Jethro Tull – Minstrel In The Gallery 40th Anniversary: Le Grande Edition
Chrysalis / Rhino / Warner Music Entertainment (1975 / 2015)

(31 Stücke, 154:03 Minuten Spielzeit)

Am 01.05.2015 geht die Reihe der remasterten Jethro Tull-Alben, die in herrlichen Booksets und mit reichlich Bonusmaterial bestückt sind, in die nächste Runde. Mit dem 1975’er Album „Minstrel In The Gallery“ erscheint das mittlerweile dritte Bookset von Jethro Tull-Alben, die neben einem neuen Stereomix von Steven Wilson auch noch einen Dolby Surround-Mix bekommen haben. Und ebendiese sind es, die einem die Werke noch näherbringen, treten damit doch ungeahnte Hörerlebnisse zu Tage. Man hört die Alben komplett neu, da man manche Instrumente erst jetzt richtig wahrnehmen kann.


Schon mit ihrem achten Studioalbum konnten Jethro Tull in 1975 zum sechsten Mal Goldstatus erlangen. Wie schon auf dem Vorgänger „Warchild“, so enthält auch „Minstrel In The Gallery“ vornehmlich kürzere Stücke. Lediglich „Black Satin Dancer“ (mit fast sieben Minuten Spielzeit), das mehr als achtminütige Titelstück sowie das fünfteilige „Baker St Muse“ ragen da ein wenig heraus. Es war zudem das letzte Album, das im erfolgreichen Line-Up Ian Anderson, Martin Barre, John Evan, Barriemore Barlow und Jeffrey Hammond-Hammond entstand.

Ganz ungewöhnlich fängt die CD mit dem Titelstück an, das mit einem gesprochenen Text beginnt und durch einen eingestreuten Rhythmus wie eine barocke Festivität wirkt, wenn der Entree durch ein Klopfen mit einem Stab die Gäste vorstellt. Auch Akustikgitarre und Flöte wirken hier wie bei einer mittelalterlichen Feier. Das passt hervorragend zum Thema und dem Cover, das aus dem Jahr 1838 stammt. Nach etwas mehr als zwei Minuten greifen dann Martin Barre (E-Gitarre), Barriemore Barlow (Schlagzeug) und Jeffrey Hammond-Hammond (Bass) ins Geschehen ein und aus dem mittelalterlichen Song entwickelt sich ein grandioser Rocksong, der so unverwechselbar die Handschrift von Ian Anderson & Co. trägt.

Daneben enthält das Album noch das unter die Haut gehende „Requiem“, das einige klassische Elemente enthält. Hier wirken unter anderem vier Violinisten und eine Cellistin mit. Eine ebenso zarte und fesselnde Nummer ist „One White Duck O10 = Nothing At All“. Daneben gibt es einige Nummern die wieder einen recht folkigen Einschlag haben und auch durch die Streicher sehr klassisch sowie mittelalterlich wirken. Ein sehr schönes Album, das durch sieben Bonusstücke aufgepeppt wurde (die 2002’er remasterte CD enthielt dagegen fünf Bonusstücke). Die Anniversary Edition wurde um die B-Seite „Summerday Sands”, mehreren Studio-Outtakes sowie Session-Material von „Minstrel In The Gallery”, „Cold Wind To Valhalla” und „Aqualung”, das im Zuge einer BBC-Produktion entstand, erweitert.

Bei dem neuen Stereomix hört man deutlich, dass Steven Wilson wieder alles aus den Aufnahmen herausgeholt hat. Aber richtig spannend wird es dann mit dem 5.1 Surroundmix auf der ersten DVD, der einen wieder mitten unter die Musiker katapultiert. Wie schon bei den vorangegangenen Mixen ist auch dieser ein Hochgenuss.

Als weiteren Bonus enthält das Bookset, das erneut mit einem sehr informativen 80seitigen Booklet aufwarten kann, eine zweite CD mit einem Livemitschnitt. Sie enthält eine Live-Aufnahme aus der legendären Olympia-Halle in Paris vom 5. Juli 1975, die ein paar Monate vor der Veröffentlichung von „Minstrel In The Gallery“ mitgeschnitten wurde. Neben vielen Jethro Tull-Klassikern aus ihren vorhergehenden Alben, etwa aus „Aqualung“ (1971) und „War Child“ (1974), ist auf der Aufnahme auch eine frühe Live-Version des Songs „Minstrel Of The Gallery“ zu hören. Der Mitschnitt wurde von King Crimson-Gitarrist Jakko Jakszyk in 5.1 & Stereo gemixt.

Die Qualität des Livemitschnitts ist ganz hervorragend. Und zeigt die britische Band in bestechender Qualität. Damit bekommen die Fans wieder die komplette Rundumversorgung zu einem äußerst günstigen Preis. Wie ich das schon bei den Vorgängern erwähnte ist diese Veröffentlichungspolitik nur zu begrüßen. Die zweite DVD enthält dann neben dem 5.1-Mix des Livematerials, zu dem einige Livefotos eingespielt werden, auch noch einige bewegende Bilder. Das 8:41minütige Video vom Titelstück „Minstrel In The Gallery“ wurde beim 75’er Paris-Konzert aufgenommen.

Auch das 1975’er Album „Minstrel In The Gallery“ von Jethro Tull hält den hohen qualitativen Standard, den die drei Vorgängerwerke erfahren haben. Man kann sich als Musikfreund und Fan der Band glücklich schätzen, das Ian Anderson & Co. ihr Tafelsilber würdig aufpoliert haben. Diese Serie sowie auch diese Box sind ein Muss für den Rockfreund des 70’er Jahre Rock. Das Bookset macht sich nicht nur gut im Plattenschrank, auch die CDs/DVDs werden die Player eine ganze Weile beschäftigen. Hohe Empfehlungsstufe.

Stephan Schelle, April 2015

   

CD-Kritiken-Menue