Anna Maria Zinke - Weiter
Prosodia (2021)

(15 Stücke, 63:14 Minuten Spielzeit)

Anna Maria Zinke lebt und arbeitet als freischaffende Kunstpädagogin und Musikerin in Halle (Saale). Unter anderem spielt sie zusammen mit der Formation Wise Old Men. Am 05.03.2021 ist ihr neues Soloalbum unter dem Titel „Weiter“ veröffentlicht worden. Darauf befinden sich 15 Songs mit Laufzeiten von 1:53 bis 6:16 Minuten Spielzeit.


Auf ihrem neuen Album „Weiter“ betrachtet die Liedermacherin Anna Maria Zinke mit melancholisch hintergründigem Humor die Welt – und stellt dabei die Weichen immer wieder neu. Phänomene wie die zwischenmenschliche Stagnation beim gemeinsamen Biertrinken, die Suche nach Zuversicht als auch Leben und Sterben schweben in ihren Songs zwischen existentieller Schwere und selbstironischer Leichtigkeit. Wie ein roter Faden zieht sich eines durch alle Lieder: Der Impuls zur Bewegung. Hin zur See oder gleich ins Universum kreisender Planeten.

Ihre Songs präsentiert Zinke mit voller Dynamik. Filigran und vielfältig instrumentiert durch das Mitwirken einer reichhaltigen Besetzung birgt jedes der Stücke eine eigene Welt. Das Instrumentarium, von Klassik, Rock über Country und Celtic bis zu persischem Hackbrett, erschafft einen eigenen Kosmos. Man merkt der Scheibe an, dass sie als Session eingespielt wurde und das ist gut so. Die Musik atmet und lebt. Und sie berührt.

Unterstütz wurde Anna Maria Zinke (Gesang, Klavier, Akustikgitarre, Konzertgitarre, Chime, Shaker) von den Wise Old Men Michael Proschek (Akustikgitarre, E-Gitarre, Mandoline, Ukulele, Chorgesang) und Akki Schulz (Kontrabass, Chorgesang). Als weitere Gäste wirken noch mit: Nico Schneider (Banjo, Smallpipes, Chorgesang), Maria Hofmüller (Nyckelharpa, Akkordeon, Santur, Chorgesang), Silas Hofmüller (Low Whistle, Whistle), Alex Wurlitzer (Pedal-Steel, Resonatorgitarre, 12-String Gitarre, Akustikgitarre, E-Gitarre, Mundharmonika) und Linda Trillhaase (Geige, E-Geige, Viola, Chorgesang).

Die CD erscheint in einem vierseitigen Papersleeve, bei dem sich die CD noch einmal in einem bedruckten Karton befindet, was den Silberling beim entnehmen schützt. Darüber hinaus wurde dem Album ein 16seitiges Booklet spendiert in dem sich alle Texte und zahlreiche Fotos befinden. Im Mittelteil erfährt man dann, was es mit dem Stein auf dem Cover auf sich hat. Die Geschichte mit dem Marder und dem ADAC ist sehr witzig.

Anna Maria hat für ihre Songs teils sehr poetische dann aber auch wieder recht nachdenkliche und ernste Texte geschrieben, in denen sie zum Beispiel Zweifel hegt sich einem neuen Partner zu öffnen („Durch meine Tür“) oder über eine Trennung in „Bahnhof“. Dabei hat sie immer sehr außergewöhnliche Titel für die jeweiligen Themen gewählt wie zum Beispiel „Bierkomplex“, in dem sie beschreibt wie zwei Menschen den jeweils anderen nicht in „ihren eigenen Tanzbereiche“ lassen.

Anna Maria Zinke hat ihre Stücke zwar im Singer/Songwriter-Stil eingespielt, doch wirken die Stücke durch die Instrumentierung und die verschiedenen Stile, die sie in ihre Songs einbaut, weitaus druckvoller und dynamischer. Das zeigt sich bereits im ersten Stück „Ampel“, das durch das Banjo im Zusammenspiel mit Akustikgitarre und Percussion ein leicht amerikanisches Flair bekommt. Der zu Beginn des Songs „See“ gespielte Kontrabass sorgt für ein neues Element, während Banjo und Gitarren sich wieder in dem Song vereinen. Anna Maria baut hier eine sehr atmosphärische Stimmung auf und gibt den Instrumenten genug Raum zur Entfaltung.

Das Titelstück zeigt sich von einer eher zerbrechlichen Seite, das mit Pianotupfern, Akustikgitarre und Satzgesang beginnt. Die Geige unterstreicht dann durch zarte und später auch deutlichere Einwürfe diese Stimmung. Ein teils intimer Song, der auch musikalisch überzeugt. Chansonartig wirkt dagegen „Bahnhof“ in einigen Passagen. Zwei vom Piano getragene, zarte Instrumentalstücke findeen sich dann mit „Farewell“ und „Irrituede“ auf dem Album.

Leicht jazzige Stücke gibt es auch auf dem Album wie zum Beispiel der Song „Cafebar“ zeigt. Im Stück „Halt“ tanzen dann Kontrabass und Akustikgitarre umeinander und bilden mit Anna Maria’s Gesang eine perfekte Symbiose.

Man sollte nicht irritiert sein, dass der Player 42 Stücke anzeigt. Nach den ersten 15 Stücken kommen 26 Tracks mit einer Laufzeit von jeweils vier Sekunden, die zu einem Hiddentrack (Nummer 41) mit 1:21 Minuten Spielzeit führen, der einen kurzen Mitschnitt aus dem Studio - mit verschiedene Kommentaren - darstellt. Da ich keine Hiddentracks mag, ist dies der einzige Kritikpunkt an diesem wunderbaren Album.

Das Album „Weiter“ von Anna Maria Zinke enthält 15 wunderbare atmosphärische Songs, die sich vor allem durch die Instrumentierung von herkömmlichen Liedermachern unterscheiden.

Stephan Schelle, April 2021

   

CD-Kritiken-Menue