Birth Control - Live
 

Birth Control - Live
Sony BMG (1974 / 2008)
(5 Stücke, 70:26 Minuten Spielzeit)

Bereits im Jahr 1974 auf Vinyl und in 1995 auf CD erschienen, wird mit der CD „Birth Control Live“ eines der besten Livealben des Krautrock wieder neu aufgelegt. Im Jahr 1974 wurden die enthaltenen fünf Rockperlen während ihrer Deutschlandtour in mehreren Städten aufgezeichnet. Birth Control 1974, das waren Bernd „Nossi“ Noske (Schlagzeug und Gesang), Bruno Frenzel (Gitarre, Gesang Perkussion), Peter Föller (Bass, Gesang, Perkussion) und Bernd Held aka Zeus B. Held (Orgel, Wurlitzer-Piano, Gesang und Perkussion). Schon bei der Instrumentierung wird deutlich, dass die Band, die damals auf ihrem Zenit war, klar den Fokus auf den Rhythmus legte.


Zwar sind nur fünf Stücke auf der CD enthalten, diese zeigen aber, dass Birth Control für lange, ausufernde, aber nie langweilige Rocksongs stand, in denen sie ideenreiche Soli und druckvolle Rhythmen mit eingängigen Melodien verbanden.

Birth Control werden unweigerlich mit ihrem hypnotischen Evergreen „Gamma Ray“ in Verbindung gebracht, das so manche Fete in den 70’ern zu einem Highlight machte und seit mehr als 30 Jahren zum festen Bestandteil des Livesets der Band gehört. Auch auf diesem Live-Album darf das ekstatische Stück natürlich nicht fehlen. Doch auch die anderen vier Stücke stehen dem in nichts nach, atmen sie doch ebenfalls dieses unwiderstehliche, kraftvolle Krautrockfeeling.

Die CD startet, nachdem der Applaus verklungen ist, mit Orgelsounds, die in den fast 17minütigen Livehammer „The Work Is Done“ einleiten. Sofort wenn „Nossi’s“ Stimme einsetzt, ist das unbändige Gefühl, das Birth Control verbreiten, da, denn seine Stimme ist derartig markant und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Dieser Song gehört auch heute noch zum Set der Band und wer ihn hier hört, weiß auch genau warum. Das jazzig angehauchte Alto-Saxophon-Solo steuerte übrigens Zeus B. Held bei.

Es folgt das mehr als 15minütige „Back From Hell“, das vor allem durch das Orgelspiel von Zeus B. Held stilistisch in die Nähe von Deep Purple und Uriah Heep rückt. Sein Orgelspiel erinnert streckenweise recht stark an das von Jon Lord. Peter Föller und „Nossi“ liefern sich bei diesem Stück ein gesangliches Zwiegespräch. Zwischendrin wieder diese ellenlangen Soli und Instrumentalpassagen, in denen Zeus mal eben ein paar Töne des „Flohwalzers“ unterbringt. Und nicht nur die Band, allen voran natürlich „Nossi“, gibt sich dem Rhythmus hin, auch das Publikum ist mit Szenenapplaus und rhythmischem Klatschen ordentlich bei der Sache.

Mit mehr als 20 Minuten ist „Gamma Ray“, der Übertitel der Band, auch gleich das längste Stück des Albums. Was soll man zu diesem Stück noch sagen, über das bereits soviel geschrieben wurde? Nur soviel: Hier zelebrieren die Jungs es bis zur Ekstase. Es reihen sich Soli an Soli an. „Gamma Ray“ ist ein Stück, das man gehört haben muss. Allein wegen dieses Titels gehört das Album in jeden Plattenschrank.

„She’s Got Nothing On You“ ist mit seinen fünfeinhalb Minuten der Shorttrack des Albums. Ein Rocker, der beständig nach vorn abgeht. Mit dem abschließenden Stück „Long Tall Sally“, das als einziges nicht aus der Feder der Band stammt, bieten die vier dann auch noch eine Portion Rock ’N Roll jenseits der zehn Minuten-Marke. Dieser Titel kann ebenfalls überzeugen und passt sich nahtlos in das Liveset ein. Dass die Band ihre Fans voll im Griff haben, beweist der Teil, in dem Peter Föller das Publikum zum Mitsingen animiert. Selbst vor den Boxen ist man geneigt, da mit zu grölen.

Soundtechnisch wurden die Konzerte so transparent aufgenommen, dass man meint, direkt auf der Bühne zu stehen. Auch wurden die Zuschauerreaktionen sehr gut eingefangen, so dass hier ein tolles Livefeeling entsteht. Birth Control „Live“ ist ein Rockalbum, das in keiner Sammlung fehlen darf. Damals wie Heute ist es ein Meilenstein der Rockmusik. Wer das Album bisher noch nicht sein Eigen nennt, der sollte jetzt unbedingt zuschlagen.

Stephan Schelle, Oktober 2008

   

CD-Kritiken-Menue