microClocks – Opinions Are On Sale

microClocks – Opinions Are On Sale
Artist Station / Soulfood Music (2011)
(10 Stücke, 49:57 Minuten Spielzeit)

microClocks nennt sich ein neues Trio aus Nordrhein-Westfalen, das mit ihrer Debüt-EP „Circular Waves“ schon einige Preise einheimsen konnte und am 14.11.2011 mit dem ersten Longplayer auf den Markt kommt. Die CD trägt den Titel „Opinions Are On Sale“. Die Uhren unserer Gesellschaft ticken schneller und immer schneller. Wir gleichen einem rastlosen Haufen von Herbstblättern, der im Wind treibt, mit jedem Stoß ein neues Gefüge bildet und dabei seiner eigenen Unwissenheit folgt.


microClocks reflektieren in ihrer Musik eben jenes Ticken welches sich oft kalt, mechanisch und industriell anfühlt, und vermischen es mit dem vertrauten Pochen unseres Herzschlages. Elektronisch-treibende Rhythmen sind das Herzstück des modernen und dennoch tiefgründigen Electro Rocks der Gruppe aus Nordrhein-Westfalen. In ihnen schlägt der Puls unserer Welt – einer sich schnell veränderbaren Welt, in der Wertmaßstäbe zu Trenderscheinungen verkommen und Machtgefüge und Weltordnungen sich wie ein kalter Ostwind ändern und den Menschen ein Gefühl von Unsicherheit und Ausgeliefertheit einhauchen.

„Wie kann es sein, dass wenige Mächtige die Welt nach ihren Vorstellungen gestalten und den Rest der Menschheit zu ihren Zwecken lenken wie Zuchtvieh?“, fragen microClocks und setzen sich damit in ihrer Musik konstruktiv auseinander. „Darf der technische Fortschritt dazu genutzt werden, Menschen zu kontrollieren? Und muss man sich im Namen der Sicherheit unter Generalverdacht stellen lassen?“ Längst sind Szenarien, die noch vor zwei Jahrzehnten wie ein abgedrehter Science Fiction-Film auf uns gewirkt haben, Realität. Nie standen die Uhren so deutlich auf „fünf vor zwölf“, wenn es darum geht, inne zu halten und einmal kritisch über alles nachzudenken. „Es ist Zeit, sich zu wehren“, sagen microClocks daher ganz deutlich. „Warum haben wir uns das überhaupt alles gefallen lassen?“ Soweit der Pressetext.

Zehn Songs hat das Trio, bestehend aus den Musikern mit den Pseudonymen JT (Gesang, Schlagzeug und Programmierung), Stevie Jay (Keyboards) und Shapeshifter (Gitarren und Bass), auf ihrem Debüt-Longplayer vereint. Als weitere Gastmusiker wirken bei sechs Stücken am Bass noch Simon Wörpel und Hagen Utikal mit.

Die Musik von microClocks in eine Schublade zu packen ist nicht einfach. Aber der oben erwähnte Begriff Electro Rock trifft es eigentlich ganz gut denn die Musik ist von treibenden elektronischen Beats bestimmt, die irgendwo zwischen Industrial, Wave und Electropop mit einer gehörigen Portion kraftvollem Rock vermengt werden. Manchmal blitzen Sounds, die an Depeche Mode etc. erinnern auf, um dann aber gleich mit kraftvollem Rock aufgefüllt zu werden.

Gleich der Opoener „Hyperion“ zeigt in welche Richtung es geht, denn auf einem galoppierenden Rhythmus legen die drei Musiker elektronische Sounds und einen kraftvollen Gesang. Auch werden sägende Hardrockgitarrenläufe in den Song eingebaut. Das nimmt schnell gefangen und macht Spaß, auch wenn es verhalten düster klingt.

Nach diesem aufwühlenden tollen Einstieg folgt das Titelstück. Dieser Song dreht den Speed eine Stufe zurück. Hier wirken microClocks wesentlich straighter und dem melodischen Hardrock mit progressivem Touch verhaftet. Zunächst recht balladesk, mit einer sehr schönen Melodie kommt dann die „Revolution“ daher, die den Flair des 80’er Jahre Wave in die heutige Zeit transportiert. Im Refrain spendiert die Band dem Stück einen mitreißenden, rockigen, stampfenden Rhythmus.

Nach Electropop klingt dann „Is Anybody Out There?“. Der Song ist ziemlich glatt geschliffen und klingt sehr kommerziell. Ein Popsong, der sofort ins Ohr geht. Mit dieser Nummer sollten sie eigentlich Erfolg haben. Eine eindringliche Ballade ist „Do You…?“, die von Akustikgitarre, Bass und Synthieflächen bestimmt wird. Sehr schön ist auch die Kombination aus Streichern und Akustikgitarre, die mich in dieser Form an „Fear Of The Dark“ von Gordon Giltrap erinnert. Ein sehr einfühlsamer und unter die Haut gehender Song, der zu meinen Favoriten des Albums zählt.

Sanfte Streicher eröffnen „What Happens“, das durch eine sofort ins Ohr gehende Melodie besticht und sich zu einer schönen Rock-Pop-Nummer mausert. Elektronisch wird es dann wieder bei „New World Order“, das mit herrlichen Gitarrenläufen glänzt und sehr kraftvolle Passagen mit atmosphärischen Parts verbindet.

New Wave / Electro Rock bieten sie dann in „All Eyes On You”. Schon wieder so ein Song, der sich sofort im Ohr festsetzt. Toll sind auch hier die Gitarrenmotive, die den Song richtig nach vorn treiben. Im Refrain kann man so richtig schön abgehen. „The Wanderer“ bringt wieder mehr elektronische Elemente, die zwischen Progressive Rock, Elektronikmusik und Electropop pendeln. Mit mehr als sieben Minuten ist dies der längste und abwechslungsreichste Song des Albums. Wieder so ein Highlight.

Die CD endet mit dem Stück „The Spirit That Denies“. Mit diesem heftigen Song, in dem Metalgitarren und ein treibender Rhythmus auf zarte Pianomelodien und ambiente Synthiesounds treffen, beenden sie ihr Debüt recht eindrucksvoll.

Mit „Opinions Are On Sale“ ist dem deutschen Bandprojekt microClocks ein tolles Debütalbum gelungen. Die Melodien stimmen und der Rhythmus sorgt dafür, dass die Scheibe nicht in seichten Electropop abdriftet. Vielmehr bietet die Band kraftvollen elektronischen Rock. Sollte man unbedingt antesten.

Stephan Schelle, Oktober 2011

   

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