Stephan Whitlan - Triangulation
 

Stephan Whitlan - Triangulation
Nuff Records (2009)
(6 Stücke, 77:20 Minuten Spielzeit)

In Irland ist Stephan Whitlan zu Hause. Dort geht er dem Beruf eines Kirchenorganisten nach. Das klingt an dieser Stelle etwas unspektakulär, aber Stephan lebt auch noch eine andere musikalische Seite aus, nämlich die des Elektronikmusikers. Und hier kommt ihm seine Fingerfertigkeit, die sein Beruf mit sich bringt, sehr zugute. Bereits im April dieses Jahres war er zusammen mit John Dyson im niederländischen Oirschot beim E-Day-Festival zu sehen. Dort konnte er in einem gut 15minütigen Soloprogramm, das dem Dysonkonzert direkt vorgeschaltet war, beweisen, welch guter Musiker er ist (s. auch Bericht an anderer Stelle).

 


Sein Auftritt beim E-Day hatte so gute Publikumsresonanz, dass er im Oktober beim E-Live-Festival (ebenfalls in Oirschot) einen eigenen Set bekam und auf der Hauptbühne Solo auftreten konnte. An diesem Tag hatte er seine neue CD „Triangulation“ mit im Gepäck, von dem er auch einige Stücke live spielte.

Bereits 1996 erschien mit „Map Reference“ ein tolles Album von Stephan. Seither hat er unter anderem bei K2 Project mitgewirkt und stellt die zweite Hälfte von Narcosis (im Jahr 2007 ist das gleichnamige Album erschienen) dar. Nun also wieder eine Soloscheibe, die sechs Stücke enthält, wobei die Stücke drei bis fünf die Parts 1 bis 3 des Tracks „The Twin Distortions Of Residuality & Disturbance“ darstellen. Mit Ausnahme des ersten Tracks, der knapp unter zehn Minuten liegt, bringen es alle anderen Stücke recht deutlich über die Zehn-Minuten-Marke.

Die CD startet mit dem Titel „Arabella’s Trident“, der für mich zu den Highlights des Albums zählt. Schon die ersten Sequenzen erzeugen bei mir Gänsehaut. Da passt alles, vom Rhythmus über die Harmonielinie bis hin zu den Klangfarben. Stilistisch würde ich dieses Stück in die Richtung John Dyson schieben, was auch nicht von ungefähr kommt, musiziert Stephan doch auch mit John zusammen. Das Stück steigert sich langsam, aber stetig.

„Last Words Of The Prophet“ beginnt mit flirrenden Synthies recht mysteriös und düster. Diese atmosphärischen Klänge ziehen sich über die erste Minute hinaus und es folgen Harmonielinien, die leicht an die „Berliner Schule“ erinnern. Von der fröhlichen, rhythmischen Musik, die der Opener zu bieten hatte, ist jetzt nichts mehr zu spüren, vielmehr schwebt dieser Track mit Mellotron artigen Sounds durch den Raum. Das klingt wie der Soundtrack zu einer Space Opera. Diesen ruhigen Stil zieht Stephan die volle Distanz von fast 17 Minuten durch.

Recht klassisch wirkt Part 1 von „The Twin Distortions Of Residuality & Disturbance“, da Stephan zunächst Sounds, die an Oboen erinnern, verwendet. Sehr verträumt und mit einer herrlichen Melodie versehen, präsentiert sich dieser erste Teil. Hier kommen auch wieder Melodiebögen und Synthieklänge zum Vorschein, die seine Nähe zu John Dyson aufzeigen. Für mich ein weiteres Highlight dieser CD. Part 2 wirkt wie eine Theatermusik mit bedrohlichen Stimmungsbildern. Dieser Teil wirkt sehr experimentell und enthält keine Harmonien oder Melodien. Auf mich wirkt er etwas schwer und zeigt eine andere, düstere Seite Whitlan’s. Part 3 entschädigt dann aber wieder mit Melodien und Klangbildern á la John Dyson. Zunächst ist dieser Part recht ruhig und getragen, das ändert sich aber nach gut der Hälfte des mehr als zwölfminütigen Stückes, denn Stephan lässt nun die Sequenzer den Takt angeben. Wer auf Sequenzer orientierter Musik steht, der kommt nun voll auf seine Kosten.

Den Abschluss bildet das 15minütige „Dependency Generation“ das zwischen Stimmungsbildern und leichten Harmonien hin- und herschwankt. Man hat das Gefühl irgendwo im Nirgendwo zu schweben.

Mit „Triangulation“ ist Stephan Whitlan eine CD gelungen, die unterschiedliche Stimmungen erzeugt. Zum einen sind dies die Klangmalereien, die manchmal – wie in Part 2 von „The Twin Distortions Of Residuality & Disturbance“ schon fast ins experimentelle abdriften, zum anderen bietet er herrliche Melodien, die den Hörer an den Boxen fesseln. Wer die Musik von John Dyson mag, der bekommt darüber hinaus – zumindest auf zwei Longtracks – diesen herrlichen Stil geboten. Stephan Whitlan ist ein wahrer Könner seines Faches, das hat er dieses Jahr live bewiesen und zeigt es auf diesem Soloalbum erneut.

Stephan Schelle, November 2009

 
   

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