Devin Townsend Project – Deconstruction

Devin Townsend Project – Deconstruction
insideout music (2011)
(9 Stücke, 70:56 Minuten Spielzeit)

Der Gitarrenvirtuose Devin Townsend hatte im Jahr 2009 mit seinem Album „Ki“ den Startschuss zu einer vier Teile umfassenden Albumreihe gegeben. Der zweite Teil erschien unter dem Titel „Addicted“ ebenfalls im Jahr 2009. Jetzt, zwei Jahre später, folgen die Teile drei und vier. Den dritten Teil hat Devin „Deconstruction“ benannt. Und wie es der Titel schon suggeriert, so ist „Deconstruction“ wohl das gestörteste, komplexeste und extremste Album, das Townsend jemals gemacht hat. Fans von Strapping Young Lad werden sich bei diesem glotzenden Gewirr von Riffs und atemberaubender Dynamik sicher wie zu Hause fühlen.


„Diese vier Alben sind das letzte Kapitel des ersten Teils meiner Geschichte“, sagt Devin. „Damit habe ich mir alles von der Seele geschafft. Das ist das Ende des Anfangs. Ich habe vor vier Jahren mit dem Trinken und den Drogen aufgehört, konnte ihnen widerstehen und habe nur gedacht ‚Oh!’ Wenn du empfänglich für Geisteskrankheiten bist und dem auch noch entgegenkommst, indem du Sachen machst, von denen du weißt, dass sie dir Probleme bereiten werden, dann zwingst du deine Selbstsüchtigkeit letzten Endes nur allen anderen auf. Als ich diesen Kreislauf verlassen hatte, fiel mir auf, dass es vier emotionale Komponenten gab, die diese Zeit persönlicher Entwicklung begleitet hatten – also machte ich vier Alben, die das repräsentieren sollten.“

„‚Deconstruction’ ist ein kompliziertes Album. Es enthält Strapping-Elemente, aber ohne diese ganzen nihilistischen, selbstmörderischen Tendenzen. Für die Leute, die ein hartes Statement haben wollen, wird das das A und O sein.“, sagt Devin selbst über das Album.

Neun Stücke voller wuchtiger Gitarrenwände und Sounds enthält das Album. Allerdings geht es im Opener „Praise The Lowered“ zunächst noch sehr elektronisch, fast so wie beim Soundtrack eines Computerspiels zu. Gitarre und ein atmosphärischer Gesang vervollständigen den ersten Track, der stilistisch eher im Artrock unterwegs ist. Ein sehr harmonischer Opener. In der zweiten Hälfte des Stückes kommen aber doomartige Elemente zum Vorschein und der Härtegrad steigt in unermessliche Höhen. Aus dem zunächst noch eingängigen Song wird eine brutale Wall of Sounds.

Es folgt das mehr als neunminütige „Stand“, das zwar bedrohlich wirkt, aber noch recht gemächlich beginnt. Nach gut drei Minuten wird auch dieser Track härter und mächtige Metalgitarren und ein kraftvoller Gesang dröhnt aus den Boxen. „Juular“ bietet polkaartigen (wegen des Rhythmus) und hymnischen Speedmetal.

Sehr komplex ist das elfminütige „Planet Of The Apes“, das zwischen Melodie (in der Mitte ist eine herrlich eingängige Melodie eingebaut, die eine Atempause in diesem kraftvollen Hammer zulässt) und Metal hin- und herpendelt und auch vertrackte und heftige Parts enthält. Und mit „The Mighty Masturbator“ ist noch so ein Longtrack auf dem Album, der nur so vor Spielwitz und Ideen sprüht. Dieser 16:30 Minuten lange Track vereint wieder die unterschiedlichsten Stilrichtungen. So beginnt er zunächst recht sanft, melodisch und proggig, um nach gut einer Minute in symphonischen Metal überzugehen. Fast ekstatisch baut sich dieser Track auf, in dem dann auch fast irrsinnig wirkende Passagen zu Tage treten. Wow, was für ein Stück verstörend und faszinierend zugleich.

Das Speedmetal-Stück „Pandemic“ schließt sich an und raubt dem Hörer fast den Verstand. Dann gibt es noch mal mit dem Titelstück einen fast zehnminütigen Longtrack, der wie eine Filmszene in einem Restaurant beginnt und zunächst Furzgeräusche aus den Boxen hämmert (ja, ihr lest richtig). Dann geht es aber recht experimentell im Speed-Metalbereich weiter. Das klingt wie Zappa auf Speed. Am Ende lässt Devin dann noch den „Polteregeist“ auf die Hörer los. Und ich habe das Gefühl, als wolle der Schlagzeuger den Schnelligkeitsrekord im Trommelfell zerstören aufstellen. Das pumpt den Herzrhythmus in ungeahnte Höhen. Dazu dieser kreischende Gesang, der eine aggressive Stimmung vermittelt. Dann hört das Stück abrupt auf und man ist froh, noch zu leben.

„Deconstruction“ ist der rhythmische und voller Metal aufgebaute Gegenpart zu „Ghost“. Unterschiedlicher können zwei Alben, die ein Künstler gleichzeitig herausbringt nicht sein. Es ist gut, das Devin sich entschieden hat die Musik auf zwei unterschiedlichen Silberlingen herauszubringen. Eine Mischung aus beidem hätte nicht funktioniert. „Deconstruction“ ist ein kraftvolles Album das den Freuden von Speed-Metal und Gitarrenwänden gefallen wird.

Stephan Schelle, Mai 2011

   

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