Voispectra – Reflections Part One + Part 2wo
 

Voispectra – Reflections Part One + Part 2wo
itunes Downloadalben (2008)
(5 Stücke, 28 Minuten Spielzeit; 10 Stücke, 46 Minuten Spielzeit)

Auf das Musikprojekt Voispectra bin ich mal wieder über die Internetplattform myspace aufmerksam geworden. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich der 36jährige türkische Elektronikmusiker Kürsat Pasinlioglu. Zwei Veröffentlichungen sind von ihm im Jahr 2008 erschienen, die über den itunes-Store erhältlich sind. Zum einen handelt es sich um eine fünf Stücke umfassende EP mit dem Titel „Refelections Part one“, zum anderen um das Album „Refelections Part 2wo“, das zehn Stücke beinhaltet. Mir liegt als Rezension eine Zusammenfassung von vier Tracks der EP und sechs Stücken des Albums vor.

Bereits im Alter von 12 Jahren begann Kürsat mit einer klassischen Ausbildung am Piano. Einige Jahre später wechselte er dann zu elektronischen Instrumenten wie Synthesizer, Sequenzer und Sampler. In der Folge spielte er in verschiedenen türkischen Bands und lieferte mit dem Stück „Iron John“ einen Beitrag für ein Coveralbum das der deutschen Synthie-Popband Alphaville gewidmet war.

Auf seinen Soloalben kombiniert er den Sound der elektronischen Gerätschaften unter anderem mit einem richtigen Chor und akustischen Instrumenten. Vor allem die akustischen Klänge bereichern seine Musik mit ethnischen Elementen, die einen Weltmusik-Touch in die Produktionen bringen.

 


Zunächst zu den Stücken der EP. Sie beginnt mit „Sufi“ einem sehr perkussivem Stück, das folkloristische Rhythmen mit flächigen Synthies vereint. Das klingt außergewöhnlich und spannend. Eine richtige Melodie will aber nicht aufkommen, stattdessen spielt Kürsat mit Rhythmus und Synthiesounds. „Alchemist“ beginnt mit Stimmsamples und einem mit Vocoder verfremdeten Sprechgesang, dann öffnen sich weite Synthieflächen, die einen spacigen Touch haben. Nach etwas mehr als einer Minute startet der Sequenzer einen Rhythmus, auf den vertrackt angelegte Sounds eine sehr stimmige Atmosphäre bieten. Anleihen an Tangerine Dream und Synthiepop sind nicht zu überhören. Durch Rhythmus- und Soundwechsel wird der siebenminütige Track sehr abwechslungsreich.

Wieder sehr spacig geht es zunächst bei „Lord Of The Keys“ zu. Das Stück weist aber sehr schöne melodische Akkorde und einen angenehmen Rhythmus auf. Einige Passagen können entfernt an Mind~Flux erinnern. Es folgt noch „Deja Vu“, das zunächst Soundtrackcharakter hat. Auch in diesem Stück geht es rhythmisch zu. Sobald der Sequenzer angeworfen ist, entwickelt sich das Stück zu einem treibenden Electronical mit sehr eingängigen Melodiebögen. Dazu sorgt ein türkisches Blasinstrument für den ethnischen Anteil. Ein sehr schönes Stück, das den Freunden traditioneller Elektronikmusik gefallen dürfte.

Das Downloadalbum „Reflections Part 2wo“ beginnt mit dem Stück „Distant Earths“. Es ist im Stil der traditionellen Elektronik gehalten und kann durch eine sehr eingängige Melodie glänzen. Aber auch hier behält Kürsat den zunächst eingeschlagenen Weg nicht bei sondern ergänzt den Track im Mittelteil durch sehr sphärische Passagen. Im letzten Teil hat er dann noch eine weitere sehr eingängige Melodie in Petto. Das klingt fast so, als seien zwei unterschiedliche Stücke durch eine Brücke zusammengefasst worden. Da hätte es durchaus von Beidem etwas mehr sein können.

„Incognito“ heißt der nächste Track der ein wenig an Schiller erinnert und wieder faszinierende Sounds, Effekte sowie eine eingehende Melodie zu bieten hat. Als nächstes kommt das U-Boot von Nemo, die „Nautilus“, musikalisch zu Gehör. Dieses Stück ist mit einer wirklich hinreißenden Melodielinie bestückt, die durchaus im Brainwork-Umfeld angesiedelt zu sein scheint. Der Titel „Anatolian Xpress“ sagt es schon, hier werden wieder türkische Elemente mit in die Musik eingewoben. Zum einen sind dies Streicher, zum anderen Gesangssamples, die zu diesem Flair beitragen. Der Track strahlt durch seinen Rhythmus und die Soundeffekte eine absolute Faszination aus. Und auch hier wechselt die Stimmung zur Mitte des Stückes und Rhythmen wie aus einer Kasba treffen im zweiten Teil auf türkische Geigen. Und das unglaubliche daran ist, dass diese Kombination - selbst für mitteleuropäische Ohren - gut funktioniert. „Digilogue“ beschließt das Album mit einem sehr sphärischen ersten Teil der nach der Hälfte in einen sehr rhythmischen Teil übergeht. Das geht zeitweise in Richtung Jan Hammer („Axel F“-Phase) bzw. Synthiepop der 80’er.

Kürsat wandelt mit seinem Projekt Voispectra zwischen den musikalischen Gefilden der traditionellen Elektronik, Ambient, Chill-Out und modernem Synthiepop und verfeinert sie an einigen Stellen durch folkloristisch Klänge seiner Heimat. Die Tracks auf den beiden Downloadalben haben mich sofort überzeugt. Sowohl Freunde der traditionellen Elektronik wie auch Liebhaber moderner Elektronikklänge kommen hier auf ihre Kosten. Wer jetzt Neugierig geworden ist, der kann sich Soundbeispiele bei www.myspace.com/voispectra anhören.

Stephan Schelle, November 2008

 
   

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