Jethro
Tull – A Passion Play (An Extended Performance) Nach den grandiosen Alben „Aqualung“ und „Thick As A Brick“ veröffentlichten Jethro Tull im Jahr 1973 mit ihrem sechsten Studioalbum ein sehr ambitioniertes Werk, das nicht einfach zu konsumieren ist, sind doch neben den Jethro Tull typischen Elementen auch progressive und jazzige Passagen sowie skurrile Einschübe wie zum Beispiel „The Story Of The Hare Who Lost His Spectacles“ enthalten. Auch entstand das Album unter widrigen Umständen, die die Veröffentlichung fast zum Scheitern gebracht hätten. Nach etwas mehr als 40 Jahren erscheint dieses Werk nun in remasterter Form als Extendend Performance-Edition. Am 11.07.2014 erscheint dieses tolle Paket. |
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In
diesem Jahr gingen Jethro Tull zum ersten Mal in ihrer fünfjährigen
Karriere mit unverändertem Line-Up ins Studio -
und wieder mit klarer Aufgabenverteilung. Gründungsmitglied und
Bandleader Ian Anderson schrieb seine Songs auf akustischer Gitarre, Flöte
und diesmal auch Saxophon, und Gitarrist Martin Barre, Bassmann Jeffrey
Hammond-Hammond, Drummer Barriemore Barlow und Keyboarder John Evans
sorgten für das perfekte Umfeld für Andersons Kompositionen. Die nächste
Frage lautete also: In welches Studio sollte man gehen? Zwei Kriterien
standen im Vordergrund: Zum Einen sollte das Studio sich auf dem Festland
befinden – schon aus steuerlichen Gründen. Zum Anderen musste es ein
Studio mit einem guten Ruf sein und der Band ein bequemes Umfeld liefern.
Das Château d’Hérouville bei Paris schien auf den ersten Blick perfekt
zu sein: Elton John hatte hier sein Album „Honky Château“
aufgenommen, Pink Floyd spielten hier ihren Film-Soundtrack „Obscured By
Clouds“ ein. Es gab einen Wohnbereich und das Studio war sehr gut ausgerüstet
– offenbar die perfekte Wahl. Was sollte also noch schiefgehen? Alles. Die
Aufnahmen endeten in einem Desaster. Zunächst gab es technische Probleme
mit dem Studio. Dann gab es da den Wohnbereich… die Band musste sich
einen gemeinsamen Schlafraum teilen, der sehr spärlich ausgerüstet war.
Das wäre noch tolerierbar gewesen, wenn sie die einzigen Bewohner gewesen
wären. Unglücklicherweise mussten sie sich die Betten mit einer Vielzahl
von einheimischen Bettwanzen teilen. Und um das Fass zum Überlaufen zu
bringen, zogen sich alle Bandmitglieder eine üble
Nahrungsmittelvergiftung zu, die eine Folge des Inhouse-Caterings war. Es
überrascht nicht, dass sie sich entschieden, wieder nach Hause zu fahren
und das bis dahin aufgenommenes Material von ungefähr einer Stunde Länge
links liegen zu lassen. Jethro Tull fingen von vorn an und schrieben ein
komplett neues Album, anstatt irgendwie zu versuchen, die Begeisterung
wiederzubeleben und die Band auf etwas einzuschwören, was bereits
gescheitert war. So
entstand schließlich „A Passion Play“, ein Album, das sich zu einem
45-minütigem Prog-Rock-Monument mit komplizierten Rhythmen, komplizierten
Texten und – nun ja – kompliziertem Allem entwickelte. Bis zum nächsten
Tourstart blieben noch neun Tage Zeit, und so musste es schnell gehen.
Thema des Albums ist ein Zyklus um Wiedergeburt und ewiges Leben, die
Erkenntnis, dass die Entscheidungen des Lebens bis in das Nachleben
reichen – die alte Geschichte von Gut gegen Böse, Gott gegen den
Teufel. Und – es wurde eines der beeindruckendsten Alben von Jethro
Tull: heiß diskutiert unter den Fans und auf Anhieb platziert auf
Position 1 der US-Charts. Das
Set mit zwei CDs und zwei DVDs im Buchformat ist wirklich opulent
ausgefallen, genau wie die Special Collector’s Edition von „Thick As A
Brick“. Auf den beiden CDs finden sich die neuen Remixe des Albums „A
Passion Play“ und der „The Chateau D’Herouville Sessions“, die von
keinem geringeren als Steven Wilson erstellt wurden. Letzte CD umfasst die
Session, bei der Jethro Tull in dem französischen Gebäude aus dem Jahr
1740, nahe Paris, Material für ihr Album „A Passion Play“ einspielen
wollten. Hier sind einige Fassungen in anderen Versionen zu finden und
auch die auf der später veröffentlichten „War Child“
herausgekommenen „Only Solitaire“ und „Skating Away On The Thin Ice
Of The New Day“ wurden schon zu diesem Zeitpunkt komponiert. Sie kommen
den späteren Originalen sehr nahe. Aber vor allem die weiteren Stücke
und veränderten Parts machen diese CD aus. Das
Material der beiden CDs liegt daneben in verschiedenen Formaten auf den
beiden DVDs vor. Vor allem der Dolby Surround- bzw. DTS-Sound besticht
durch sein räumliches Klangformat. Hierdurch bekommen die Stücke noch
mehr Tiefe und Transparenz. Der Mix von Steven Wilson ist perfekt gelungen
und so kitzelte der Soundmagier unglaubliches aus den Aufnahmen heraus. Es
ist ein wahrer Ohrenschmaus, der sich hier auftut und der das Album in
neuem Licht und Glanz erstrahlen lässt. Jethro
Tull’s „A Passion Play – An Extended Performance“ ist eine
grandiose Umsetzung dieses Konzeptwerkes aus den frühen 70’ern. Der
neue Mix (vor allem im DTS-Format) zeigt, welch herausragendes Album die
Briten seinerzeit auf ihr Meisterwerk „Thick As A Brick“ hatten folgen
lassen. Hohe Empfehlungsstufe. Stephan Schelle, Juni 2014 |
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