Ron Boots – Alone On Stage Das neueste Album des niederländischen Elektronikmusikers Ron Boots, der wie kein anderer die niederländische Elektronikszene beeinflusst hat, ist ein Livealbum, das beim Dutch Electronic Masters Music Festival 2 im ‘t Tejaterke in Best am 26.08.2023 mitgeschnitten wurde. Da Ron allein aufgetreten ist, heißt das Album entsprechend „Alone On Stage“. |
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Ron
Boots, der seit 1987 elektronische Musik veröffentlicht, ist zwar von der
„Berliner Schule“ beeinflusst, hat aber von Beginn an einen ganz eigenen
Stil entwickelt, der auch als „Eindhovener Schule“ bezeichnet werden
kann. An seiner Musik haben sich auch einige andere Musiker orientiert. Ron
ist darüber hinaus Veranstalter der E-Day- und E-Live-Festivals und
betreibt das Label Groove Unlimited. In
seinem Konzert in Best hat er atmosphärische Sounds mit kraftvollen
Rhythmen verbunden. Sehr mysteriös mit Flächen, perlenden und flirrenden
Sounds, die mit Stimmsamples in den Hintergrund gelegt sind, startet Ron in
den 7:18mnütigen „Track One“. Das hat auch etwas düsteres,
unheilvolles und erzeugt spannende Stimmungsbilder. Die Dynamik nimmt immer
mehr zu und gipfelt in einem futuristischen Soundmix. Nahtlos
schließt sich nun der 14minütige „Track Two“ an, bei dem nun sanfte
Bassklänge und Harmonien, die so typisch für Ron Boots sind, eingebunden
werden. Noch sind in diesen Momenten mehrere Klänge übereinandergeschichtet.
Dann kommt nach 1:45 Minuten ein weiteres Rhythmusmuster auf und der Track
nimmt Fahrt auf. Trompetenhafte Sounds übernehmen einen Teil der
Melodielinie und weitere Sounds sorgen für noch mehr Volumen. Nach
dreieinhalb Minuten baut Ron dann noch Synthesizerchöre ein. Der Track
steigert sich immer weiter mit u.a. tollen Sequenzerrhythmen und klingt
einfach nur genial. Nach
rauschenden Synthesizerklängen und Chören wechselt Ron dann mit
futuristischen Klängen nahtlos in den 11:26minütigen „Track Three“.
Dieser beginnt sehr spacig mit flächigen Harmonien. Die Dynamik der Chöre
nimmt nach wenigen Momenten zu und nach etwas mehr als zwei Minuten
entwickelt sich wieder ein hypnotischer Track, bei dem Ron Gänsehaut
treibende Mellotronklänge mit einem leicht pulsierenden Basslauf und Flächen
verbindet. Das hat als DNA die „Berliner Schule“, Ron transformiert dies
aber deutlich in die Eindhovener Richtung der Elektronikmusik. In diesem
Part sind auch Acts wie Broekhuis, Keller & Schönwälder nicht weit
entfernt. Nach etwas mehr als fünf Minuten kommt dann ein
Schlagzeugrhythmus aus dem Rechner, verbunden mit dem Sequenzer auf, die dem
Track mehr Druck und Eigenständigkeit verleihen. Das ist Ron Boots at ist
best. Mystische
Klänge dienen als Übergang in „Track Four“, das mit 18 Minuten der längste
Part des Konzertes ist. Allerdings wirkt das Konzert wie ein einziger, fast
einstündiger Longtrack. Flirrende Synthies und Chöre überbrücken die
erste Minute bis dann zischende, wabernde Sounds den Boden für den
Longtrack bereiten. Nach weiteren wenigen Momenten schälen sich dann
Mellotronklänge sowie Harmoniefolgen heraus, die nach gut dreieinhalb
Minuten nun druckvoller werden und erneut in einen hypnotischen Part münden.
Das wirkt zunächst noch sehr repetitiv, bekommt aber, sobald nach sechs
Minuten eine leichte Melodie einsetzt einen hymnischen Charakter, auch wenn
zunächst diese Harmonien noch im Hintergrund liegen. Die hätte ich mir in
diesem Part dann doch etwas dominanter gewünscht. In dieser Phase erinnert
Ron auch an Klaus Schulzes Stil. Langsam aber stetig entwickelt sich dieses
Stück und bekommt im Verlauf noch mehr Dynamik. Das Stück wirkt wie das
Morphen von der „Berliner“ und der „Eindhovener Schule“. Das
achtminütige „Track Fife“ beschließt dann den Konzertmitschnitt mit
zunächst recht spacigen Klängen die sich aber nach wenigen Momenten in
einen Track mit sehr schönen Harmonien, die unter die Haut gehen,
transformiert. Ein sanfter Rhythmus begleitet dies, bis dann nach nicht ganz
drei Minuten wieder ein Schlagzeugrhythmus einsetzt. Das ist einfach
grandios gemacht und so typisch für den niederländischen Klangzauberer. Ron
Boots, dessen letztes Solo-Studioalbum aus dem Jahr 2020 stammt, hat mit
„Alone On Stage“ mal wieder ein sehr beeindruckendes Livedokument veröffentlicht.
Sein eigener Stil kommt hier voll zur Geltung und wird durch
Stimmungsbilder, wie in „Track One“ um weitere Stilelemente ergänzt. Am
Besten ist er aber, wenn er so richtig loslegt und die Sequenzer für den
Drive sorgen, auf den Ron dann die unglaublichen Harmonien und Melodiebögen
legt. Für Fans ein Muss und für alle, die ihn noch nicht kennen, ein guter
Einstieg in das umfangreiche Werk des niederländischen Meisters. Stephan Schelle, Januar 2024 |
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