Anyone’s Daughter - Adonis

Anyone’s Daughter - Adonis
Tempus Fugit (1979/2010)
(9 Stücke, 64:41 Minuten Spielzeit + Video)

Das süddeutsche Artrock-Quartett Anyone’s Daughter, bestehend aus Harald Bareth (Gesang, Bass), Uwe Karpa (Gitarre), Kono Konopik und (Schlagzeug) Matthias Ulmer (Gesang, Tasteninstrumente) gründete sich in den frühen Siebzigern, veröffentlichte aber erst 1979 ihr Debütalbum. Diese erste Veröffentlichung war das Album „Adonis“, benannt nach einer mythologischen Gestalt aus dem Mittelmeerraum. Es gibt unterschiedliche Thesen, woher die Bezeichnung Adonis komm, doch wird er im Volksmund für das Synonym eines „sehr schönen Mannes“ genutzt.


Anyone’s Daughter haben bereits auf ihrem Erstling ein starkes Ausrufezeichen gesetzt, auch wenn die Band hauptsächlich mit ihrem Konzeptwerk „Piktor’s Verwandlungen“, einer Vertonung einer Geschichte des deutschen Schriftstellers Hermann Hesse, in Verbindung gebracht werdend. Das dieses Debüt schon gleich ein so qualitativ hochwertiges Produkt wurde, liegt vor allem daran, das die Musiker seit 1972 als Schülerband begonnen und jahrelang hart an sich gearbeitet haben. Darunter gehörten auch zahlreiche Auftritte, in denen sich die vier ihre Spielpraxis holten und sich musikalisch weiterentwickelten.

Kern des Albums war das eine Plattenseite umfassende Titelstück, das in vier Teiler unterteilt und ca. 24 Minuten lang ist. Auch wenn sich die Sounds an einigen Stellen ein wenig nach Triumvirat oder auch den frühen Genesis anhören, so ist die Musik doch von ausgesprochen hoher Qualität und Eigenständigkeit, der auch die Zeit nichts anhaben konnte. Natürlich klingen Anyone’s Daughter auf ihrem Debütalbum nach späten 70’ern, wie könnte das auch anders sein, doch macht die Platte auch heute noch eine Menge Spaß. Das liegt vor allem an den zum Teil ausufernden Instrumentalpassagen sowie den herrlichen Melodien.

Neben dem Titelstück befinden sich noch drei weitere Stücke auf dem Album, die sich seinerzeit auf Seite 2 der Vinylfassung befanden. Das Instrumental „Blue House“ hält einige Blueselemente parat, während „Sally“ fast schon rhythmisch/fröhlich wirkt und eher untypisch für Anyone’s Daughter ist. Hier fallen vor allem die Saxophonsoli von Gastmusiker Pit Widmer auf. Das mehr als neunminütige, herrliche „Anyone’s Daughter“ beschließt dann wieder im Artrockstil die Titel des Originalalbums. Zunächst sehr ruhig beginnend, entwickelt sich dieses Stück zu einem wahren Ohrwurm (vor allem der wiederholende Text brennt sich förmlich im Hirn ein), bei dem die Keyboards streckenweise im Vordergrund stehen und Matthias seine Stärken an den Tasten hervorheben kann. Aber auch die anderen drei kommen zu ihren Instrumentalpassagen. Das Stück wirkt ein wenig wie eine Mixtur aus Musik der späten 60’er (Marke Procol Harum) und rockigen Elementen der Mid- und Endsiebziger.

Als Bonus wurden der CD mit „The Taker“ und „Warship“ zwei bisher unveröffentlichte Stücke spendiert. Die insgesamt etwas mehr als 19 Minuten dauernden Stücke wurden bereits 1977 bei einem Konzert in Schorndorf aufgenommen. Sie sind qualitativ den Studioaufnahmen nahezu ebenbürtig und passen sich gut ins Album ein. Damit wurden zwei kleine Juwelen der Band diesem Studioalbum hinzugefügt.

Daneben enthält die CD mit dem Video zu „Adonis Part I: Come Away“ noch einen weiteren Bonus bereit. Zwar gibt auf der CD/DVD „Requested Document Live 1980 – 1983 Vol. 2“ dieses Stück auch als Video, doch während es auf der vorgenannten DVD Teil eines Konzertmittschnitts aus dem Jahr 1981 ist, wurde das Video auf „Adonis“ 1978 im Studio aufgenommen und ist somit auch bisher unveröffentlicht. Auch wenn die Bildqualität hier nicht wirklich dem heutigen Standard standhält, ist diese Aufnahme doch ein gelungenes Zeitdokument.

Die CD erscheint in einer auf 2.000 Stück limitierten Ausgabe, die neben der CD im Jewelcase, das mit einem sehr schönen 20seitigen Booklet ausgestattet ist, in einem Pappschuber verpackt ist, in dem sich zusätzlich noch ein Tourposter befindet. Im Booklet sind ausführliche Linernotes, die Songtexte des Titelstückes (seltsamerweise sind die Texte der anderen Stücke nicht enthalten – wie auch schon auf dem Originalalbum) sowie viele bisher unveröffentlichte Fotos enthalten. Tempus Fugit hat hier ganze Arbeit geleistet.

Dieses remasterte Rerelease von „Adonis“ von Anyone’s Daughter kann ich jedem Rockfan nur wärmstens ans Herz legen. Die Scheibe hat nichts von ihrer Qualität verloren und ist darüber hinaus sehr liebevoll gestaltet. Eine Scheibe aus dem Art- bzw. Krautrock-Bereich, die man haben sollte. Für Fans der Band ist dieses remasterte Werk ein Muss.

Stephan Schelle, August 2010

   

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