Isgaard - Human
Flat Earth Music /Art of Music / Timezone (2019)
(8 Stücke, 50:34 Minuten Spielzeit)

Isgaard’s Markenzeichen ist ihre engelsgleiche Stimme, die sie bei ihren Stücken, die ihr von Lebenspartner Jens Lueck förmlich auf den Leib geschrieben werden, gekonnt einsetzt. Drei Jahre sind seit ihrem letzten Studioalbum „Whiteout” vergangen, da kommt am 11.10.2019 ihr neuestes Werk „Human” auf den Markt, bei dem sich ihr Stil weiterentwickelt hat. Songschreiber, Produzent und Multiinstrumentalist Jens Lueck (Keyboards, Gesang, Schlagzeug, Percussion, Programmierung und Gitarre) hat sich dazu erneut wieder einige musikalische Gäste an die Seite gestellt. 


Gitarrist Jan Pertersen, der den Rockfans von seiner Zeit bei der Band Sylvan bekannt sein dürfte, ist wieder mit von der Partie und verleiht den Stücken teilweise eine recht rockige Note. Und auch Volker Kuinke hat erneut zwei Stücke mit seinem Flötenspiel verfeinert. Darüber hinaus sind noch Ekiss Giloc (Bass), Katja Flintsch (Violine, Viola), Annika Stolze (Cello) und Klaus Volland (akustische Gitarre) mit an Bord.

„Wir leben in bewegten Zeiten, die das Album maßgeblich beeinflusst haben, vor allem, wenn man sich die Zerbrechlichkeit des Menschen und unseres Planeten vor Augen führt“, erklärt die Künstlerin. Im Mittelpunkt der zehn Songs steht die Auseinandersetzung mit dem Menschen in all seiner Zwiespältigkeit. So thematisiert „BLACK SWAN“ die Ausgrenzung von Andersartigkeit, „FROZEN HEARTS“ erzählt von einer durch den Krieg in Syrien traumatisierten Generation oder „YOUR WORLD IS BROKEN“ von den Narben einer „zerbrochenen“ Kindheit. „Wir sitzen immer wieder zusammen und diskutieren über das, was die Menschheit ausmacht.

All die Kreativität, Mitmenschlichkeit, Empathie, Hilfsbereitschaft auf der einen Seite, dann wiederum der Zerstörungswille, Egoismus, die Ignoranz und Kleingeistigkeit auf der anderen Seite! Das musste einfach ausgedrückt werden, genauso wie die Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit in dem Song „SEE THE LEAVES FALLING“ oder in „I COULDN´T SAY GOODBYE, der einem verstorbenen Freund gewidmet wurde.“

Elektronik trifft auf Streicher (es wurde komplette Orchester mit echten Streichern im Overdub-Verfahren aufgenommen), ungewöhnliche Samples stehen markanten Gitarren und eigenständigen Piano-Passagen gegenüber. Und die dynamischen Songstrukturen nehmen den Hörer mit auf eine emotionale Reise. Das ist eine sehr gute Zusammenfassung des neuen Sounds von Isgaard, die der Pressetext bietet.

Die CD beginnt zunächst sehr besinnlich mit dem balladesken „See The Leaves Falling”, das durch symphonische Elemente ergänzt wird und bei dem sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt Isgaard’s Stimme unter die Haut schiebt.

Das melancholische „I Couldn’t Say Goodbye” ist dem Freund und Gitarristen Dieter Koch gewidmet, der im Dezember 2018 verstorben ist. Zart und sanft klingt Isgaard’s Stimme auch in „The Sun Comes Up Tomorrow”, während die Musik in Richtung atmosphärischem, sanftem Artrock weist. Ein eindringliches Stück, das schnell gefangen nimmt.

„Your World Is Broken” sticht aus dem Album hervor, da in diesem Stück nicht nur wieder atmosphärischer Artrock das Feeling bestimmt, sondern weil Isgaard hier nur sporadisch ihre engelsgleiche Stimme hervorholt. Vielmehr zeigt sie, dass sie auch im „normalen” Gesangsstil eine hervorragende Figur macht. Das wunderbar atmosphärische E-Gitarrensolo macht aus dem Stück noch einmal etwas ganz Besonderes.

Nach dem symphonischen „Frozen Hearts” stellt dann das dreiteilige Stück „Borders”, mit seinen insgesamt 17 Minuten Spielzeit das Kernstück des Albums dar. Dieser Longtrack wurde vom Art- und Progressiverock beeinflusst und stellt eine Weiterentwicklung in Isgaard’s Soundkosmos dar.

In dem Dreiteiler geht es um die Konsequenzen von innerer und äußerer Abschottung. In einer Welt, die so hoch technisiert ist und in der alles miteinander zusammenhängt, können Problemlösungen oder Entwicklungsschritte nur dann erreicht werden, wenn man Grenzen überwindet. Im ersten Teil „AWAKENING“ wird die ungehinderte Ausbreitung des Homo Sapiens von Afrika aus über den ganzen Globus beschrieben. Teil 2 „FRACTIONING“ erzählt von der Blockbildung und Abschottung, initiiert durch Angst und übertriebenes Konkurrenzdenken. Und schließlich zeigt Teil 3 „IN THE CAGE“ eine Welt, die von Überwachung und Mauern geprägt einem Käfig gleicht.

„Borders” ist für mich das Highlight des Albums, das neben seiner Atmosphäre vor allem auch durch seinen Abwechslungsreichtum und die rockigen Passagen besticht. Hier ist auch Jens’ Gesangsstimme nochmal ein belebendes Moment.

Das neue Album „Human” der Sängerin Isgaard enthält neben bekannten Elementen dieses Mal mit Stilelementen aus Art- und Progrock ein neues Flair, das der Sängerin und ihrem Lebenspartner, dem Komponisten, Produzenten und Multiinstrumentalisten Jens Lueck sehr gut zu Gesicht steht. Man kann nur hoffen, dass die Beiden diesen Weg zukünftig noch stärker einschlagen. Ein tolles, abwechslungsreiches Album.

Stephan Schelle, September 2019

   

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