King Of Agogik – Exlex Beats
sAUsTARK Records (2014)

(11 Stücke, 77:05 Minuten Spielzeit)

Mehr als drei Jahre hat es gedauert, seit Hans-Jörg Schmitz, Labelchef von sAUsTARK Records und Kopf des Musikprojekts King Of Agogik ein neues Werk unter dem Titel „Exlex Beats“ fertig gestellt hat. Nach der CD „From A To A“ (2011) ist „Exlex Beats“, was soviel wie „gesetzlose Rhythmen“ bedeutet, das mittlerweile fünfte Album von King Of Agogik. 


Grund für diese lange Produktionszeit liegt vor allem darin, dass Hans-Jörg „mehr Wert auf die Komposition, als auf spontane Interaktion gelegt hat“. So manch wilder Drumpart musste da einem auskomponierten Teil weichen, was natürlich mehr Zeit in Anspruch nahm.

Was so ein richtig Gesetzloser ist, der geht natürlich auch gerne auf Raubzüge. Und so hat er auch in einigen fremden Gewässern geräubert, was er in seiner Presseinfo so erläutert, dass auf der Platte 88 Parts zu finden sind, die nicht seinem geistigen Eigentum entsprungen sind. Es beginnt mit King Crimson und endet mit den Beatles, dazwischen die weiteren, leicht zu identifizierenden Teile. Aber natürlich gibt es auch Elemente, die kaum hörbar sind. Wer weniger als fünf findet … muss ein Bassist sein … ;-)

Multiinstrumentalist Schmitz, der auf dem Album neben dem Schlagzeug auch Keyboards, Gitarre und Bass spielt, wird bei zehn der elf Stücke von zahlreichen weiteren Musikern unterstützt.

Die CD startet mit dem Stück „Bronco’s Navel“, das mit herrlichen Keyboardsounds der Marke Neo-Prog beginnt und dann von einem kurzen Schlagzeugsolo abgelöst wird. Nach diesem Beginn geht es aber wieder sehr stark in die Neo-Prog-Richtung von Bands wie Arena & Co. Wie schon auf den Vorgängeralben, so gibt es auch auf diesem Album einige Breaks und Strukturwechsel, denn nach wenigen Minuten wechselt das Bild des dreiminütigen Openers und es wird durch einen fetten Bass und Steve Unruh’s Violinenspiel sowie dem Schlagzeug recht rhythmisch. Neo-Prog mit jazzigen Motiven, so könnte man dieses erste Stück bezeichnen.

Nahtlos geht es dann mit einem kurzen Schnipsel von Yes’ „Owner Of A Lonely Heart“ im zweiten, gut zwölfminütigen Stück „11th Sense“ weiter. An diesen Schnipsel reihen sich mehrere weitere Zitate wie ELP’s „Fanfare For The Common Man“, Asia’s „Only Time Will Tell“ und Van Halen’s „Jump“, um hier nur einige zu nennen. Da kann man nur viel Spaß beim raten und heraushören wünschen. Wer jetzt meint, dass diese unterschiedlichen Songs und Schnipsel nicht zusammenpassen würden, den lehren King Of Agogik eines Besseren. Auch wenn in diesem Stück unglaublich viele verschiedene Passagen aufeinander treffen und wie ein wildes Sammelsurium wirken, so klingt dieses Stück doch sehr harmonisch. Natürlich darf hier auch das Schlagzeugsolo nicht fehlen.

„Nomouglea“ wartet nach anfangs recht außergewöhnlichen Keyboardsounds mit einer herrlichen Akustikgitarre auf in die sich eine Violine zu einer Konversation gesellet. Im weiteren Verlauf kommt dann auch noch eine Querflöte hinzu. Das ist Musik, die unter die Haut geht und an Künstler der Marke Anthony Phillips oder Camel erinnert. Doch nach etwa der Hälfte des siebenminütigen Stückes kommen kraftvolle Gitarren und ein Schlagzeug auf, die das Stück in Richtung Melodicrock treiben. Damit gehört „Nomouglea“ zu den Highlights des Albums.

Im achtminütigen „Chasteness“ eröffnen zwar herrliche Akustikgitarrenklänge, aber dieses Stück wechselt in kurzen Intervallen seine Melodik und die Strukturen. Es ist wieder ein Quell voller Ideen. Im nur 1:35 Minuten kurzen „Making Of SWEP“ wird zunächst eine Melodiefolge von „Chastness“ aufgenommen, wechselt dann aber in einen sehr bedrohlichen Sound, der weniger Melodien aufweist als vielmehr Stimmungen erzeugt.

Jazzrock mit einer fetten Basslinie bietet „Musicogenic Epilepsy“, das im weiteren Verlauf in eine proggige Passage wechselt. Mit Genesis-Touch beginnt „Sheol“, das zunächst von der Akustikgitarre bestimmt ist und dann mit herrlichen Synthieflächen (klingen teils nach Mellotron) unterlegt wird. Diese Stück gehört ebenfalls für mich zu den Highlights des Albums.

„Lick Me“ ist eine fette, kraftvolle Rocknummer, das humorvoll betitelte „The Venturous Dream Of A Schlabbershirt“ eine atmosphärische Gitarrennummer mit jazzigem Einschlag, das fast 23minütige „Thin As A Skin“ wieder eine Wundertüte voller unterschiedlicher Melodien und Strukturen sowie weiteren Zitaten (z. B. lassen Jethro Tull grüßen, was bei dem Titel der stark an „Thick As A Brick“ erinnert auch kein Wunder ist) und das abschließende anderthalbminütige „Arrived Without Travelling“, das mit Worldmusic (Percussion) beginnt und dann doch sehr proggig und mit Beatles-Flair endet.  

Auch auf dem fünften Album zeigt sich King Of Agogik von einer äußerst spannungsreichen und außergewöhnlichen Seite. Auf dem neuen Werk dominieren aber die Harmonien und Melodien, so dass diese CD sehr gut in die Gehörgänge fließt. Darüber hinaus gibt es ja noch 88 Zitate an große Künstler und Stücke der Rockmusik. Ein klasse Album, dem man aber auch Zeit widmen muss, um es in voller Gänze genießen zu können.

Stephan Schelle, Dezember 2014

   

CD-Kritiken-Menue