Sankt Otten – Wunden gibt es immer wieder
 

Sankt Otten – Wunden gibt es immer wieder
Hidden Shoal Recordings (2007)
(11 Stücke, 45:53 Minuten Spielzeit)

Ja, der Titel ist richtig geschrieben „Wunden gibt es immer wieder“ scheint zumindest von der Sprache eine Abwandlung von dem bekannten Katja Epstein Titel „Wunder gibt es immer wieder“ zu sein, denn die Musik hat so gar nicht mit Schlager oder ähnlichem zu tun. Den ungewöhnlichen Albumtitel hat sich das Duo Stephan Otten (auf seinen Nachnamen scheint auch der Projektname gemünzt zu sein) und Oliver Klemm, die in Osnabrück beheimatet sind, für ihr Instrumentalalbum ausgedacht. Auf dieses Duo bin ich ebenfalls über myspace gestoßen.
 

 

Die beiden Musiker bewegen sich im Bereich Ambient, traditionelle Elektronik, experimentelle Musik, Klassik und Popmusik. Diese Zusammenstellung mag zunächst etwas komisch klingen, doch die Musik von Sankt Otten bietet unterschiedliche Facetten und vereint sie zu einem wohlklingenden  Gesamtbild.

Die gut eine Dreiviertelstunden lange CD bietet elf Stücke zwischen 2:12 und 5:43 Minuten. Sie beginnt mit dem Stück „Taschensymphonie“, in dem Atmosphären geschaffen werden und eine leichte Melodielinie durch den Raum schwebt. Durch den Einsatz der Sounds wirkt dieses Stück schon recht klassisch und doch hat es eine gewisse ambiente Grundstimmung, bei der man sich sofort wohl fühlt.

Mit dem Titelstück geht es dann weiter. Streicher holen uns direkt zu Beginn ab und ein angenehmer Schlagzeugrhythmus sowie einige Synthieharmonien runden das Bild dieses sehr stimmungsvollen Stückes ab. Mit „Festplattenliebling“, wieder so ein ungewöhnlicher Titel, geht es weiter. Piano, Keyboard und Gitarre werden hier zunächst minimalistisch eingesetzt. Ein bisschen hat dieser Track etwas von experimenteller Musik, die aber trotzdem harmonisch klingt.

„Der Groove des guten Gewissens“ geht wirklich sofort ins Ohr, denn der Track wird von einer recht einfachen Melodie bestimmt. Im Mittelteil von einem Break unterbrochen, geht es dann wieder in der gewohnten Harmonie weiter. Bei „Die Unvernünftigen sterben aus“ geht es im ersten Teil wieder etwas experimenteller zur Sache. Im späteren Verlauf bilden E-Gitarre und hell klingende Synthies eine Symbiose, die in Richtung sanften Pop / Rock geht. Dieser zweite Teil gefällt mir ausgesprochen gut.

„Auf Sünde folgt Strafe“ ist ein Track, der schon fast Songqualität hat. Er strahlt eine gewisse Soundtrackatmosphäre aus, was durch die Melodie sowie den Einsatz der Instrumente, darunter ein mit dem Besen bearbeitetes Schlagzeug, hervorgerufen wird. Auch verbreitet dieser Track ein wenig Melancholie. „Verlieren ist nicht immer sexy“, ja wem sagen die beiden das eigentlich? Etwas deprimierend kommt dieser Track dann dem Titel entsprechend daher. Man möchte fast sagen, er ist nicht gerade sexy. Und doch hat dieses Stück etwas an sich, vor allem wenn die Gitarre in den Vordergrund kommt, was zu faszinieren weiß. Ein Bass eröffnet die „Depressive Elite“. Hier wird eine etwas monotone Melodielinie fast in Zeitlupentempo geboten. Kann das depressiv machen?  Ich weiß es nicht.

Und schon wollen sie die Gesichter des Hörers mit „Mit guter Laune ins Elysium“ erhellen. Und tatsächlich wird die Grundstimmung wieder positiver, was an dem offenen Klangspektrum liegt. Aber auch hier wird ein eher sich langsam veränderter Track geboten, dem eine gewisse Monotonie nicht abzusprechen ist. Klang und Akkorde sind aber sehr positiv gehalten.

„Analoge Boheme“ und „Stille Wasser“ beschließen dann dieses außergewöhnliche Album, wobei der letzte Track schon fast meditative Ausmaße annimmt. Das Album ist als Download über verschiedenen Seiten wie z. B. hiddenshoal, itunes, amazon.com oder emusic erhältlich.

Sankt Otten ist ein hoch interessantes Duo, das Musik außerhalb der normalen Hörgewohnheiten bietet und es trotzdem versteht diese Sounds so zusammenzustellen, dass sie im Ohr gut ankommen. Ich kann gar nicht genau sagen, was den Reiz dieser Produktion ausmacht, denn im Grunde genommen ist sie nichts Besonderes, was Melodie und Klang angeht und doch verbreitet sie eine Stimmung, die mich in ihren Bann zieht. Vielleicht ist es an der ein oder anderen Stelle genau diese Einfachheit, die so fesselt. Hören kann man einige Kostproben auf der Bandseite unter www.myspace.com/sanktotten. Auf der Seite befinden sich auch die Downloadlinks.

Stephan Schelle, August 2008

 
   

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