Schiller – Summer In Berlin BluRays: 40 Stücke, 352 Minuten Spielzeit + 109 Minuten Bonusmaterial) Kosmopolit
Christopher von Deylen aka Schiller hat unter anderem in Berlin seinen
Wohnsitz. Mit „Summer In Berlin“ hat er zum einen eine Liebeserklärung
an die deutsche Metropole, die seit vielen Jahren ein Schmelztiegel des
kulturellen Lebens darstellt, eingespielt. Zum anderen befindet sich aber
auch mit dem gleichnamigen Titelstück eine Coverversion der Münsteraner
Popband Alphaville (von ihrem 84’er Topalbum „Forever Young“) auf dem
neuesten Studiowerk. Die Produktionen von Schiller zeichnen sich vor allem in den Deluxe Editionen von ausgezeichneter Qualität aus. So war es für mich klar, als in 2020 die Ankündigung des neuen Studioalbums für Mitte Februar 2021 angekündigt wurde, dieses blind zu bestellen, zumal schon klar war, dass in der Super Deluxe Edition (2 CD + 2 BluRay) ein kompletter Livemitschnitt aus Berlin, der Livemitschnitt vom „Lichtsommer“-Konzert in Mannheim aus dem Jahr 2020 sowie dem Indoor-Konzert (aufgrund des Corona-Lockdowns ohne Publikum) mit Thorsten Quaeschning im Rahmen der „Behind Close Doors“-Reihe enthalten sein sollten. |
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Die
erste CD beinhaltet das Studioalbum „Summer In Berlin“ mit einer
Spielzeit von unglaublichen 83:49 Minuten Länge. Wie eine derartige
Spielzeit auf einen CD-Silberling gebracht werden kann ist mir schleierhaft. Nach
dem für Schiller üblichen „Willkommen“, bei dem die deutsche
Synchronstimme von Gillian Anderson (aka Scully in der Serie „Akte X“),
Franziska Pigulla, die Worte „Willkommen in der neuen Welt von Schiller“
spricht, ist man sofort im Schiller-Kosmos gefangen. Man wird mit diesem
Beginn in eine altbekannte und sofort unter die Haut gehende Stimmung
versetzt, als wenn man nach Hause kommt. Der
erste Track ist dann das fast 20mintütige Stück „Der Klang der Stadt“.
Christopher hat den Track mit Samples, die in der deutschen Metropole
aufgenommen wurden, gespickt. Zunächst beginnt das Stück aber mit atmosphärischen,
elektronischen Sounds, die durch den Raum schweben. Nach gut anderthalb
Minuten kommt dann eine Rhythmusformation auf und es entwickelt sich ein
hypnotischer Part, in den sich einige ethnische Sounds akzentuiert
hinzugesellen. Das Stück steigert sich aber im weiteren Verlauf immer mehr,
eine Form, die man auch von der „Berliner Schule“ her kennt, ohne deren
Sound aber aufzugreifen. Nach etwas mehr als sieben Minuten kommt dann eine
weibliche Gesangsstimme hinzu, die sich sanft und wie aus Ferne hinzufügt.
Dann folgt quasi nach etwas mehr als acht Minuten ein Break, der durch
Soundsamples erzeugt wird und ab Minute Neun in einen neuen Part wechselt.
Dieser beginnt mit einigen echohaft unterlegten Soundtupfern, auf die dann
ein Sequenzerrhythmus folgt. Dieser schwillt immer weiter an um sich dann
nach zwölf Minuten mit einem pumpenden Beat zu vereinen. Darauf werden neue
Harmonie- und Melodiebögen gesetzt. Ein erstes Highlight des Albums. Dem
folgt dann mit „Summer In Berlin“, die Coverversion von Alphaville, die
auch vom Sänger der deutschen Popband, Marian Gold, intoniert wird. In
Schillers Version ist der Song ein wenig elektronischer und sanfter angelegt
und zeigt sich in einer Mischung aus New Romantic und Electronic. Vorderasiatisches
Flair fließt dann erstmals in das Stück „Der goldene Engel“ ein. Dem
Stück spendiert Christopher eine wunderbare Melodie mit einem sanften, aber
doch druckvollen Rhythmus. Ein klasse Instrumentalstück mit Popappeal im
typischen Schiller-Stil. Mit „Miracle“ findet sich dann das erste von
zwei Stücken auf dem Album, die von Trisia McTeague gesungen werden. Ein
atmosphärischer Popsong mit einer sanften Stimme von Trisia McTeague, die
an frühere verträumte Schillersongs anknüpft. Atmosphärisch,
mit einer schönen Gitarrenpassage, geht es im Stück „Liebe aus
Asphalt“ zu, bei dem man sich gut eine Fahrt durch eine Großstadtszenerie
vorstellen kann. Zeitlupenartig wirkt dagegen „Wenn die Nacht erwacht“.
Ein ruhiger Rhythmus wird von einigen Flächen und Harmonien mit teils
symphonischem Anklang umspült. Mit
Janet Devlin, die den Song „Better Now“ interpretiert, hat Christopher
dann eine zweite Sängerin am Start. Sie singt hier in einer recht
zerbrechlichen Art und Weise. Das ist ebenfalls ein sehr atmosphärischer
Popsong. Darauf
folgen mit „Metropolis“ und „Menschen im Hotel“ zwei Instrumentalstücke.
Während „Metropolis“ recht rhythmisch daherkommt, hat Christopher
„Menschen im Hotel“ so angelegt, dass eher Stimmungsbilder erzeugt
werden. Hier kommt erst spät eine zarte Melodie auf, während Piano und
einige Gitarrenlicks, die akzentuiert gesetzt sind, im Vordergrund stehen. „Guardian
Angel“, ein Track mit pumpendem Beat, ist das zweite von Tricia McTeague
gesungene Stück und der dritte Popsong des Albums. Dieser Track zeigt sich
von einer frischen, eingängigen Seite. Das 2:57minütige „Fantastique
I“ und das 1:32minütige „Fantastique II“ sind zwei Stücke in denen
Christopher wieder Stimmungsbilder zeichnet. Ruhig fließen Harmonien und Flächen
dahin und werden nur langsam weiterentwickelt. Sie sorgen für einen
ruhenden Pol, ähnlich den Stücken seiner „Einlass“-Musiken. Den
Abschluss bildet ein erneutes Highlight, die mehr als 18minütige
Kollaboration mit Thorsten Quaeschning (Tangerine Dream, Picture Pallace
Music) im Stück „Dem Himmel so nah“, das hier in der Binaural Version
vorliegt. Das Stück ist eine kürzere Version der Session, die Christopher
zusammen mit Thorsten im Lido während der „Behind Closed Doors“-Session
gespielt hat, die in voller Länge auf der zweiten BluRay vorliegt. Hier
trifft Schiller-Atmo auf „Berliner Schule“-Sounds und -Rhythmik. Ein
unglaublich intensives Stück, das die beiden Welten auf perfekte Art und
Weise miteinander verbindet. Die
zweite CD bietet dann einen 74:40minütigen Ausschnitt aus dem Konzert, das
2019 in der Berliner Mercedes Benz Arena stattgefunden hat. 14 der insgesamt
23 Stücke finden sich in der Audiofassung auf der CD. Das komplette Konzert
präsentiert dann die erste BluRay in der Super Deluxe Edition. Neben
Christopher gehören bei dem Konzert noch der Schlagzeuger Gary Wallis (u.a.
Pink Floyd) – er hat seinerzeit Christopher erst zu Livekonzerten
ermutigt, wie man in der Tourdoku erfährt, Scott McKeon (Gitarren), Doug
Wimbish (Bass), Tricia McTeague (Gesang, Percussion, Synthesizer) und Sophie
Hiller (Gesang, Querflöte, Keyboards, Percussion) zur Tourband. Als Gäste
wirken dann noch Robert Meyer de Voltaire aka Schwarz und die aus Teheran
stammende Musikern Yalda Abbasi (Gesang, Dotar) mit. Gestartet
wird mit dem Instrumental „Berlin Moskau“. Christopher platziert
daraufhin mit „Das Glockenspiel“ gleich einen seiner größten Hits an
den Anfang des Konzertes. Bei der Qualität der Stücke hat er es auch gar
nicht nötig seine Klassiker am Ende des Sets zu spielen. Mit einem sanften
Intro beginnt das Stück, das in der ersten Minute noch nicht auf den
Klassiker weist. Toll sind in diesem Stück die Bass- und Gitarrenparts,
sowie die von Gary Wallis gespielten Perkussion- und Drumparts. Das sorgt
sofort für Stimmung im Laden. Weitere
Highlights der Liverperformance sind „Avalanche“, interpretiert von
Schwarz, das mit herrlichen Bass- und Gitarrensounds durchzogene „Es werde
Licht“, die tollen Versionen von „Ein schöner Tag“ mit Querflöte und
Perkussion (ohne eingefügten Text), „Schiller“ mit einem tollen
E-Gitarrensolo, das unverwüstliche und immer unter die Haut gehende
„Ruhe“ und „Das goldene Tor“, das durch Yalda Abbasi eine große
Portion nahöstlichem Flair versprüht, was ebenso für den
Instrumentaltrack „Berlin Tehran“ zutrifft. Die
erste BluRay bietet dann das komplette, gut zweistündige Konzert aus der
Berliner Mercedes Arena aus 2019. Eine vom Klang und der durch die tolle
Lightshow erzeugten Farbflut mitreißende Performance. Außerdem bietet die
BluRay eine 33:26minütige Tourdokumentation, das 26:24minütige „Moments
Of Happiness“ mit gefilmtem Material aus den Proben, die 18minütige Doku
„The Complete Tourlog“ sowie zwei Fotoalben. In den Dokus kommen alle
Musiker zu Wort und man erfährt viel über die gute Chemie, die während
der Tour herrschte. Die
zweite BluRay bietet dann mit der 51minütigen Berlin-Moskau-Experience mit
Laserfabrik, dem Mitschnitt des fast zweistündigen Autokino-Konzertes in
Mannheim und dem gut 44minütigen „Behind Closed Doors“-Konzert aus dem
Berliner Lido weitere Highlights als Zugabe. Außerdem gibt es noch zwei
Videos, das Programmheft zum Autokino-Konzert als Fotoalbum und eine zwölfminütige
„Wall Of Friends“ mit Namen von Fans, die sich Ende 2020 per Facebook
hierfür eintragen lassen konnten. Die
Berlin-Moskau-Experience wurde im Studio aufgenommen. Beteiligt waren neben
Christopher die Schweizer Musiker Céderic Monnier (Synthesizer) und Robin
Tadic (Synthesizer, Sequenzer). Optisch wurde die Improvisation durch
Laserstrahlen angereichert, die den Raum förmlich durchschneiden bzw. einzäunen.
Sowohl optisch als auch musikalisch ein Genuss, bei dem – wie auch in den
anderen Mitschnitten - deutlich wird, wie sehr Christopher es genießt mit
anderen Musikern zusammenzuarbeiten. Der
zweistündige Mitschnitt des Autokino-Konzertes „Lichtsommer“ in
Mannheim ist in zwei Teile geteilt und bietet starke Versionen der
Schiller-Stücke. Dies liegt auch an den beteiligten Musikern Oliver Keller
(Gitarren), Céderic Monnier (Synthesizer) und Robin Tadic (Synthesizer,
Ableton Push) und dem Gastmusiker Thorsten Quaeschning (Synthesizer,
Sequenzer, Electronics). Visuell
wurde das Konzert, bei dem trotz der Abstandsregeln und der vielen Besucher
in ihren Autos (vor der Bühne waren noch einige Kabinen aufgebaut, in denen
sich auch einige Besucher befanden) eine gute Stimmung aufkam. Das lag aber
auch an den eingesetzten Lasern und der riesigen LED-Wand, auf der tolle
Animationen zu den einzelnen Stücken gezeigt wurden. Für Gänsehaut
sorgten hier die tollen und wieder veränderten Versionen von „Berlin
Moskau“, „Schiller“, „Das Glockenspiel“, und „Ruhe“. Highlight
sind die beiden im zweiten Teil gespielten Improvisationen, die Christopher
zusammen mit Thorsten Quaeschning darbot. Hier haben sich zwei Musiker
gefunden, die sich blind zu verstehen scheinen und magische Momente
hervorrufen können. Nachdem
Christopher von Deylen und Thorsten Quaeschning bereits in der ersten
Staffel von „Behind Closed Doors“ in der Ufa-Fabrik in Berlin ein
gemeinsames Session-Konzert eingespielt haben, das im Internet übertragen
wurde, fand in der zweiten Staffel ein weiteres „Behind Closed
Doors“-Konzert der beiden Musiker statt, dass im Berliner Lido
mitgeschnitten wurde. Dieses zweite Konzert wurde allerdings nicht per
Internet ausgestrahlt, sondern ist jetzt Bestandteil der Super Deluxe
Edition. Betitelt ist das Stück mit der Bezeichnung „Dem Himmel so
nah“. Es macht einfach Spaß den Beiden Musikern zuzusehen mit welcher
Spielfreude sie improvisieren und sich gegenseitig musikalisch befruchten.
Es ist zu hoffen, dass diese Kollaboration auch zukünftig noch weitergeführt
wird. „Summer
In Berlin“, das neue Werk von Schiller hinterlässt bei mir eine wohlige
Stimmung und zeigt die Freude von Christopher von Deylen sowohl neue
Klangwelten zu erschaffen aber auch die alten Hits in ein neues, spannendes
und faszinierendes Gewand zu kleiden. Damit sind auch die Liveversionen von
besonderer Güte. Schön zu sehen ist das beispielsweise bei „Das
Glockenspiel“, „Schiller“ und „Ruhe“, die sich in den beiden
Liveversionen 2019 in Berlin und 2020 in Mannheim deutlich unterscheiden,
ohne den Spirit des Originals zu übertünchen. Die Super Deluxe Edition ist
ein grandioses Package, das den derzeitigen Lockdown erträglicher macht und
eine Vorfreude auf die nächste Schiller-Tour erzeugt. Stephan Schelle, Februar 2021 |
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