Copernicus – Cipher And Decipher

Copernicus – Cipher And Decipher
Moonjune Records (2011)
(10 Stücke, 70:04 Minuten Spielzeit)

Es gibt Musik, die sich nur schwierig beschrieben lässt. Die Veröffentlichungen von Copernicus gehören zweifelsfrei dazu. Copernicus nennt sich ein in New York lebender Dichter, der neben Büchern auch Musik herausbringt. So ungewöhnlich wie die Musik, so ist auch das Konzept dahinter. Denn während die Texte von Copernicus stammen und gesprochen werden, wurde die Musik dazu spontan und improvisierend von zahlreichen Musikern eingespielt.


Copernicus erzählt, schreit oder lässt seine Worte bedrohlich oder verzweifelt aus seinem Mund erklingen. Das ist äußerst ungewöhnlich und doch hinterlässt dieses Werk bei mir eine unerklärliche Faszination. Das liegt aber vor allem an den teils harmonischen Melodiebögen und Klangfarben (wie im Opener „Into The Subatomic“), die die Musiker hier hinzufügen. Das sind in diesem Fall Pierce Turner (Piano, Hammondorgel, Perkussion, Backgroundgesang), Larry Kirwan (E-Gitarre, Gesang), Mike Fazio (E-Gitarre), Bob Hoffnar (Steel-Gitarre), Raimundo Penaforte (Viola, Akustikgitarre, Cavaquinho, Perkussion, Gesang), Cesar Aragundi (Akustik- und E-Gitarre), Fred Parcells (Trombone), Rob Thomas (Violine), Matty Fillou (Tenor Saxophon, Perkussion), Marvin Wright (Bass, E-Gitarre, Perkussion), George Bush (Tuba, Kontrabass, Bass), Thomas Hamlin (Schlagzeug, Perkussion) und Mark Brotter (Schlagzeug, Perkussion).

Mittelamerikanische Rhythmen, die sofort zur Bewegung animieren, bietet „Mud Becomes Mind“. In völligem Kontrast steht dazu Copernicus Sprachgesang. Das ganze gleitet im Verlauf aber in eine etwas chaotische Stimmung ab, was daran liegt, das die Instrumente so klingen, als würden sie durcheinander spielen.

Unheimlich, mit synthetischen Sounds, verbunden mit Tubaklängen zeigt sich „I Don’t Believe“. Das hat was von Suizidstimmung und Schizophrenie. Viel freundlicher und mit einer Spur Funk klingt da „Matter Is Energy“. Im Verlauf wird es aber wieder recht schräg und jazzige Elemente übernehmen die Oberhand. Am ehesten hat noch „Infinite Strength“ eine Songstruktur, denn da swingt und rockt es ganz gut, während Copernicus wie gewohnt seine Texte rausschleudert. Im abschließenden 15minütigen „The Cauldron“ wird es dann wider jazzig mit einer gehörigen experimentellen Note. Das ist kein einfacher Stoff, den uns Copernicus da aus den Boxen entgegenschleudert.

„Cipher And Decipher“ ist eine ungewöhnliche Scheibe mit einem ungewöhnlichen Konzept, das aber aufgeht. Die Stimme von Copernicus ist der Kernpunkt, um den sich die Musik dreht. Mal wirkt sie wie von dieser Welt entrückt, dann wieder recht bedrohlich. Aber genau das bildet den Spannungsbogen, den diese CD ausmacht. Man muss sich schon dieser Musik hingeben, damit man das Teil nicht gleich in die Versenkung schiebt. Dann aber hat man eine außergewöhnliche Erfahrung der musikalischen Art vor sich. Eine Scheibe abseits der üblichen Hörgewohnheiten. Nie traf dieser Spruch den Nagel so auf den Kopf wie bei dieser CD.

Stephan Schelle, Mai 2011

   

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