Remy – The Great Church Trilogy
 

Remy – The Great Church Trilogy
deserted island music (2011)
(8 Stücke, 77:33 Minuten Spielzeit)

Der niederländische Elektronikmusiker Remy Stroomer erhielt im Jahr 2007 eine Anfrage, ein Set in der Kirche von St. Bavokerk, der größten Kirche in Haarlem, zu spielen. Da Haarlem seine frühere Heimatstadt ist und es Remy reizte an diesem außergewöhnlichen Platz mit der speziellen Akustik seine Musik zu spielen, sagte er zu und so begann eine Reihe von Kirchenkonzerten. Am 10.11.2007 trat Remy das erste Mal in der Kirche auf und wiederholte aufgrund der positiven Resonanz in den Folgejahren diese Auftritte, in denen er immer andere Sets live darbot. Die CD „The Great Church Trilogy“, die er auf seinem eigenen Label im Herbst 2011 veröffentlicht, enthält Auszüge aus den jährlich stattgefundenen Konzerte der Jahre 2007 bis 2010.

 


Remy hat die Stücke nicht ganz chronologisch angeordnet, die CD beginnt aber mit den beiden Tracks aus dem Jahr 2007. Ursprünglich wollte Remy mit einem Brass Ensemble auftreten, daher hatte er die Stücke so geschrieben, dass dieses einige Parts übernehmen konnte. Aus Zeitgründen musste das Ensemble aber kurzfristig absagen, so dass Remy diese Parts dann durch Synthesizer ersetzen musste.

Es geht los mit der fast sechsminütigen „Overture“, die von klassischem Kirchenorgelsound bestimmt ist. Hier entwickelt Remy zunächst einen sehr sakralen Charakter. Auf die Kirchenorgel setzt er sehr schöne, wie perlende oder durch auf Glaskörper geschlagene Töne erzeugte Synthieklänge. Das passt sehr gut zusammen und die Musik funktioniert auch ohne die hohen Räume des Kircheninneren zu sehen.

Nahtlos geht es dann in das elfminütige „Belief“ über. Auch hier wird es zunächst sakral, denn Remy scheint Glockengeläut gesampelt und ein wenig verfremdet zu haben. Nach Mellotron klingen die Sounds, die Remy nun einsetzt. Das hat was von „Berliner Schule“ á la Klaus Schulze. Zum späteren Zeitpunkt kommen auch noch rhythmische Elemente hinzu und eine Art Theremin-Sound. Das Stück wechselt mehrfach die Struktur und die Melodiefolge. So kommen beispielsweise im weiteren Verlauf auch Sounds hinzu, die wie eine Kirchenorgel oder ein Xylophon klingen.

Es folgt nahtlos das mehr als zehnminütige „The Traveller – Part 1“ aus dem Konzert vom 15.11.2008. Geschickt hat Remy die Stücke miteinander verbunden, so dass der Eindruck eines kompletten Sets erweckt wird. Dieses Stück stellt eine Kollaboration von Remy mit den beiden Cellisten Jesmijn Overbeek und Rachel Mulder dar. Durch ab- und anschwellende düstere Synthiesounds kommt hier zunächst Soundtrack artiges Flair auf. Dann singt auch noch eine männliche Stimme, die aber auch als Sample von Remy mit eingespielt sein kann. Hypnotisch wird es, wenn im zweiten Teil der basslastige Rhythmus seine Arbeit aufnimmt. Auch dieses Stück hat Züge, die an Klaus Schulze erinnern, aber weit über seinen Stil hinausgehen.

In den Jahren 2009 und 2010 spielte Remy einen Set bestehend aus dem Material der „Exhibition Of Dreams“ sowie weiteren Stücken. „Silent Conversations“ ist von „Exhibition Of Dreams“, die anderen Stücke sind neu. „Sinfonia Senza Percussione Part 1“ und „Part 2“ sind Stücke die gänzliche ohne Rhythmus auskommen. „Part 1“ ist 15 Minuten lang und zeigt recht symphonische Strukturen und Klangfarben. Hier wandelt Remy wieder auf Klaus Schulze’s Pfaden. Die Streichinstrumente klingen auch wie solche. Ob sie aus dem Synthie kommen, ist nicht ersichtlich. Dazu kommen zahlreiche Synthieflächen und -motive bis hin zu Theremin artigen Sounds. „Part 2“ klingt durch seine an Kirchenorgeln erinnernden Sounds sowie den Pianomotiven sehr sakral. Allerdings gefällt mir dieses Stück nicht ganz so.

In „MMIX a.D.“ widmet sich Remy wieder der „Berliner Schule“. Auch bindet er Chorgesänge ein, die ebenfalls die sakrale Stimmung unterstützen. Das Stück steigert sich stetig in seinem Verlauf. Das durch die Streichersounds zugleich klassisch und spacig wirkende „Requiem“ bildet dann den Abschluss dieser CD.

Mit „The Great Church Trilogy“ ist Remy eine sehr ansprechende CD-Veröffentlichung gelungen, die seine Konzerte in der St. Bavokerk Kirche dokumentieren. Wer seine Musik mag, der sollte sich auch diese Veröffentlichung zulegen.

Stephan Schelle, Oktober 2011

 
   

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