Alex Conti - Shetar

Alex Conti - Shetar
Mad As Hell Productions / In-Akustik (2010)
(10 Stücke, 53:02 Minuten Spielzeit)

Der in Berlin geborene Musiker Alex Conti ist ein Urgestein der deutschen Rock- und Bluesgeschichte. Neben mehreren Soloprojekten führte sein Weg von Curly Curve über Atlantis, Lake, Elephant, Herwig Mitteregger und der Hamburg Blues Band, um nur einige Stationen seiner Laufbahn zu nennen. Kurz vor seinem 58. Geburtstag will er noch einmal zurück zu seinen Wurzeln, was bei ihm bedeutet „die reine Gitarrenlehre ohne 16 Fußbedale wieder zu entdecken. Nur mit seiner Gibson Les Paul, seiner alten Fender Telecaster und seinem Super Reverb“.


Und diese Rückkehr vollzieht er auf dem neuen Album „Shetar“, das am 23.04.2010 erscheinen wird, in Form von instrumentalen Coverversionen bekannter Sängerinnen. Dies ist auch der Hintergrund für den Albumnamen, der eine Kombination aus den beiden englischen Worten „She“ und „Guitar“ darstellt.

Im Booklet ist zu lesen, dass Alex aufgrund eines Werbespots für Ricky King (wer kennt nicht den Gitarristen, der in den 70’ern und 80’ern diverse Hits im typischen Gitarrenstil präsentierte?) im Jahr 2008 auf die Idee zu diesem Album gekommen ist. Da King’s Musik für meinen Geschmack etwas von Kaufhausmusik hat (Fans mögen mir das verzeihen), war meine Befürchtung groß, dass Alex in die gleiche Kerbe schlägt. Doch er hat gut daran getan die ausgewählten Songs mehr im Bandstil zu präsentieren, denn neben Alex spielen noch so hochkarätige deutsche Musiker wie Matthias Ulmer an den Keyboards (Heinz Rudolf Kunze, Anyone’s Daughter, etc.), Raoul Walten am Bass (Westernhagen, Heinz Rudolf Kunze, Anyone’s Daughter, Mitteregger & Friends, etc.) und Peter Kumpf am Schlagzeug (Anyone’s Daughter, Leo Sayer, Harold Faltermeyer, etc.) mit. Und genau dieses Bandgefüge macht den Sound des Albums aus.

Alex hat sich neun Stücke von weiblichen Interpreten, darunter allein drei Songs von Madonna, herausgepickt sowie mit „Bei mir bist Du schön“ einen jiddischen Standard, der in der neuen Form einfach faszinierend ist. Während seine Musikerfreunde für den nötigen Unterbau und Rhythmus sorgen, übernimmt Alex mit seinen E-Gitarren die Lead-Stimme.

Mal poppig wie bei Madonna („Hung Up“ – mit einer rockigen E-Gitarre und dem bekannten Abba-Sound -, „Vogue“ – mit stampfendem Beat - und „Open Your Heart“), soulig und funkig wie in „Might Need Somebody“, „Street Life“ und „Chain Reaction“ (aus den letzten beiden sprüht förmlich der berühmt berüchtigte Motown-Sound) bis hin zu melancholisch, verträumt in den Versionen von „From A Distance” und „Nothing Compares 2 U” (auf der Akustikgitarre genau so eindringlich gespielt, wie es Sinead O’Connor seinerzeit gesungen hat) zeigt sich Alex in unterschiedlichen Stilen. Am besten passt sein bluesiger Ansatz für meinen Geschmack aber bei Alannah Myles Song „Black Velvet“. Dieses Stück hat schon im Original eine große Strahlkraft, die sich auch in der Interpretation von Alex widerspiegelt.

Als ich auf dem Cover las, dass „Bei mir bist Du schön“ auch auf dem Album enthalten ist, war ich zunächst skeptisch, doch schon das Intro sorgte bei mir für Gänsehaut, da es Gilmourartig angelegt ist. Alex verleiht dem Stück eine ganz andere Note, die mich stilistisch ein wenig an Blonker erinnert.

Mit „Shetar“ hat Alex Conti ein Album ganz für sich eingespielt und einige wenige seiner Lieblingssongs neu interpretiert. Man kennt die Melodien und somit ist die Gefahr nah, dass die Instrumentalversionen zur Fahrstuhlmusik verkommen können, doch Alex tappt nicht in diese Falle sondern versteht es vielmehr auf dem Album genug Akzente zu setzen um die Spannung zu halten.

Stephan Schelle, Januar 2010

   

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