The Sperrgut Brothers – Searching For The Donkey
 

The Sperrgut Brothers – Searching For The Donkey
Bandcamp (2021)

(5 Stücke, 61:22 Minuten Spielzeit)

The Sperrgut Brothers, was für ein außergewöhnlicher Projektname. Dahinter verbergen sich die beiden Gründerväter der „Hunsrücker EM Schule“ (ein mit Augenzwinkern formuliertes Gegenstück zur „Berliner Schule“) Hagen von Bergen und Christian Fiesel, die mit „Searching For The Donkey“ ein erstes wirklich gemeinsames Album Anfang 2021 veröffentlichen. 

 

 


Im Jahr 2016 veröffentlichten Hagen von Bergen und Christian Fiesel ihre erste gemeinsame EP „Sperrgut“. Auch für die beiden Elektroniker wurde das Jahr 2020 scheinbar endlos und so kamen sie auf die Idee den Faden von „Sperrgut“ als Basis für ein gemeinsames Projekt wieder aufzunehmen. Was lag also näher als dieses Wort in ihren Projektnamen aufzunehmen. Das Ergebnis liegt nun in dem Album „Searching For The Donkey“ vor.

Wer die beiden Musiker kennt, der weiß, dass hier keine Harmonien oder Melodien vorherrschen. Vielmehr erstellen die beiden ambiente Klangskulpturen, die sie mit rhythmischen Grooves, Samples, Effekten und teils auch düsteren Klängen vermischen. Sie selbst beschreiben es als Musik jenseits elektronischer Musik wie „Berliner Schule“ oder Ambient, voller Anspielungen, Facetten, Rhythmen, Grooves, Samples. Düster, verrückt, oft auch unberechenbar, dissonant, verspielt, zum Fürchten, zum Lieben und vor allem zum Immer-wieder-und-wieder-hören.

Mit dem 8:50mintügen „Deep Breath“ startet das Album recht experimentell und rhythmisch. Da schichten die beiden recht industriell klingende Sounds und Effekte zu einer Wall Of Sounds, die auf mich wirkt, als würde etwas zum Einstürzen gebracht. Nach gut zwei Minuten kommt dann ein Rhythmus auf, der sich aber im Hintergrund hält. Ebenso sind es einige Piano artigen Klänge, die ebenfalls im Hintergrund liegen und dem Ganzen eine leicht jazzige Note verleihen.

Der zweite, 15:28minütige Track „A Box Of Marbles“ glänzt vor allem durch seinen unwiderstehlichen, technoartigen Groove und lässt gar einige Harmonien und sogar auch Melodieansätze aufblitzen. Der Rhythmus, der hier klar im Vordergrund steht, wird von den Beiden kontinuierlich variiert und mal mit Melodiebögen, dann wiederum mit Drones verziert. Ein hoch spannender Track, der für mich den Toptrack des Albums darstellt.

Etwas ruhiger wird es dann im folgenden, 8:56minütigen „On A 2nd Thought“, das mit Vogelstimmen, wie in einem Zoo mitgeschnitten, startet. Wabernde Synthieklänge, die man von Christian Fiesel her kennt, mischen sich dann in diese Stimmung. Nach gut drei Minuten ändern sich Stimmung, Klangbild und Rhythmus zu einer hypnotischen Mixtur. Ab ca. Minute Fünf schichten die beiden aber wieder Sounds übereinander und das Ganze wirkt wieder sehr experimentell.

Der längste Track, „Still Stepping On Snow“, bringt es auf 17:46 Minuten Spielzeit. Der Track wirkt stellenweise recht surreal und wechselt zwischen psychedelischen Sounds - bei denen man sich fühlt, als hätte man was eingeworfen -, wiederum recht experimentellen Soundaufschichtungen und auch harmonischen und rhythmischen Parts, in denen auch eine Spur Jazzfeeling enthalten ist. Nach gut zehn Minuten geht es dann sogar ein bisschen in die Richtung „Berliner Schule“ und doch klingen die Sequenzerparts ganz anders. Man kann es kaum beschreiben. Die beiden haben eine unglaubliche Soundvielfalt in diesen Track integriert.

Das 10:19minütige „Bookends“ beschließt dann das neue Album des Elektronikduos. Zunächst hört man einen rückwärts abgespielten Text, dem dann einige elektronische Effekte und Soundsprengsel folgen. Der Track wirkt im Ganzen auch wie eine Soundkollage, der durch die Synthieklangfarben gar einen leicht sakralen Touch bekommt.

Das Duo Christian Fiesel / Hagen von Bergen die hier als The Sperrgut Brothers ihren ersten Longplayer präsentieren, haben ein Album mit außergewöhnlichen Klängen eingespielt. Wie schon bei ihren Solowerken, so muss man sich auch hier auf die Musik einlassen, denn zum Nebenbei Hören ist sie nicht geeignet. Experimentelle Klänge treffen hier auf eingestreute Harmonien und teils kraftvolle Rhythmen mit einer teilweise leicht jazzigen Note.

Stephan Schelle, Februar 2021

 
   

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