Colour Haze – She said

Colour Haze – She said
Elektrohasch (2012)
(8 Stücke, 79:10 Minuten Spielzeit)

Was lange währt, wird endlich gut – so könnte man die Besprechung prägnant zusammenfassen. Eigentlich schon für Anfang letzten Jahres angekündigt, erblickt das neue Werk der Münchener Stoner-Rocker vier Jahre nach „ALL“ endlich das Licht der Öffentlichkeit. Diverse Probleme wie Fehler bei der Aufnahme oder Schwierigkeiten beim Bau des neuen Studios, wenn ich richtig im WEB gelesen habe, führten zur Verzögerung.


Die Besetzungsliste zeigt es an, es gibt Neuerungen im „Colour Haze“-Klangkosmos, die der Musik sehr gut zu Gesicht stehen. Ebenso positiv ist in meinen Augen auch die Verteilung der knapp 80min auf  zwei CDs, gerade unter dem Kopfhörer klingeln mir nach einer CD doch etwas die Ohren.

Mit dem gut achtzehnminütigen Titelgebenden Stück beginnt die erste CD und schon die Eröffnung ist sehr gelungen. Anstatt mit voller Breitseite einzusteigen, erklingt sehr leise ein Windspiel, zu dem sich nach und nach Gitarre, Percussions, Bass, Gesang und zum Schluss ein Piano gesellen.  Bass und Schlagzeug geben dabei eine sich immer wiederholende Figur vor, worüber das Klavier soliert, sein Tempo langsam steigert und am Spannungshöhepunkt setzt dann die E-Gitarre ein. Die ganze Einleitung schleicht sich so fast fünf Minuten hypnotisch ins Ohr. Ab der achten Minute nehmen sie aber richtig Fahrt auf und rocken, was das Zeug hält. Besonders der Schlagzeuger legt los, wie das Tier aus der Muppetshow und webt ein dichtes Fundament. Noch einige Zeit später (und nach zwei sekundenlangen Erinnerungen an eine Gitarrenfigur aus TOMMY) kommen Congas und andere Percussions hinzu und der Titel wird lateinamerikanisch im Rhythmus. Dazu spielt Stefan Kogler sich die Seele aus dem Leib.

Sehr interessant ist auch das sehr kurze Stück „This“, hier steht ein E-Piano gleichberechtigt neben der Leadgitarre; das Ganze bekommt einen leicht jazzigen Einschlag. Für mich zeigt das einen möglichen, weiteren Weg für die Zukunft.

CD1 endet mit einem weiteren sehr langen Titel. Rückwärts abgespielte Gitarrenspuren und  schwebende Sounds eröffnen „Transformation“ ebenso leise und langsam wie „She said“, bevor auch dieser Song schwer und monolithisch dahinzieht. Neu und sehr gelungen ist die Hereinnahme von Posaune, Flügelhorn und Trompete am Ende des Stückes, was dem Ganzen einen triumphalen, hymnischen Abschluss beschert.

CD2 ist ähnlich aufgebaut, zwei längere Stücke umrahmen drei kürzere. „Breath“ hat stellenweise wieder etwas lateinamerikanisches, „Slowdown“ könnte eine wunderbare Single einer Hardrockkapelle Anfang der 70er des letzten Jahrhunderts sein. Auf „Rite“ gefällt mir besonders die Dopplung der Leadstimme mittels  einer akustischen Gitarre in der zweiten Hälfte sehr gut. „Grace“ besticht durch akustische Gitarre und Streichern in der Eröffnung und wirkt richtig orchestral - auch ein neues Klangmerkmal, das zeigt, wie geschickt und gut Colour Haze ihren klassischen Sound auffrischen.

Wie anfangs schon gesagt: was lange währt...  Colour Haze spielen ihren Sound, der stilbildend für andere Gruppen war und ist. Was sie aber so besonders macht und von vielen abhebt, sind die Neuerungen in den Arrangements und im Klangbild, die sie immer wieder auf ihren Alben einbauen. Besonders unter dem Kopfhörer entdeckt man unglaublich viele versteckte Feinheiten, die beim oberflächlichen Hören untergehen.  Ich fand schon die letzten beiden Alben gut, aber dies ist noch besser, da abwechslungsreicher. Wo soll das nur Enden?

Andreas Plaeschke, Oktober 2012

   

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