Roger Universe - Earth Express
 

Roger Universe - Earth Express
Spheric Music (2022)

(
10 Stücke, 62:15 Minuten Spielzeit)

Roger Universe ist ein neuer Name in der Elektronikszene. Dahinter verbirgt sich der 1969 geborene Ulrich Muehl. „Earth Express“ ist sein Debütalbum, das durch sehr melodische und spacige elektronische Musik glänzt. Leider konnte Ulrich Muehl die Veröffentlichung dieses tollen Albums nicht mehr miterleben, da er im Januar 2022 verstorben ist.

 

 


Im Pressetext ist folgendes zu lesen: Hat Jean-Michel Jarre die Uhren zurückgedreht? Es klingt ein bisschen so: „Earth Express“ wirkt mitunter wie eine Reise in die Zeiten von „Oxygene“ und „Equinoxe“. Ulrich Mühl, der Mann hinter Roger Universe, ist mit dieser Musik groß geworden und programmierte schon in den Achtzigern erste Elektronik-Kompositionen am Heimcomputer. Mitte der 2010er begann er dann mit modernstem Equipment die Arbeit an seinem Debütalbum mit komplett neuem Material.

Der Text beschreibt die Musik von Roger Universe sehr gut, denn Muehl scheint die Musik von Jean-Michel Jarre in früheren Jahren aufgesogen zu haben und spielt diese mit einer ganz eigenen Handschrift auf seinem Debütalbum. Dass das Album überhaupt erschienen ist, ist auch seinem langjährigen Freund Gerald Arend (besser bekannt als Klangwelt) zu verdanken, dem es ein Anliegen war, seine klanglich ausgefeilten Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Zehn Stücke sind auf dem Album enthalten, die alle nahtlos durch Bridges ineinander übergehen. Somit ist ein etwas mehr als einstündiges Werk entstanden, das man am besten am Stück genießt.

Gestartet wird mit dem 1:31 Minuten kurzen „Arrival“, dass basslastige, fette Synthflächen enthält, in die sich schon Klänge mischen, die an Jarre erinnern. Freunde von Jarre werden hier schon eine Gänsehaut bekommen. Und das ist ja mal gerade nur das Intro des Albums, das noch weitere Gänsehautmomente in Petto hält.

Der erste richtige Track ist dann das 3:36minütige „Awakening“, das sanft beginnt. Nach einer halben Minute kommen aber diese wunderbaren Klänge sowie eine Melodielinie auf (die auch ein bisschen proggig sind), die fesseln. Aber es wirkt noch, als würde Muehl mit angezogener Handbremse agieren. Die löst er dann im 5:55minütigen „Electrogravity“. Das Stück wird durch einen pumpenden Beat nach vorn getrieben und bewegt sich wieder deutlich im Jarre-Stil. Die Melodie ist einfach unwiderstehlich und könnte sich zu einem Hit in der Szene mausern.

Mit dem 9:23 Minuten langen „Far Away“ folgt dann ein Longtrack. Da lässt Muehl die Synthies zunächst herrlich blubbern. Arienhafte Synthklänge, wie man das auch schon bei Klaus Schulze gehört hat, werden in diese Harmonien perfekt eingeflochten. Rhythmische wie strukturelle Wechsel finden sich genauso in dem Stück, wie einschmeichelnde Harmoniebögen. Das klingt dann insgesamt sehr spacig. Dem folgt mit acht Minuten ein weiterer Longtrack mit dem Titel „Mariana Trench“. Der Track besitzt neben den Jarre-Sounds auch eine loungige Atmosphäre.

Hymnisch mit Popappeal wird es dann im 5:36minütigen Track „Under Ground Over Unity“. Ein recht perkussiver Track. Im Innenteil des vierseitigen Digipacks ist dann zu lesen: Ulrich widmet „Sacrifice“ respektvoll allen tapferen Seelen, die ihr Leben riskiert oder aufgegeben haben, um Opfer von Menschenhandel aus klandestinen Untergrundeinrichtungen und Netzwerken zu retten. Ihr werdet nicht vergessen werden. Zu Beginn des 5:44minütigen Tracks lässt Muehl die Synthies ordentlich rauschen. Fast schon sakrale Töne und Flächen wirken wieder recht spacig. Auch die restlichen drei Tracks halten diesen Hohen Standard, denn es gibt keinen Ausfall auf diesem Album.

Roger Universe aka Ulrich Muehl hat mit seinem Debütalbum „Earth Express“ ein herausragendes Werk geschaffen, das nur so vor herrlichen Melodien strotzt und eine starke Soundästhetik besitzt. Freunde der Musik von Jean-Michel Jarre werden das Album lieben. Bitter ist, dass es nach diesem Debüt wohl keine weitere Musik von Roger Unverse aka Ulrich Muehl geben wird. Uneingeschränkte Kaufempfehlung!

Stephan Schelle, September 2022

 
   

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