Birth Control – Live Abortion Plus
Sireena Records / Broken Silence (2015)

(11 Stücke, 79:56 Minuten Spielzeit)

Muss man über die deutsche Rockband Birth Control noch Worte verlieren? Viele Rockfans werden mit dem Bandnamen vor allem den Song „Gamma Ray“ verbinden, der die Band um Schlagzeuger und Sänger Bernd „Nossi“ Noske, der leider bereits im letzten Jahr verstorben ist, unvergessen gemacht hat. Die Band aber nur auf diesen einen Titel zu beschränken, würde ihr nicht gerecht. Sireena Records hat einige Liveaufnahmen von Birth Control ausgegraben, die vor allem in 1983 mitgeschnitten wurden und ihre Livequalität dokumentiert. 


Von Anfang an bis zu seinem Tode 2014 war Trommler und Sänger Nossi, Dreh- und Angelpunkt der Band, kongenial begleitet von Gitarrist und Hauptkomponist Bruno Frenzel, der schon früh nämlich 1983 verstarb. Kurz nachdem der Großteil der Liveaufnahmen, die auf der am 27.02.2015 erscheinenden CD „Live Abortion Plus“ enthalten sind, entstand.

Die Stücke „Another Death“, „Greedy Eyes“, „Nuclear Reactor“, „Don’t Call Me Up“ und „Get Ready To Run“ wurden beim Konzert am 20.08.1983 in Bad Zwischenahn mitgeschnitten, während „Pick On Me”, „The King Of An Island“ und „Gamma Ray“ (in einer gut 15minütigen Fassung) am 17.09.1983 in Nettetal-Lobberich aufgenommen wurden. Daneben enthält die CD noch eine Coverversion von Little Richards „Long Tall Sally“, dessen Location und Aufnahmedatum unbekannt sind, „America“, einem aus 1982 stammenden, bisher unveröffentlichten Song und „Hoodoo Man“, das am 23.02.2002 in der Offenburger Reithalle mitgeschnitten wurde.

„America“ wurde 1982 lediglich von Bruno Frenzel und Bernd Noske im Studio kreiert. Dieser Song erscheint erstmals legal auf einem Tonträger. Auch wenn es wie ein Scherz aus der Feder von Bully Herbig klingt, so handelt es sich bei dieser Produktion um eine Auftragsarbeit der in Deutschland lebenden Blackfoot Indians – der germanischen Schwarzfußindianer. Diese – einmalig für Birth Control! – auf Deutsch gesungene Abrechnung mit den USA der Reagan-Ära erscheint quasi als ein offener Brief an die ehemalige US-Regierung. So verrät es der Pressetext.

Dass die Band damals eine Menge Humor hatte, zeigt sich im Opener „Another Death“, bei dem sie einen fröhlichen Teil in den Song eingebaut haben, der an Bands der Marke Grobschnitt erinnert. Die Liveatmo kommt hier allerdings nur spärlich rüber, da das Publikum doch recht stark in den Hintergrund gemischt ist, was der Scheibe aber keinen Abbruch tut. Das die Songs bei unterschiedlichen Auftritten mitgeschnitten wurden, hört man nicht wirklich heraus. Allerdings ist der Klang der Aufnahmen ein wenig dumpf geraten, ist aber besser als ein Bootleg-Mitschnitt. Dieser etwas magere Klang wird vor allem beim Übersong „Gamma Ray“ deutlich, der nicht so richtig zünden will, weil die Höhen und die Transparenz fehlen.

Ganz anders ist es bei „America“, dem einzigen Studiotrack. Der kommt gleich mit mehr Dynamik rüber. Ein indianischer Rhythmus bietet den Grundstock für diesen Song. Ungewöhnlich ist dieser Song, da er in deutscher Sprache gesungen ist. Man muss anfangs schon genau hinhören, um den Text zu verstehen.

Sireena Records hat hier mal wieder ein Juwel der deutschen Rockgeschichte ausgegraben. Auch wenn der Klang nicht großen Produktionen stand halten kann, so sind es doch die Versionen, die das Album lohnenswert machen. Zumal mit „America“ ein seltener Song enthalten ist, der erstmals offiziell herauskommt.

Stephan Schelle, Februar 2015

   

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