Die beiden sagen selbst über die Musik: Die Faszination die das Weltall mit seinen unendlichen Weiten und seinen ungelösten Rätseln immer wieder auf uns Menschen ausübt, haben uns auch bei unserem neuesten Album „Solar Walk“ inspiriert und zu neuen Kompositionen angeregt. Wir wollen den Zuhörer mitnehmen auf eine Klangreise quer durch das Universum, zu fernen Planeten, Galaxien und bisher unentdeckten (Klang)Welten.

Gestartet wird mit dem 11:45minütigen Titelstück, bei dem zunächst sehr spacige Flächen und Sounds den Hörer begrüßen. Ich hab das Gefühl, als wäre ich gerade auf einer Raumstation angekommen und würde beim durchqueren der langen Flure durch die Seitenfenster unseren Planeten Erde bestaunen. Sanft wird man von den Flächen in den Realtime-Kosmos gezogen. Bestehen die ersten fünf Minuten noch aus reinen aufeinander geschichteten Flächen, so setzt ab dieser Minute dann ein fesselnder Rhythmus ein und es ziehen Synthiesounds am Ohr des Hörers vorbei, die wie Sternschnuppen oder Kometen ihre Bahnen ziehen. Ein toller Track, der jetzt von der Kombination aus perkussivem Rhythmus und Flächen besteht. Je länger das Stück dauert, umso mehr steigert sich die Dynamik.

Darauf folgt das 8:32minütige „Zero Gravity Zone“, bei dem die beiden von vornherein den Rhythmusmotor starten. Stilistisch ist das ähnlich wie der Titeltrack angelegt. Man könnte es ungefähr so beschreiben: elektronischer Spacemusik trifft auf „Berliner Schule“. Die Rhythmik nimmt auch hier im Verlauf immer mehr zu, was den Titel sehr spannend hält. Der kürzeste Track trägt den Titel „Running Asteroids“ und hat auch vom Rhythmus eine Menge „Berliner Schule“ intus. Dieser Track ist wohl am nahesten an Acts der Marke Klaus Schulze angesiedelt.

Sphärisch und mit Synthiechören unterlegt beginnt „Outer Space“. Und in der Tat schaffen es die beiden eine Stimmung zu erzeugen, bei der ich sofort das Gefühl habe mich außerhalb eines Raumschiffes oder einer Raumstation langsam zu bewegen. Dieser Track könnte mit seinen dröhnenden Synthiemustern auch sehr gut als Soundtrack für einen Science Fiction-Film durchgehen. Nach zwei Minuten startet aber ein Rhythmus der den Track in eine ganz andere Richtung lenkt. Plötzlich kommen herrliche Melodielinien auf und der Rhythmus zwingt einen förmlich sich im Takt zu bewegen. Das ist zwar recht monoton angelegt und wird stoisch bis zum Ende fortgeführt, aber man kann sich dieser eigenartigen Hypnotik kaum erwehren.

„Voyage To Virgo“ zeigt über neun Minuten mystische Klangfarben und Flächen, so als schwebe man im Orbit eines fremden Planeten. Auch hier kommt nach einiger Zeit ein Rhythmus auf, der den Track sanft nach vorne treibt. Ähnliches gilt auch in den ersten drei Minuten für „Galactic Motion“. Danach kommt ein Rhythmus auf, der wieder stark in der „Berliner Schule“ verwurzelt ist und dem Stück den gewissen Drive verpasst.

„Lunar Dance“ bietet dann Sequenzerlastige Elektronik, während das abschließende „Dark Planet“ wieder vom Sound Spacemusik und Klänge á la Klaus Schulze miteinander kombiniert.

Das dritte Album des Duos Realtime ist - wie gewohnt - sehr spacig ausgefallen. Die beiden beherrschen die Kombination aus spacigen Klangfarben und rhythmischen Mustern, versetzt mit einer gehörigen Portion „Berliner Schule“, wie aus dem Effeff. Wer das Vorgängeralbum mochte oder aber auch die vorgenannten Stile, der kann bedenkenlos zugreifen. „Solar Walk“ ist ein sehr stimmiges Werk geworden, das Spaß macht.

Stephan Schelle, August 2013