Together We’re Stranger“ anschließt. Schon das erste Stück „All Sweet Things“ glänzt mit seiner einfühlsamen Melodie und dem zarten Gesang in grenzenloser Schönheit. Tim wird dabei von Piano und Akustikgitarre begleitet. Dazu klingen im Hintergrund einige sanfte Synthiechöre. Zum Ende hin steigert sich das Stück dann, um abschließend in einen recht experimentellen Pianoteil zu enden. Ein Song zum dahin schmelzen. Auch das folgende „Beautiful Songs You Should Know“ legt sich mit einer sehnsuchtsvollen Zartheit im Gehör fest. Hier sind Akustik-, E-Gitarre, ein zurückhaltender Bass und eine durchgehende Perkussion das Fundament, auf dem Tim seine Stimme ausbreitet. In den Instrumentalparts kommt dann auch noch ein Cello hinzu, das die Sehnsucht noch weiter steigert. Das ist Musik, die direkt ins Herz geht.

Der „Pigeon Drummer“ beginnt sehr mystisch, fast so als sollte soundtrackartig eine Horrorszene vorbereitet werden. Und nach wenigen Momenten knallen sie uns einen Schlagzeugpart um die Ohren, der etwas Diabolisches hat. Der endet aber abrupt, um dann in eine sanftere Stimmung mit Tim’s Gesang überzugehen. Aber dieser mächtige, diabolische Schlagzeugpart wiederholt sich und setzt so einen Kontrapunkt in dem grundlegend sanften Song. „Truenorth“ ist mit fast 13 Minuten der längste Song auf dem Album. Hier wird zunächst wieder eine sanft/melancholische Stimmung erzeugt, in dem Steve eine Melodie auf dem Piano spielt, zu der Tim singt. Ein sehr proggiger Song, der verschiedene Melodie- und Rhythmuswechsel zeigt. Dazu bietet die Instrumentierung auch noch Querflöte, Oboen und Streicher. Tim’s Gesang ist hier absolut faszinierend, denn die Zartheit, mit der er ans Werk geht, sorgt für reichlich Gänsehaut.

Ein Countrysound (im balladesken Gewand) schleicht sich dann durch die Pedal-Steel-Guitar bei „Wherever There Is Light“ ein. Dazu werden noch wunderbare Geigensounds kombiniert. Hilfe, ich schmelze einfach nur dahin und bin fast wie benebelt. Wie soll man diese grazile Schönheit an Klängen eigentlich beschreiben?

Dem sehr elektronischen „Streaming“ folgt mit dem letzten Track „Mixtaped“ ein etwas jazzig angehauchter Song. Darüber hinaus wirkt er ebenfalls etwas experimentell.

Auch mit ihrem sechsten Album „Schoolyards Ghosts“ ist Wilson/Bowness ein beeindruckendes Werk gelungen, das ich ohne Vorbehalte empfehlen kann, da es nur so vor hinreißenden Melodien strotzt. Dazu der markante Gesang von Tim, der sich wieder magisch im Hirn festsetzt. Man klebt quasi vom ersten Ton an dieser Scheibe bzw. vor den Boxen. So hatte ich beim Eintreffen der Promo nur vor, mal kurz reinzuhören und ehe ich mich versah, war das Album schon durchgehört. Achtung Suchtgefahr!

Stephan Schelle, Mai 2008

   

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