Garland Jeffreys – The King Of In Between

Garland Jeffreys – The King Of In Between
India Media Group / Rough Trade (2012)
(13 Stücke, 51:28 Minuten Spielzeit)

Garland Jeffreys, der Name sollte den älteren Musikliebhabern ein Begriff sein. Er dürft in Deutschland wohl am bekanntesten durch seinen Welthit „Matador“ aus dem Jahr 1980 bekannt sein, doch welche Facette hinter diesem Musiker steht, ist hierzulande wohl kaum einem bekannt. Am 04.05.2012 erscheint nach mittlerweile 13 Jahren Pause das erste neue Studioalbum von Garland Jeffreys. Der mittlerweile 68jährige Musiker zeigt darauf eine unglaubliche musikalische Bandbreite und Qualität.


Das Gesamtwerk von Garland Jeffreys ist trotz intensiver Schaffensperioden in den 1970ern recht überschaubar, ging es aber bei diesem Musiker doch stets um Qualität statt Quantität. Es gibt ohnehin nicht wenige Kritiker, die Garland Jeffreys für einen der unterbewertesten Musiker der Rockgeschichte halten. Wenn diese New Yorker Musiklegende nun nach Jahren der künstlerischen Abstinenz endlich wieder von sich reden macht, ist man geneigt, ihnen beizupflichten. So schreibt es der Pressetext, den ich aber ohne weiteres unterschreiben kann.

Jeffreys sagt selbst über „The King Of In Between“: „Ich denke, dass es schon immer schwierig war, mich einzuordnen. Diese Songs hier sind in den letzten paar Jahren entstanden und erst als das Album fertig war, habe ich gemerkt, dass fast alle Songs von Formen der Entmündigung handeln, vom Gefühl, marginalisiert zu sein. Das ist auch eine Bedeutung des Albumtitels. Es trifft nicht nur auf die Tatsache zu, dass ich gemischtrassig bin, auch wenn das immer ein Teil von mir sein wird, sondern er spielt auch auf all die Menschen in der ganzen Welt an, die sprichwörtlich durch die Maschen fallen.“

Los geht es mit dem Stück „Coney Island Winter“, das wie eine rockige Singer/Songwriter-Nummer klingt. Das National Public Radio nahm das Stück, das zuvor als Single ausgekoppelt wurde, in die Bestenliste des Jahres 2011 auf und bezeichnete das Stück als den besten Song von Bruce Springsteen, den dieser nicht geschrieben habe. Und in der Tat klingt Jeffreys nach unterschiedlichsten Künstlern. Mal meint man eine Nummer von Springsteen, dann von Bob Dylan oder den Rolling Stones zu hören. Ich muss gestehen, dass ich ihm diese Vielfalt nicht zugetraut hätte. Sehr angenehm ist seine Stimme, die sich den einzelnen Stücken perfekt anpasst.

„I’m Alive“ ist eine unter die Haut gehende Nummer, deren Melodie sich sofort im Ohr festsetzt und stark nach den Rolling Stones klingt. Man möchte fast meinen, dass ein sanfter Mick Jagger (von der Stimme her) am Mikro gestanden habe. Das folgende „Streetwise“ hat ein akzentuiert gespieltes Schlagzeug zu bieten, auf das sich funkige Gitarren und später Streichersounds legen, so dass man zunächst an die gute alte Motown-Zeit denkt. Doch der Titel hat mehr Tiefgang und bohrt sich hypnotisch in die Gehörgänge ein. Und Reggae- bzw. Ska-Anklänge gibt es dann bei „All Around The World“, bei dem auch eine Steelguitar zum Einsatz kommt.

Einen erdigen Blues (mit einer Gitarre die streckenweise an „Spirits In The Sky“ erinnert) gibt es dann bei „´Til John Lee Hooker Calls Me“. Dem folgt dann mit „Love Is Not A Cliché“ eine Art Folksong. Und weiter geht es in „Rock And Roll Music“ mit Rock’n’Roll, wie es der Titel schon verspricht.

Die aufgeführten Beispiele zeigen, welche große Bandbreite Garland Jeffreys in seiner Musik vereint. Das besondere ist aber, dass die CD trotz der unterschiedlichen Stilrichtungen nicht wie Stückwerk klingt sondern einen homogenen Spirit aufweist. Ein tolles Album, das ich so von Jeffreys nicht erwartet hab. Wenn man dann noch bedenkt dass der Musiker schon 68 Jahre alt ist, dann scheint er für sich den Jungbrunnen entdeckt zu haben, denn er klingt unglaublich frisch und agil. Hohe Empfehlungsstufe !!

Stephan Schelle, April 2012

   

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