Cinnamonia - Songs In The Trees
 

Cinnamonia - Songs In The Trees
Quixote (2007)
(12 Stücke, 60:53 Minuten Spielzeit)

Fünf Jahre hat es gedauert, bis in diesem Jahr endlich das zweite Album des hannoverschen Duos Cinnamonia erschien. Und obwohl die Zutaten dieselben wie auf dem Erstling sind, ist es doch bei allem Wiedererkennen eine Weiterentwicklung.

Geblieben sind die Traditionals, die die Band neu interpretiert. Hier ist es der bekannte Titel „O'er The Hills And Far Away“, der mit einer von Chris Barclay gesprochenen Einleitung eröffnet wird. Geblieben auch der Kontrast von traditioneller Gesangslinie und der kargen Instrumentallinie, die bei diesem Titel mit einer schönen „Violine“ aufgelockert wird (Sample? Wenn ja, sehr gut gemacht).


Dazu kommen auf dieser CD noch drei traditionelle Gedichte, die die Band musikalisch interpretiert und weitere eigene Songs. Wieder dabei ist auch der Gitarrist Walter Parks. Ansonsten ist das Album karger/spröder als der Vorläufer, zumindest was den Gesamteindruck betrifft. Der Opener klingt sehr ethnisch und würde von der Instrumentalspur auch gut auf Peter Gabriel’s IV passen. Mit afrikanischen Drums und tiefem Bass, gepaart mit perlenden Harfentönen im Refrain, zaubert Thomas Köhler wieder seine hypnotischen Strukturen. Zu dieser Kargheit passt für meine Ohren auch der Gesang von Sandra Barclay sehr gut, zumal sie häufig sehr ruhig und eher „emotionslos“ singt.

Überhaupt sind die meisten Titel bei allem Detailreichtum im Gesamteindruck intimer als beim Vorgänger. Diesmal erinnert mich die CD neben David Sylvian sehr stark an die Werke von In The Nursery: spartanisch instrumentiert und trotzdem pastoral/hymnisch. Neu hinzugekommen ist eine weitere Stimme, die von Sal Pichireddu (wer Progrock_dt kennt, das ist der Chef!), der schon bei seinem Einsatz im ersten Titel die Stimme von Sandra kongenial unterstützt. Auch der Einsatz von Banjo im Song „Ashes And Prayers“ als rhythmisches Instrument ist ein kleines, aber sehr wirksames Detail, das stellvertretend zeigt, wie ausgefeilt die Gruppe an ihre Instrumentierung herangeht.

Erster Höhepunkt ist für mich der Titeltrack, der mich stark an Dead Can Dance erinnert. Dieser Titel eröffnet den Reigen für die „folkigen“ Songs. Auf „The Deer's Cry“ spricht Chris Barclay das Poem auch auf Gälisch. Das folgende „Upon The Waves Of Song“ hat sehr schöne lang gezogene Gitarrenlinien und eine zum Verlieben schöne Gesangslinie - für mich die bis dato beste Gesangsleistung von Sandra Barclay. Eingängig und trotzdem voller Tiefe.

„Seablind“ ist der komplexeste Titel der CD. Innerhalb der fünf Minuten gibt es hier ein Wechselbad von Stimmungen á la Kate Bush (in ihrer „The Dreaming“-Phase). Moderne Beats neben Lyrisch-Sphärischem. In „A Cold Eye" treffen indianische Trommeln und „Hey-A-Hey“-Gesänge auf maschinenhafte Rhythmen. „A Sea Change“ ist Klangzauberei mit Gesang, bei dem erst ab der Mitte ein sich wiederholendes Pianomotiv Harmonie und Ruhe herbeizaubert.

Fazit. Ein extrem stimmungsvolles Album, das starke Klangatmosphären und viele Details in den Arrangements bietet, dabei aber Melodien nicht vergisst. Jetzt braucht es nur noch Hörer. Verdient haben es sich die beiden.

Andreas Plaeschke, Dezember 2007

   

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