Cryptex – Good Morning, How Did You Live?

Cryptex – Good Morning, How Did You Live?
SAOL / H’ART (2011)
(16 Stücke, 56:43 Minuten Spielzeit)

Die Frage „Wie lebst du?“ in Verbindung mit dem Coverbild mutet schon recht eigenartig an. Doch das Trio Cryptex aus dem Hannoveraner Raum bietet auf ihrem Debütalbum „Good Morning, How Did You Live?“ eine Crossover-Mischung der verschiedensten Stilrichtungen, die sofort zündet. Wenn man bedenkt, dass die Jungs bei den Aufnahmen so zwischen 22 und 25 Jahre alt waren, ist dies, wenn man die Scheibe gehört hat, besonders beachtenswert.


Wann die CD genau herausgekommen ist (2010 oder 2011) kann ich dem Booklet nicht wirklich entnehmen. Aber egal, die Musik zählt und die ist auf dem Debüt wirklich herausragend.

Ich hatte das Vergnügen die drei jungen Musiker als Vorgruppe von Pain Of Salvation live erleben zu dürfen. Schon der Liveauftritt hat mich völlig umgehauen, denn die Mixtur aus Hardrock, Progressive Rock, Alternative, Folk, Punk und symphonischem Rock ist absolut fesselnd. Und das zeigt auch das Album, wenn auch die Faszination und die Intensität der Liveperformance nicht ganz eingefangen werden konnte.

Cryptex, das sind Simon Moskon (Gesang, Piano, Keyboards, Didgeridoo, Bass), Martin Linke (Gitarren, Sansula, Backgroundgesang) und Ramón Fleig (Schlagzeug, Perkussion, Cajun, Backgroundgesang).

Die CD beginnt mit dem knapp 45sekündigen „Intro“, bei dem man knarrzende Schritte, einen Schlüssel, der in ein Schloss gesteckt wird, eine knarrende Tür und einen Ventilator hört. Das ist zunächst einmal eine recht surreale Stimmung die aufgebaut wird und man weiß als Hörer noch nicht so genau, wo die Reise hinführen wird. Doch dann geht es im ersten Song „Hicksville, Habitus And Itchy Feet“ gleich recht rockig, so wie in den guten 70’ern, los. Die Jungs scheinen viele verschiedene Musikstile und Klangfarben der Rockgeschichte in einen Topf geworfen zu haben, und machen daraus ein sehr wohlschmeckendes neues Gericht. Der erste Track vereint gleich mal 70’er Jahre Rock mit Progressive Rock und symphonischen Klängen. Auch kommen hier schon einige folkartige Klänge zum Vorschein, die an Bands wie Jethro Tull erinnern. Simon’s Stimme fügt sich dabei ganz hervorragend in die Musik ein und wirkt mal sanft, dann wieder etwas hart.

Mit „Dance Of The Strange Folk“ bringen die Jungs eine rockige Folkvariante, die in ihrer rotzig vorgetragenen Form eine Mischung aus Jethro Tull und The Who mit punkigem Einschlag sein könnte. Das macht einfach nur Spaß. Herrlich ist hier auch der Satzgesang, bei dem man geneigt ist mitzugröhlen. Die Band versprüht selbst auf CD eine unglaubliche Kraft und Spielfreude, die ansteckend ist.

„Freeride“ ist ein treibender Song, „Bagheera“ eine Mischung aus Punk und Progressive Rock. Eine wunderbare Akustik-Ballade folgt mit „It’s Mine“, deren Melodie sich ins Hirn brennt. Sehr gut gefällt mir in diesem Stück auch die Perkussion und der facettenreiche Gesang von Simon. Und in dieser Vielfalt macht die Band weiter und so entwickelt sich jeder einzelne Song zu einem kleinen Juwel.

Ein weiteres Highlight in dem mit Höhepunkten voll bepacktem Album ist „Grief And Despair“, gefolgt vom Longtrack „A Colour Called Gently“, das mit elf Minuten das längste Stück der CD ist. Ein tolles Stück, bei dem die Sounds, Melodien, Rhythmen sich ständig verändern. Hier haben sie noch einmal alles hineingepackt. Und mit dem rhythmischen „Outro“, das mit Gospelchor aufwartet, beenden die Drei dann das klasse Album.

Mit „Good Morning, How Did You Live?“ ist dem jungen Trio Cryptex ein wirklich herausragendes Debüt gelungen. Unglaublich viele stilistische Elemente aus den unterschiedlichsten Rockbereichen haben sie zu einem tollen Oeuvre vermengt, das sofort ins Ohr geht und bei dem eine hohe Suchtgefahr besteht. Cryptex, diesen Namen muss man sich merken. Tolles Album, hohe Empfehlungsstufe.

Stephan Schelle, Mai 2012

   

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