Kraan - Sandglass Die deutsche Jazzrockband Kraan gehört mit zu den dienstältesten Bands in der deutschen Rockszene. 1970 gegründet schrieben Hellmut Hattler (Bass, Gesang), Jan Fride (Schlagzeug, Percussion) und Peter Wolbrandt (Gitarre Synthesizer, Gesang) Musikgeschichte. Im 50. Jahr ihres Bestehens erscheint nach nunmehr zehn Jahren ein neues Studioalbum der deutschen Kraaniche. Es trägt den Titel „Sandglass“. Die 13 Stücke haben Spielzeiten zwischen 2:39 und 5:44 Minuten. |
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Hellmut
Hattler sagt zu dem neuen Album: „Die Arbeit an diesem Album ist in
der Zeit des Lockdowns entstanden; jeder hat den jeweils anderen
Kraanichen seine Files geschickt, und da alle ans Haus gefesselt waren und
Zeit hatten, ging der Ideenaustausch ziemlich flott vonstatten und alle
waren froh, diesem gespenstischen Zuhause-bleiben eine auf- und anregende,
ja, leicht magische Arbeit entgegenstellen zu können.“ Während
Hellmut Hattler’s Stücke überwiegend in der Zeit des Lockdowns
entstanden sind, hatte Peter Wolbrandt seine neuen Stücke zum Großteil
bereits in der Schublade liegen. Diese wurden dann noch von den andern
beiden Bandmitgliedern ergänzt und fertiggestellt. Zum
ersten Mal bei Kraan übernimmt Hellmut Hattler die Leadstimme bei drei
Titeln, die er auch selbst geschrieben hat. Es sind sehr persönliche
Texte, also drängt es sich geradezu auf, dass er diese, seine persönlichen
Gedanken auch selbst mit seiner Stimme mitteilt. Auch der im Januar 2019
verstorbene langjährige Kraan-Keyboarder Ingo Bischof ist im Album präsent.
Hellmut Hattler: „Ich habe in meinem digitalen Schallarchiv noch ein
paar Keyboard-files von Ingo gefunden, da er ja früher, bevor er krank
wurde, mit seinen Klängen viele meiner Kompositionen angereichert hatte. Hellmut hat daraus Keyboardpassagen
benutzt, die er in das Stück „Moonshine On Sunflowers“ eingebaut, und
so den alten Freund und Weggefährten noch einmal posthum ins Team
eingebunden hat. Das
Titelstück eröffnet dann auch das neue Album. Teils gegensätzliche
Gitarren- und Basslinien eröffnen den Song, der sich aber in seiner
verwirrenden Rhythmik von einer faszinierenden Seite zeigt. Das klingt
frisch. Jazzige Motive werden dann im Instrumentalteil geboten, die vor
allem durch die Keyboards erzeugt werden, während das Schlagzeug einen
treibenden, pulsierenden Rhythmus bietet. Dem folgt ein kurzes aber
stimmungsvollen Gitarrensolo. „Funky
Blue“ wird seinem Namen gerecht, darin vermischt die Band Funk und Rock
und garniert das ganze mit perlenden Synthieklängen, die eine Note
Psychedelic einbringen. Ein tolles Stück. „Solitude“ ist dann ein
typisches Hattler-Stück mit leichtem Popappeal und markantem Bass. Und
das Gitarrensolo von Peter Wolbrandt sorgt darüber hinaus für Gänsehaut. „Pick
Peat“ ist ein toller Instrumentaltitel, bei dem die drei Musiker in die
Vollen gehen und den ganzen Charme von Kraan und auch der Soloarbeiten von
Hattler zum Tragen kommen lassen. „Path“ ist ein eingängiger Song mit
Satzgesang und atmosphärischen Instrumentalparts, der auch gut auf ein
Solowerk von Hattler Platz gefunden hätte. In „Schöner wird’s
nicht“ kann Jan Friede bewiesen welch herausragender Taktgeber er an den
Drums ist. Auch eine Percussionsequenz, die an Santana zu ihren besten
Zeiten erinnert, findet sich in diesem Stück. Beatlesfeeling
kommt dann im Song „Das Meer“ auf, während „Hallo Kante“ mit
herrlich perlenden Klangbildern und tollen Solobeiträgen begeistern kann.
Die Leadgitarre klingt manchmal wie bei Michael Rother und die
Rhythmusgitarre zeigt sich von einer treibenden Seite. „Moonshine On
Sunfloweers“ ist atmosphärisch und schwebt förmlich auf
Keyboardsounds, die aus der Feder von Ingo Bischof stammen. Darauf setzten
die Drei dann sehr dezent und melancholisch ihre Beiträge. Eine
gelungene, schöne Hommage an ihren verstorbenen Keyboarder. „Sandglass“
könnte das letzte Studioalbum von Kraan sein, lautet doch das Leitmotiv
des Albums: „See the time pass – There’s a crack in the
sandglass“. Jedenfalls haben die Kraaniche mit „Sandglass“ ein
tolles Spätwerk abgeliefert, das frisch und zeitlos daherkommt. Stephan Schelle, September 2020 |
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