Rainbow Serpent & Isgaard - Stranger
 

Rainbow Serpent & Isgaard - Stranger
Manikin Records (2010)
(13 Stücke, 66:53 Minuten Spielzeit)

Satte fünf Jahre ist es her, dass das Elektronikduo Gerd Wienekamp und Frank Specht unter ihrem Projektnamen Rainbow Serpent ihr letztes Studioalbum veröffentlichten. „The 8th Nerve“ hieß es und hatte eine Menge an außergewöhnlichen Sounds zu bieten. Das Album hat mich seinerzeit völlig umgehauen. Im Jahr 2008 folgte dann mit „Live@Liphook 2007“ ein Mitschnitt eines Konzertes, der qualitativ den Weg von „The 8th Nerve“ fortführte. Meine Erwartungshaltung war groß, als ich hörte, dass es ein neues Werk dieser beiden Elektroniktüftler geben würde.

 


Im Oktober erscheint nun „Stranger“ von Rainbow Serpent. Es wird aber sofort klar, dass es sich bei diesem neuen Werk nicht um eine einfache Fortsetzung der letzten Alben handelt, sondern man ist mit der deutschen Sängerin Isgaard eine Kollaboration eingegangen. Das ansprechende Cover ziert ein mystischer Baum in diffusem Licht, vor dem Isgaard elfenhaft dem Hörer die Hand reicht.

Musikfreunden sollte Isgaard keine unbekannte sein, hat sie doch eine erfolgreiche Solokarriere vorzuweisen (2008 erschien ihr letztes Album „Wooden Houses“, das ich sehr empfehlen kann) und kann auf eine Zusammenarbeit mit Christopher von Deylen aka Schiller zurückblicken.

Wie funktioniert nun Elektronikmusik mit dem elfenhaften Gesang Isgaard’s? Um es hier schon mal vorwegzunehmen, die Kombination ist perfekt, so als hätten Rainbow Serpent und Isgaard bisher nichts anderes gemacht. Gut die Hälfte der Stücke sind Songs, der Rest ist instrumental.

Doch bevor beide aufeinander eingehen, sorgen Gerd und Frank erst einmal mit den Stücken „Intense“, „Elements 1“ und „Elements 2“ für einen atmosphärischen Einstieg. Orchestral, mystisch und im weiteren Verlauf rhythmisch, so eröffnet „Intense“ das Album. Wie auch der Opener, so präsentieren sich „Elements 1“ und „Elements 2“ im typischen Rainbow Serpent-Stil der letzten Veröffentlichungen. In diesen Stücken bekommt der Hörer den gewohnten Sound, den er von dem Duo erwartet. Ein absolut toller Einstieg. Isgaard ist aber schon ab „Elements 1“ zu hören, in dem sie ihre Stimme als Instrument einsetzt. „Elements 2“ hat ein wenig von Schiller-Sounds zu bieten, bleibt aber immer noch eigenständig.

Mit „Leave & Love“ setzt dann Isgaard das erste Mal gesanglich ein. Der engelsgleiche Gesang Isgaard’s und die herrliche, romantische Melodie gehen sofort unter die Haut und setzen sich im Ohr fest. Mit diesem Song könnte sich Rainbow Serpent gar in den Charts platzieren. Ein Song, den man mit seiner Liebsten genießen und sich erneut in sie verlieben kann.

Ein wenig Jarre-Feeling (vor allem wegen dem blubbernden Effekten und Flächen) kommt dann in „Beyond New Worlds“ auf. Isgaard’s Stimme passt sich dieser Stimmung hervorragend an. Tolle Effekte (wie man sie auch bei Roger Waters-Produktionen kennt) sowie Gitarrensounds verfeinern „Wide Open Spaces“. Teils bedrohlich im Hörspielcharakter startet „Gateway“, dem aber im weiteren Verlauf Rainbow Serpent einen unwiderstehlichen Rhythmus spendieren. Das Instrumentalstück steigert sich von einem Moment zum anderen und hält einen hohen Spannungsbogen, so wie man es von dem Duo kennt.

Die restlichen Stücke haben die gleiche hohe Qualität und so kann man sich in die Musik dieser neuen Kollaboration fallen lassen. Durch die übergangslosen Stücke wirkt das Album sehr kompakt und in sich rund.

Im abschließenden Track „Beautiful Child“ haben sich die Nordlichter noch einen Gastmusiker an Bord geholt. Auf diesem Stück spielt der Gitarrenvirtuose Raughi Ebert einen äußerst verträumten und zarten Part auf der Akustikgitarre. Szenekenner wissen das er jedes Jahr in Repelen mit Broekhuis, Keller & Schönwälder sowie Kagermann auf der Bühne steht.

Das Album erscheint, wie bei Manikin Records üblich, in einem sechsseitigen Digipack. Doch da es auf diesem Album auch gesungene Passagen gibt, ist der CD noch ein sehr schönes achtseitiges Booklet beigelegt, in dem u. a. alle Texte abgedruckt sind.

„Stranger“ ist eine atmosphärisch dichte Platte, die auf ganzer Linie überzeugen kann. Auch die Elektronikpuristen, die nichts mit Gesang anfangen können, werden an dieser Scheibe Gefallen finden. Mit dieser Produktion verschwimmen die Grenzen zwischen Elektronik und Popmusik. Durch den Schulterschluss dieser beiden Projekte werden die Fans beider Lager sehr zufrieden mit dem Ergebnis sein. Ich wünsche mir neben einer Livedarbietung dieser Musik auch die Fortführung dieser Kollaboration.

Stephan Schelle, Oktober 2010

 
   

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