Archive –
Call To Arms & Angels „Call To Arms & Angels” ist das zwölfte Studioalbum von Archive. Sechs Jahre nach dem letzten Studioalbum „The False Foundation”, erschienen in 2016, ist das neue Werk ein 17 Titel umfassendes Doppelalbum, das in den RAK-Studios in London mit Jérome Devoise aufgenommen wurde. Dazwischen lagen die Compilation „25“ (eine vier CDs umfassende Retrospektive) und „Versions“, die 2019 und 2020 herausgekommen sind. „Call To Arms & Angels” erschien am 08.04.2022. |
||||
Im
Jahr 2002 veröffentlichte das Musiker-Kollektiv aus dem Süden Londons
ein viel gefeiertes Album mit dem Titel „You All Look The Same To Me“,
dem mit „Noise“ und „Lights“ zwei weitere grandiose Alben folgten.
Danach entwickelte sich die Band immer weiter und baute moderne Sounds,
die weit ab vom eingeschlagenen Progressiverock / Artrock lagen, in ihre
Musik ein und gingen mehr in Richtung Triprock. In dem aktuellen Album
„Call To Arms & Angels“ verbinden sie sowohl die Musik ihrer
Alben, die sie zu Beginn der 2000’er so erfolgreich gemacht haben mit
modernem Sounddesign. Über
die Entstehung des neuen Albums sagt Darius Keeler: „Über diese Zeiten
als Künstler nachzudenken, brachte eine Dunkelheit und eine Wut, aber
auch eine seltsame Art von Inspiration hervor, die manchmal beunruhigend
war. Es hat uns die Macht der Musik bewusst gemacht und wie viel Glück
wir haben, dass wir unsere Gefühle auf diese Weise ausdrücken können.
Es scheint, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt, aber es gibt immer
Schatten in diesem Licht.“ Das
Album beginnt mit dem 4:30minütigen „Surrounded By Ghosts“ recht
hymnisch. Flirrende Electronics und eine sanfte Pianomelodie, auf die dann
zarter Gesang gelegt wird, bestimmen zunächst das Bild. Das ist eine
wunderbare, zarte Ballade, die unter die Haut geht und an alte Großtaten
erinnert. Auch das nächste Stück, das vierminütige „Mr Daisy“ enthält
die Zutaten, die Archive so einzigartig machen. Hier geht es aber
druckvoller zu. Das
4:41minütige „Fear There And Everywhere“ kann ebenfalls voll überzeugen.
Erinnert es doch mehr an die frühen 2000’er. „Numbers“ ist dann
eine Elektropopnummer mit einem sehr monotonen Gesang. Eine, aus meiner
Sicht etwas schräge Nummer. „In
den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, wie ständige Angst und
Ungewissheit menschliche Beziehungen beeinflussen können. Als wir
‘Shouting Within’ schrieben, sprachen wir darüber, dass die Menschen
sich so wütend, so gelähmt und so verletzlich fühlen, dass sie in der
Kluft gefangen sind. Sie sehnen sich nach Verbindung, haben aber Angst vor
Kontakt. Es gibt so viele Theorien, Geschichten, Hochs und Tiefs. Es ist
schwer, die innere Wut zu unterdrücken, die daraus erwächst. Das
balladeske „Shouting Within“ ist dann auch eine sehr intensive Nummer
geworden, bei der zunächst der Gesang und das Piano im Vordergrund
stehen. „Daytime
Coma“ ist mit 14:34 Minuten Spielzeit der Longtrack des Albums. Das Stück
gehört eindeutig zu den Highlights des Albums, das mit einer sehr ruhigen
und einfühlsamen Passage beginnt und zum Ende hin eruptiv explodiert.
Dazwischen findet sich eine gelungene elektronische Passage mit
pulsierenden Synthiesounds. „Head Heavy“ zieht mit teils symphonisch,
progressiven Klängen und herrlichem Satzgesang durch den Raum. Außergewöhnlich
ist auch das 8:38minütige „Enemy“, das mit zarter Pianomelodie,
Streichersounds und zerbrechlichem Gesang startet, dann aber nach einigen
Minuten in einen bedrohlich klingenden Part überzugehen, um zum Ende hin
in einem treibenden, fast industriellen Part ausklingt. Das 9:41minütige
„Freedom“ wandelt zwischen Pop, Beatlesken Sounds, düsteren
Klanggebilden und atmosphärischen, ambienten Parts. Das ist aus meiner
Sicht aber etwas zu lang geraten. Betörend zeigt sich dann das sanfte,
3:44minütige „Alive“, bei dem der Satzgesang vom Sound her an CSN
erinnert. Das 8:31minütige „The Crown“ ist ein sehr elektronischer
Track, dessen Gesang zwischen Björn und Anne Clark zu liegen scheint. „Call
To Arms & Angels“ ist kein ganz leichter Brocken geworden, aber eingängiger
als Archives letztes Studioalbum. Die Briten schaffen es immer noch, mit
außergewöhnlichen Klängen ein fesselndes Werk zu kreieren. Stephan Schelle, April 2022 |
||||