Patrick Leuchter – Seven Spaces Cologne
 

Patrick Leuchter – Seven Spaces Cologne
Eigenvertrieb / www.amc-records.com (2016)
(
14 Stücke, 70:52 Minuten Spielzeit)

Patrick Leuchter ist Sounddesigner und hat mit dem Album „Seven Spaces Cologne“ ein außergewöhnliches Album geschaffen. Das Album, das in einem sechsseitigen Papersleeve erscheint, hat zwei Silberlinge zu bieten auf denen jeweils die gleiche Musik zu hören ist. Warum hat er das gemacht? Ganz einfach, er hat auf die zweite CD sieben Stücke in normaler Stereoqualität gebannt, während der erste Silberling seinen ganz besonderen Klang erst durch das Hören mit dem Kopfhörer entfaltet.

 

 


Unter dem Kopfhörer wird ein 3D-Sound geboten. Wie kann das sein, fragt man sich. Leuchter erklärt dies selbst: „Ich wollte ein Konzept für das Album entwickeln, das den 3D-Sound auf interessante und nachvollziehbare Weise transportiert. Deshalb habe ich für jedes Stück einen besonderen Raum in meiner Heimat Köln gesucht. So erklingt es über Kopfhörer nicht nur als Surround-Musik, sondern wird zusätzlich in den echten Raumklang des Aufnahmeortes getaucht. Das Erlebnis, mitten in einer realen musikalischen Situation, zum Beispiel einem Konzert zu sein, verstärkt sich damit noch einmal.“

Patrick Leuchter hat die Stücke komponiert, die eine Mischung aus Ambient, elektronischer Musik, Rock und einem hauch Pop- und klassischer Musik darstellt. An der Einspielung selbst waren allerdings zahlreiche Musiker beteiligt.

Nachdem die Stücke im Studio im Stereoformat abgemischt wurden, baute Leuchter in den sieben Kölner Locations hochwertige Audiotechnik auf. Die einzelnen Spuren der Stücke wurden dann dort über zahlreiche Lautsprecher abgespielt und per Kunstkopftechnik aufgezeichnet. So entstand dieses außergewöhnliche Klangerlebnis. Auch die Aufnahmeorte haben ihren ganz besonderen Reiz, so entstanden die Kunstkopfaufnahmen unter anderem in der Römischen Grabkammer Köln-Weiden, der Grabeskirche St. Bartholomäus, dem Pumpwerk Schönhauserstrasse, der Lagerstätte für Hochwasserschutzelemente Rodenkirchen und dem Alten Pfandhaus in Köln.

Rauschen und Geräusche von einer gehenden Person, die durch mehrere Türen schreitet, leiten in den ersten Track „From Nowhere To Now Here“ ein. Gitarre und Keyboards werden von einem Sprachsample begleitet. Schnell öffnen sich - vor allem unter dem Kopfhörer - weite Räume. Nach wenigen Momenten kommen rockige Passagen auf, die von Bass, Schlagzeug, Gitarre und Orgel getragen werden. Unterstrichen werden sie von Violine und Cello. Unter dem Kopfhörer bekommt die Aufnahme eine unglaubliche Dynamik und man hat das Gefühl, das man „Mitten drin, statt nur dabei“ ist. Zum Ende hin scheint die Person vom Anfang den Aufnahmeort wieder zu verlassen, denn die Schritte entfernen sich langsam wieder.

Nahtlos geht es dann in den nächsten Titel „Done And Gone“ über, der mit Piano beginnt. Dabei hört man zahlreiche Geräusche (einige vom Piano), so dass man den Eindruck hat, direkt vor ihm zu sitzen. Dieser Track ist recht ambient gehalten, obwohl auch er durch Glockenschläge und Bassklänge voluminös klingt. Nach nicht ganz zwei Minuten geht dieser 5:23minütige Track in eine Passage über, die an Mike Oldfield’s „Tubular Bells“ erinnert. Man wird dann von einer richtigen Klangwelle überrollt.

Und weiter schreitet die Person - dies ist das verbindende Element zwischen den Stücken - zum nächsten Stück „Just Another Day“ das mit recht klassischer Klaviermusik beginnt. Jetzt heißt der Klangraum St. Bartholomäus. Nach einigen Momenten wechselt auch dieses Stück von einem Klavier betonten zu einem leicht rockangehauchten Stück ohne die klassische Note abzustreifen. In „Grain Of Beauty“ wird dann ein anderes Klangvolumen durch die Location im Pumpwerk erzeugt. Sehr schön ist hier auch der durch Geräusche erzeugte Rhythmus.

„Dancing Bells“ ist ein sehr schöner perkussiver Track mit toller Perkussion, Vibraphonpassage und Bläsern. Hier kommen gar Worldmusicelemente auf. Ein Track, bei dem man die Füße nicht ruhig halten kann. „Goodbye“ bietet hymnischen Rock, der wie eine Mischung aus Archive und Sigor Ros wirkt. Beendet wird die CD dann mit dem längsten Stück (7:26 Minuten) „Silence“. Dieser letzte Track wirkt ambient und hymnisch zugleich. Der prasselnde Regen am Ende des Stückes ist förmlich auf der Haut spürbar. Und wenn man ein Auto vorbeifahren hört, will man gleich zur Seite springen, um nicht nass gespritzt zu werden.

Der CD ist noch ein 16seitiges Booklet beigelegt, in dem die einzelnen Locations erklärt werden. Zudem findet sich auch jeweils ein Bild des jeweiligen Aufnahmeortes darin, so dass man sich den Aufbau der Lautsprecher und die Produktionsbedingungen gut vorstellen kann.

Mit „Seven Spaces Cologne“ hat der Kölner Patrick Leuchter eine Hommage an seine Heimatstadt und darüber hinaus ein Werk mit außerordentlichem Sounddesign geschaffen, das gefangen nimmt, vor allem, wenn man es unter dem Kopfhörer genießt. Ein Album für Soundästheten. Es macht wirklich Spaß Patrick auf dem Weg zu den unterschiedlichen Orten zu folgen. Man kann nur hoffen, dass er zukünftig noch weitere Orte beschallt und dies der Öffentlichkeit präsentiert.

Stephan Schelle, September 2016

 
   

CD-Kritiken-Menue