Frequency Drift – Ghosts …

Frequency Drift – Ghosts …
Progrock Records / www.frequencydrift.com (2011)
(8 Stücke, 58:52 Minuten Spielzeit)

Frequency Drift ist eine Progressive-/Artrockformation aus Bayreuth. In 2006, dem Jahr ihrer Gründung, starteten sie mit ihrem Debüt „Personal Effect“, dem in 2010 der Nachfolger „Personal Effect (Part Two)“ folgte. Im Herbst 2011 liegt nun mit „Ghosts …“ das dritte Album der Band vor. Die ersten beiden CDs waren Teil der „Personal-Effects“-Geschichten, einer Science Fiction Story, die mit dem zweiten Teil ihren Abschluss fand.


„Ghosts …“ ist auf seine Art wieder ein Konzeptalbum. Es geht um Dinge und Erinnerungen, die uns verfolgen, um den einzelnen Menschen und die Erinnerungen, die ihn prägen. Es wird viel Wert auf die Atmosphäre der Musik gelegt, die sich gegenüber den ersten beiden CDs etwas verändert hat. Während dort eine Geschichte in einer Stadt erzählt wurde, wird auf „Ghosts …“ die Natur zum Schauplatz. Dies spiegelt sich auch in der Musik durch die verstärkte Verwendung akustischer Instrumente wie Querflöte, Violine und Harfe wider. Außerdem wurde die stilistische Bandbreite höher, neben Rock, Klassik und Folkeinflüssen gibt es nun auch jazzige Passagen.

Wir nennen unsere Musik „Cinematic Progressive Rock“, da sie den Hörer fesseln soll, wie ein guter Film. Um die Atmosphäre der einzelnen Songs zu verdichten, die durch wiederkehrende musikalische Motive miteinander verbunden sind, verwenden wir auch Geräusche oder hörspielartige Passagen. Uns ist es wichtig, unseren Stil zu kreieren, ohne zu sehr nach irgendwelchen Vorbildern zu klingen. Soweit die Einschätzung der Band.

Von der letzten Veröffentlichung sind noch Christian Hack (Gitarre, Flöte), Sebastian Koch (Gitarre), Jürgen Rennecke (Bass, Stick) und Andreas Hack (Keyboards) mit dabei. Neu in der Band sind Antje Auer (Gesang) und Martin Fox (Schlagzeug). Daneben wirken noch als Gastmusiker Wolfgang Ostermann (bei „Dance No More“ und „Tempest“) am Schlagzeug, Frank Schmitz (bei „Dreams“, „Mermaid“ und „Come“) an Violine, Rainer Hartmann („Dreams“ und „Tempest“) an der Gitarre und Nerissa Schwarz („Crows“, „Ringshine“ und „Mermaid“) an der Electroharp mit. Schon diese Instrumentierung zeigt, dass hier eine außergewöhnliche Musik erschaffen wurde.

Das Cover zeigt eine Berglandschaft mit einem See über den sich Nebelschwaden gebildete haben. Das Stück „Crows“, das die CD eröffnet passt gut in diese Stimmung, denn die Krähen, die zu hören sind, vermitteln eine herbstliche Stimmung, ähnlich der Coverabbildung. Wenn dann das Piano einsetzt und die Gitarre hinzugefügt wird, dann kommt eine eigenwillige, melancholische Stimmung auf. Ein sehr stimmungsvolles, zweiminütiges Intro.

Richtig los geht es dann mit dem zweiten Stück, dem fast zwölfminütigen Song „Dreams“. Hier treffen Progressive Rock auf Folk und Melodicrock. Gekonnt verschwurbeln Frequency Drift hier schon einige jazzige Elemente in die Musik, die ganz hervorragend in das Stück passen und an einigen Stellen Akzente setzen. Den Großteil bilden aber Progressive- und Artrockelemente. Sobald Antje Auer ihren fast gehauchten und mit Echoeffekten versehenen Gesang ansetzt, bekommt man als Hörer eine Gänsehaut. Sehr gut gefällt mir auch in diesem Stück der zweistimmige Gesang, der Antje wie ein Duo wirken lässt. Dann sorgt Martin Fox noch mit seinem akzentuierten und gut strukturierten Schlagzeugspiel für proggige und ausgefeilte Momente. Für eine weitere Gänsehaut sorgen die Synthieklangfarben in der Mitte des Stückes, die sehr stark an Pink Floyd’s „Wish You Were Here“-Produktion erinnern. Und die Flöte bringt auch noch eine Spur Jethro Tull ins Spiel, ohne das Stück aber zu dominieren. Toll, hier stimmt einfach alles.

Eine Spur „The Wall“-Feeling verbreitet das Gitarrenspiel im folgenden „Sadness“. Mit Vocoder verfremdeter Stimme singt Antje die Strophen um dann im Refrain loszurocken. Eine mitreißende Nummer. Die Keyboards verändern dann das Klangbild im weiteren Verlauf sehr harmonisch. Der Song hat auch Ähnlichkeiten zu Produktionen von zum Beispiel Flaming Bess. Dann folgt mit „Tempest“ ein weiterer Longtrack der es auf zehn Minuten Spielzeit bringt. Auch hier habe ich bei den herrlichen Synthieflächen Assoziationen zu Pink Floyd, aber auch zu traditioneller Elektronikmusik. Das ändert sich aber nach einigen Momenten, sobald Gitarre und Schlagzeug einsetzen. Antjes Stimme verleiht diesem Stück ebenfalls eine zarte, unter die Haut gehende Note. Der Song wandelt sich mehrfach im Verlauf des Stückes und hält am Ende ein mitreißendes Gitarrensolo parat.

Nach dem kurzen akustischen Zwischenspiel „Ringshine“, das verträumt und vertrackt zugleich daherkommt, kommt mit „Dance No More“ der nächste Longtrack, der es auf fast zehn Minuten bringt. Das ist ein Track der einen hohen Spannungsbogen aufweist. Zunächst sehr ruhig und flächig beginnend, entwickelt sich das Stück zu einer Hardrocknummer. Und auch „Mermaid“ liegt jenseits der Neunminuten-Marke. Hört man zu beginn die Keyboardklänge und die folkloristischen Sounds und blickt gleichzeitig auf das Cover der CD, dann wartet man förmlich darauf, dass die Meerjungfrau aus dem Wasser aufsteigt. Auch in diesem Stück wurde Antje’s Stimme gedoppelt, was wieder einen sehr schönen Effekt bewirkt. Dieser Song geht ebenfalls wieder sehr schnell unter die Haut. Im Gegensatz dazu stehen dann im Mittelteil die Gitarren- bzw. die Violinenläufe, die teils sägend den Song in Richtung Rock tragen. Das ist richtig klasse gemacht.

Abgeschlossen wird das Album dann mit dem fast achtminütigen „Come“, dessen Intro durch die Violine einen klassischen Touch bekommt. Im weiteren Verlauf nimmt das Stück an Dynamik zu und bietet eine kompakte Dramaturgie. Die einzelnen, recht langen Stücke wirken in der Tat wie Soundtracks für das eigene Kopfkino. Frequency Drift haben damit eine faszinierende Musik komponiert, die mich absolut gefangen nimmt.

Ich bin der Auffassung das Frequency Drift mit „Ghosts …“ ihr Meisterstück abgeliefert haben. Das Album ist in sich stimmig und rund und enthält darüber hinaus tolle Melodien und Sounds. Es gibt keinen Ausfall, vielmehr ist das Album eine Aneinanderreihung von Songperlen. Wer Progressive- und Artrock mag, der sollte sich dieses Album zulegen. Bei mir wird es einige Runden drehen, denn die Musik zieht einen sofort in ihren Bann. Hohe Empfehlungsstufe!!

Stephan Schelle, Oktober 2011

   

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